Jahresrückblick Wirtschaft 2023 ‒ Teil 2
Die Corona-Pandemie, gestörte Lieferketten, Handelssanktionen gegenüber Russland und hohe Energiepreise haben die Unternehmen in Niedersachsen in den letzten Jahren belastet. Im Jahresrückblick Wirtschaft 2023 wird der Frage „Wie hat sich die Wirtschaft in Niedersachsen entwickelt?“ anhand wichtiger Aspekte und Teilbereiche in mehreren Beiträgen nachgegangen. In diesem Teil steht das Thema Unternehmensinsolvenzen in Niedersachsen im Zeitvergleich im Mittelpunkt.
Unternehmensinsolvenzen in Niedersachsen fast wieder auf Vor-Corona-Niveau
Die Zahl der niedersächsischen Unternehmen, die im Jahr 2023 aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten einen Antrag zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellten, stieg um 17,4% gegenüber dem Vorjahr. Im Jahr 2023 wurden bei den 33 niedersächsischen Insolvenzgerichten insgesamt 1.366 Anträge zur Eröffnung eines Unternehmensinsolvenzverfahrens aufgrund von Überschuldung und/oder (drohender) Zahlungsunfähigkeit eingereicht. Dies bedeutet zum zweiten Mal in Folge einen Anstieg der Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Niedersachsen. Damit bewegen sich die Unternehmensinsolvenzverfahren mittlerweile fast wieder auf dem Vor-Corona-Niveau, wie die nachstehende Abbildung zeigt:
In den Corona-Jahren 2020 und 2021 gewährleisteten Staatshilfen sowie die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht das Fortbestehen vieler Unternehmen. Im Jahr 2021 lag die Zahl der Unternehmensinsolvenzen bei 1.071 Fällen und damit auf einem historischen Tiefstand. Danach stiegen in den Jahren 2022 und 2023 die Unternehmensinsolvenzen kontinuierlich auf 1.164 bzw. 1.366 Verfahren an. Im Vor-Corona-Jahr 2019 lag die Zahl bei 1.490.
14.000 Beschäftigte in Niedersachsen von Arbeitsplatzverlust bedroht
Auch große Unternehmen gerieten 2023 in wirtschaftliche Schwierigkeiten, so dass sich die Zahl der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf 13.852 Personen summierte. Wie aus oben stehender Grafik ersichtlich, war dies die dritthöchste Zahl an bedrohten Arbeitsplätzen in Niedersachsen im Zeitraum 2014 bis 2023. Im Jahr 2020 gab es zwar die zweitniedrigste Anzahl an Unternehmensinsolvenzen im betrachteten Zehn-Jahres-Zeitraum, jedoch waren damit einhergehend 22.271 Arbeitsplätze bedroht.
Baugewerbe die Branche mit den meisten Insolvenzen
Die meisten Insolvenzverfahren wurden in den letzten zwei Jahren von Unternehmen des Baugewerbes beantragt, wie die nachfolgende Grafik zeigt:
Unternehmen des Baugewerbes stellten im Jahr 2023 insgesamt 252 Anträge zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens und damit 19,4% mehr als im Jahr 2022. Ähnlich hohe Insolvenzzahlen gab es von Unternehmen des Handels sowie der Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen mit 250 Fällen, was einem Plus von 22,0% gegenüber dem Vorjahr entspricht.
Hohe Zahl bedrohter Arbeitsplätze im Bereich Gesundheits- und Sozialwesen
Auffällig waren im Jahr 2023 die Insolvenzzahlen im Bereich Gesundheits- und Sozialwesen, zu dem beispielsweise Arzt- und Zahnarztpraxen, Pflegeheime sowie Altersheime gehören, in dem es 65 Insolvenzverfahren gab. Dies bedeutete einen Anteil von 4,8% an der Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Niedersachsen. Jedoch waren von diesen Verfahren die Arbeitsplätze von 4.583 Personen bedroht, was rund einem Drittel (33,1%) aller von Insolvenz bedrohten Arbeitsplätze entsprach. Dass vor allem größere Unternehmen im Bereich Gesundheits- und Sozialwesen einen Insolvenzantrag stellten, zeigt auch die durchschnittliche Zahl der betroffenen Arbeitsplätze pro Unternehmen, sie lag bei rund 71 Beschäftigten.
Viele Arbeitsplätze durch die Insolvenz älterer Unternehmen bedroht
Bei Stellung des Insolvenzantrags waren 26,6% der Unternehmen unter drei Jahre alt, 27,8% zwischen drei und acht Jahre und 44,1% über acht Jahre am Markt präsent. Bei 1,5% der insolventen Unternehmen wurden keine Altersangaben gemacht. In den 602 Unternehmen, die vor acht oder mehr Jahren gegründet wurden, waren 10.843 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vom Verlust ihres Arbeitsplatzes bedroht. Dies entspricht einem Anteil von 78,3% an allen bedrohten Arbeitsplätzen.
Unternehmensinsolvenzen in Niedersachsen nach Beschäftigtengrößenklassen
Der Vergleich der Unternehmensinsolvenzen in den Jahren 2022 und 2023 nach Beschäftigtengrößenklassen zeigt folgendes Bild:
In der Größenklasse 11 bis 100 Beschäftigte gab es 187 Unternehmensinsolvenzen im Jahr 2023 und damit 53,3% mehr als im Jahr zuvor. Bei den Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten meldeten 20 Insolvenz an, was einem Plus von 53,8% gegenüber dem Vorjahr entspricht. Auch in den Größenklassen 2 bis 5 Beschäftigte (+17,7%) und 6 bis 10 Beschäftigte (+71,9%) waren Zuwächse zu verzeichnen. Lediglich die Zahl der Unternehmen mit einem Beschäftigten blieb unverändert bei 122 Verfahren. Bei Unternehmen, die keine Beschäftigten haben oder deren Beschäftigtenzahl unbekannt war, stieg die Zahl der Insolvenzverfahren um 8,7% auf 746.
Fazit
Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Niedersachsen hat das Vor-Corona-Niveau fast wieder erreicht. Die meisten Insolvenzen wurden im Baugewerbe, im Handel und in der Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen beantragt. Auffällig ist, dass in 2023 in allen Beschäftigtengrößenklassen mehr Unternehmen Insolvenz anmelden mussten als im Jahr 2022. Insbesondere im Bereich Gesundheits- und Sozialwesen waren große Unternehmen und dementsprechend viele Arbeitsplätze betroffen.
Weitere Informationen und Daten zum Thema Insolvenzen in Niedersachsen finden Sie auf www.statistik.niedersachsen.de.
Jahresrückblick Wirtschaft 2023
- Teil 1 – Preise in Niedersachsen
- Teil 2 – Unternehmensinsolvenzen in Niedersachsen
- Teil 3 – Gewerbeanzeigen in Niedersachsen
- Teil 4 – Baugewerbe und Bautätigkeit in Niedersachsen
- Teil 5 – Dienstleistungen, Handel und Tourismus in Niedersachsen
- Teil 6 – Gesamtwirtschaftliche Entwicklung, Erwerbstätigkeit und Außenhandel
- Teil 7 – Verarbeitendes Gewerbe in Niedersachsen
- Teil 8 – Verdienste in Niedersachsen