
Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern in Niedersachsen 2023
Wie hoch ist der Gender Pay Gap in Niedersachsen und wie haben sich die Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern in den letzten Jahren entwickelt? Bei welchen Erhebungsmerkmalen werden sie besonders deutlich? Welche Erklärungsansätze gibt es für die Lohnungleichheiten? Diese Fragestellungen werden im folgenden Beitrag beantwortet.
Der Equal Pay Day steht symbolisch für die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern. Je früher dieser Tag im Jahr ist, desto geringer sind die geschlechtsspezifischen Lohnunterschiede. Rechnerisch kennzeichnet dieser Tag, bis wann Frauen unentgeltlich arbeiten würden, während Männer bereits ab dem 1. Januar für ihre Arbeit entlohnt werden. Im Jahr 2024 wird der Equal Pay Day am 6. März 2024 begangen. Ein Jahr zuvor war der Equal Pay Day am 7. März 2023. Der unbereinigte Gender Pay Gap für Deutschland lag in den Jahren 2022 und 2023 jeweils bei 18% und entspricht somit einem Zeitraum von 66 Tagen. Die Verschiebung des Equal Pay Day vom 7. März 2023 auf den 6. März 2024 ist darauf zurückzuführen, dass 2024 ein Schaltjahr ist.
Unbereinigter und bereinigter Gender Pay Gap
In der amtlichen Statistik wird zwischen dem unbereinigten und dem bereinigten Gender Pay Gap unterschieden. Der unbereinigte Gender Pay Gap vergleicht den Durchschnittsverdienst aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in allgemeiner Form miteinander. Der unbereinigte Gender Pay Gap errechnet sich aus der Differenz zwischen dem durchschnittlichen Bruttostundenverdienst ohne Sonderzahlungen der Frauen im Verhältnis zum durchschnittlichen Bruttostundenverdienst ohne Sonderzahlungen der Männer.
Der unbereinigte Gender Pay Gap in Niedersachsen
Die Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern lag in Niedersachsen im Jahr 2023 bei 18%. Im Vergleich zum Vorjahr blieb der Verdienstunterschied zwischen den Geschlechtern – der unbereinigte Gender Pay Gap – gleich. Im langfristigen Vergleich verringerte sich der unbereinigte Gender Pay Gap um mehrere Prozentpunkte. Zu Beginn der Messung im Jahr 2006 verdienten die Frauen pro Stunde durchschnittlich 25% weniger als die Männer (vgl. Abbildung A1).
Der geschlechtsspezifische Verdienstunterschied in Deutschland lag 2006 noch bei 23% und war in den Jahren 2022 und 2023 auf 18% zurückgegangen. Zwischen Ost- und Westdeutschland gab es hingegen deutliche Unterschiede beim unbereinigten Gender Pay Gap. Im Jahr 2023 verdienten die Frauen in Westdeutschland 19% brutto pro Stunde im Durchschnitt weniger als die Männer. In Ostdeutschland betrug der Verdienstabstand lediglich 7%.

4,38 Euro brutto weniger pro Stunde
Im Jahr 2023 lag der durchschnittliche Bruttostundenverdienst von Frauen in Niedersachsen bei 19,74 Euro, der von Männern bei 24,12 Euro (vgl. Abbildung A2). Die Frauen erhielten somit durchschnittlich einen um 4,38 Euro geringeren Bruttostundenverdienst als Männer. Fünf Jahre zuvor, im Jahr 2018, verdienten die Frauen im Durchschnitt 16,31 Euro brutto pro Stunde und die Männer 20,69 Euro, was ebenfalls einem Unterschied in Höhe von 4,38 Euro entsprach.

Gender Pay Gap in Niedersachsen nach Altersgruppen
Nach Altersgruppen betrachtet, differiert der unbereinigte Gender Pay Gap doch sehr. In der Altersgruppe der unter 25-Jährigen lag der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern bei lediglich 2% (vgl. Abbildung A3). Frauen verdienten im Durchschnitt 12,67 Euro und Männer 12,96 Euro brutto pro Stunde in dieser Altersgruppe. Mit steigendem Alter wird die geschlechtsspezifische Lohnlücke größer. Eine Begründung für diese Entwicklung könnte sein, dass Frauen familienbedingt häufiger in Teilzeit arbeiten oder ihre Karriere unterbrechen.

In der Abbildung A4 wird ersichtlich, dass sich die Spanne der Bruttostundenverdienste zwischen Frauen und Männern mit der Geburt des ersten Kindes auseinanderentwickelt. In Niedersachsen waren im Jahr 2022 die Mütter bei der Geburt ihres ersten Kindes im Durchschnitt 29,9 Jahre alt. Die Bruttostundenverdienste der Frauen stagnieren um dieses Alter und die Bruttostundenverdienste der Männer stiegen fortwährend an.

Bei den 50- bis unter 55-Jährigen lag die Lohnlücke bei 26%. Am höchsten war der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern mit 29% in der Altersgruppe zwischen 55 bis unter 60 Jahre. In dieser Altersgruppe wurden auch die höchsten Bruttostundenverdienste gezahlt. Die Arbeitnehmerinnen verdienten im Durchschnitt 20,95 Euro und die Arbeitnehmer 29,33 Euro brutto pro Stunde. Kurz vor der Rente, in der Altersgruppe der 60- bis unter 65-Jährigen, lag der Unterschied bei 27%.
Lohnunterschiede nach Branchen
Auch nach Wirtschaftsabschnitten ist die Spanne der Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern sehr unterschiedlich. In den Wirtschaftsabschnitten „Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen“ (27%) und „Kunst, Unterhaltung und Erholung“ (23%) waren deutliche Verdienstunterschiede zu beobachten. Im Wirtschaftsabschnitt „Wasserversorgung; Abwasser- und Abfallentsorgung und Beseitigung von Umweltverschmutzungen“ waren die Verdienste von Frauen und Männern in Niedersachsen nahezu ausgeglichen. Geringe Lohnunterschiede wurden auch in den Wirtschaftsabschnitten „Verkehr und Lagerei“ (5%) und „Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden“ (7%) berechnet (vgl. Abbildung A5).

In Bezug auf das Beschäftigungsverhältnis war der geschlechtsspezifische Verdienstabstand in Niedersachsen bei den Vollzeitbeschäftigten (15%) geringer als bei den Teilzeitbeschäftigten (22%).
Bereinigter Gender Pay Gap in Niedersachsen gestiegen
Der bereinigte Gender Pay Gap lag 2023 in Niedersachsen bei 7%. Im Vergleich zum Vorjahr ist er um einen Prozentpunkt angestiegen. Im Bundesdurchschnitt ist der bereinigte Gender Pay Gap im Jahr 2023 um einen Prozentpunkt auf 6% gesunken.
Wie bereits erwähnt, hatten die Frauen in Niedersachsen 2023 einen durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von 19,74 Euro und die Männer von 24,12 Euro. Somit verdienten die Männer im Durchschnitt 4,38 Euro brutto pro Stunde mehr als die Frauen. Davon waren 2,79 Euro des Verdienstabstandes auf strukturelle Unterschiede zurückzuführen:
- Frauen waren häufiger in Berufen und Branchen tätig, die schlechter bezahlt wurden. Dadurch können 1,27 Euro des Verdienstunterschiedes erklärt werden.
- Zudem arbeiteten Frauen weniger in Führungspositionen und
- ihr Beschäftigungsumfang war meistens geringer, was mit je 0,46 Euro zum Verdienstunterschied beiträgt.
Weitere erklärende Faktoren für den Verdienstunterschied waren zum Beispiel
- der Ausbildungsabschluss,
- das Dienstalter,
- die Art des Arbeitsvertrages und
- die Unternehmensgröße.
Diese Faktoren erklärten noch einmal 0,60 Euro des unbereinigten Verdienstunterschiedes. Nach der Berechnung der finanziellen Auswirkungen verschiedener Einflussfaktoren verbleibt ein Restbetrag von 1,59 Euro (vgl. Abbildung A6). Dieser entspricht dem bereinigten Gender Pay Gap von 7%.

Der bereinigte Gender Pay Gap ist als „Obergrenze“ der Verdienstdiskriminierung zu verstehen, da nicht alle verdienstrelevanten Einflussfaktoren für die Analyse zur Verfügung stehen. Zum Beispiel können keine Angaben zu familienbedingten Erwerbsunterbrechungen, wie Geburt von Kindern oder Pflege von Angehörigen, aus der Verdiensterhebung entnommen werden.
Fazit
Die Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern in Niedersachsen sind in den letzten Jahren immer weiter zurückgegangen, sodass der Equal Pay Day im Kalender weiter nach vorn rückte. Der Gender Pay Gap besteht aber weiterhin. Mit Hilfe der Verdiensterhebung können nur einzelne Aspekte dieser Ungleichheiten aufgeklärt werden.