„Daten sind der Rohstoff des 21. Jahrhunderts“ – das ist schnell dahingesagt. Was aber heißt das eigentlich für Datenproduzenten und diejenigen, die Daten nutzen oder Informationen auf Basis von Daten konsumieren? Um das zu klären, widmete sich die LSN-Jahrestagung dem Thema „Datenkompetenz in Gegenwart und Zukunft“.
Daten bieten enormes Potential für vielfältige Anwendungsgebiete. Damit geht aber auch eine Diversifizierung der Datenquellen und -anbieter einher. Das Angebot ist schwer zu kanalisieren und zu kategorisieren, kurz: die Datenlage wird unübersichtlicher – vor allem für die interessierte Öffentlichkeit und Menschen, die für ihre Arbeit nur gelegentlich Daten nutzen. Die amtliche Statistik hat den Anspruch, in dieser Informationsflut als unabhängiger Datenproduzent mit neutralen und objektiven Daten Orientierung und Hilfestellung zu bieten.
Fragen an die amtliche Statistik als Datenproduzent
Mit diesem Anspruch geht eine Reihe von Fragen einher: Was für Datenbedarfe gibt es schon und welche zeichnen sich ab? Kann die amtliche Statistik diese Bedarfe abdecken? Muss sie sich verändern? Wie entwickelt sie sich zukunftsorientiert? Und wie kann sie die Öffentlichkeit erreichen?
Um diese Fragestellungen ging es bei der Jahrestagung des LSN am 19. September 2024 in Hannover. Die durch den Journalisten Niklas Kleinwächter moderierte Tagung hatte das Ziel, durch Vorträge und eine Podiumsdiskussion Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Bildung, Wirtschaft, Verwaltung und Politik zusammenzubringen und gemeinsam mit den rund 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmern über das Thema zu diskutieren.
Datenkompetenz in der Gesellschaft
Neben den eher auf die Rolle des Datenproduzenten gerichteten Aspekten sollte es auch um die Frage gehen, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Datenkompetenz in der Gesellschaft zu fördern. Denn: Nur wer „data literate“ ist, kann
- die Zuverlässigkeit von Datenquellen beurteilen,
- Daten zielgerichtet aufbereiten sowie einordnen und
- sinnvolle Schlüsse ziehen.
Eine stärkere Nutzung von Daten kann zu besserer gesellschaftlicher Teilhabe, höherer wirtschaftlicher Wertschöpfung und fundierteren politischen Entscheidungen führen.
Vielfältige Vorträge auf der Jahrestagung
Nach der Eröffnung durch Simone Lehmann, Präsidentin des LSN, referierte zunächst Dr. Daniel Vorgrimler, Abteilungsleiter im Statistischen Bundesamt, über „Amtliche Statistik in Gegenwart und Zukunft: Verlässliche Daten für eine starke Demokratie“. Er stellte v. a.
- Transparenz über staatliches Handeln und Controlling politischer Maßnahmen,
- die Bekämpfung von Desinformation,
- Daten als Diskussions-, Entscheidungs- und Partizipationsgrundlage sowie
- Daten als Fundament für Volkssouveränität, Rechtsstaat und Legislative
als Treiber der Arbeit des Statistischen Bundesamtes heraus. Im Folgenden ging er näher auf die Rollen als zuverlässiger Datenproduzent, digitaler Datenmanager und kundenorientierter Informationsdienstleister ein.
Visualisierung durch Geodaten
Anschließend gab Julian Schulz, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Beauftragter für Geoinformation des LSN, unter dem Titel „Mehr Raum für Statistik“ Einblicke, wie durch die Visualisierung von Geodaten das Datenverständnis der Nutzerinnen und Nutzer gestärkt werden kann. Dabei ging er besonders auf den Informationsgewinn durch georeferenzierte Daten ein – sei es durch die Überschreitung administrativer Grenzen bei der kleinräumigen Ergebnisdarstellung oder erweiterte Auswertungsmethoden zu Distanzen und Erreichbarkeiten, neue Interaktionsmöglichkeiten für Nutzerinnen und Nutzer etc.
10 Jahre LSN – Ministerin Behrens gratuliert
Die Niedersächsische Ministerin für Inneres und Sport, Daniela Behrens, richtete nach der Pause ein Grußwort an die Teilnehmenden und gratulierte dem LSN zu seinem 10. Geburtstag als wieder eigenständige Landesstatistikbehörde. Sie stellte den hohen Bedarf an Daten für eine faktenbasierte Politik heraus und betonte den Wert qualitativ hochwertiger, neutraler Daten. Anhand des „Sündenfalls Griechenland“ verdeutlichte sie, dass die Datenproduzenten auch vor staatlicher Einflussnahme geschützt werden müssen.
Data Literacy1Data Literacy ist die Fähigkeit, Daten auf kritische Art und Weise zu sammeln, zu managen, zu bewerten und anzuwenden. und Künstliche Intelligenz
Zum Aspekt Data Literacy sprach abschließend Katharina Schüller, CEO von STAT-UP, Vorstandsmitglied der Deutschen Statistischen Gesellschaft und Mitglied der Kommission „Zukunft Statistik“. Sie ging der Frage „Warum brauchen wir Data Literacy, wenn es KI gibt?“ nach. Ausgangspunkt ihres Vortrages war die Feststellung, dass Datenkompetenz es erst ermöglicht, die Chancen und Risiken von Daten und Datenanalysen gegeneinander abzuwägen und zu verstehen, welche Evidenz im Sinne von Indikation für Wahrheit daraus abgeleitet werden kann. Darauf aufbauend stellte Sie Chancen und Möglichkeiten mit KI dar, zeigte aber auch auf, dass KIs durchaus „blackboxes“ in der Verarbeitung von Daten sein können. Daher sei es notwendig eine KI-Zertifizierung einzuführen, Trainingsdaten der KI offenzulegen und entsprechende Datenkompetenz vorzuhalten sowie weiter auszubauen. Nur so könne ein zielführender Einsatz von KI in der gesamten Breite nachhaltig funktionieren.
Podiumsdiskussion zum Abschluss
An die Vorträge schloss sich eine Diskussionsrunde an. Das Podium bestand aus Herrn Dr. Vorgrimler, Frau Schüller und Frau Lehmann. Es wurde durch Prof. Dr. Sören Auer, Direktor der Technischen Informationsbibliothek (TIB), komplettiert. Er trug aufgrund seiner Forschungsschwerpunkte Datenbanken und Informationssysteme mit besonderem Fokus auf Datenvernetzung für Künstliche Intelligenz zur Vertiefung des von Frau Schüller angestoßenen Themas KI bei.
Die Kernaussagen der Diskussion waren:
- KI ist nicht die Lösung für alles, sie kann lediglich Hilfsmittel sein.
- Datenkompetenz muss vorhanden sein und weiter ausgebaut werden, auch in der Niedersächsischen Landesverwaltung.
- Bildung kann nicht früh genug anfangen.
- Daten müssen niedrigschwellig und kostenfrei verfügbar sein.
- Die amtliche Statistik hat einen Bildungsauftrag für Datenkompetenz.
Weitere Informationen zu den Vorträgen
Die Präsentationen der verschiedenen Vorträge stehen auf der Website des LSN zur Verfügung.
Fußnoten
- 1Data Literacy ist die Fähigkeit, Daten auf kritische Art und Weise zu sammeln, zu managen, zu bewerten und anzuwenden.