Gebäude- und Wohnungszählung in Niedersachsen 2022

Mehrere Unterlagen zum Zensus 2022 liegen auf einem Tisch, darunter ein Informationsblatt sowie ein Anschreiben zur Gebäude- und Wohnungszählung.
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In Deutschland gibt es kein einheitliches Verwaltungsregister, das den Wohnungs- und Gebäudebestand flächendeckend erfasst. Neben der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl war deswegen eine Gebäude- und Wohnungszählung in Deutschland und Niedersachsen Bestandteil des Zensus 2022.

Hintergründe und Informationen zur Durchführung dieser Zählung liefert der folgende Beitrag.

Warum überhaupt eine Gebäude- und Wohnungszählung?

Ziel einer Gebäude- und Wohnungszählung (GWZ) ist die flächendeckende und vollzählige Erfassung aller am Erhebungsstichtag bestehenden Gebäude mit Wohnraum, bewohnten Unterkünfte sowie der darin befindlichen Wohnungen. Bei der GWZ 2022 bestand Auskunftspflicht für alle Eigentümerinnen und Eigentümer, Verwalterinnen und Verwalter sowie sonstige Verfügungs- und Nutzungsberechtigte von Gebäuden oder Wohnungen. Die Ergebnisse bilden in Zukunft eine wichtige Grundlage für wohnungspolitische Entscheidungen und Maßnahmen in der Raumplanung. Weitere Informationen, wie zum Beispiel die Erhebungsmerkmale, finden sich unter www.zensus2022.de.

Der Zensus – mehr als eine Volkszählung

Der Zensus wird gemeinhin mit einer Volkszählung assoziiert. Das ist auch grundsätzlich richtig, jedoch unvollständig. Denn in Deutschland wurde im Zuge des Zensus 2022 neben der Personenerhebung („Volkszählung“) auch eine Gebäude- und Wohnungszählung (GWZ) durchgeführt. Befragt wurden durch die Statistischen Ämter der Länder hierbei zwar nicht alle Bürgerinnen und Bürger, sondern nur diejenigen mit Wohneigentum. Da es sich aber im Gegensatz zur Personenerhebung nicht um eine Stichprobenbefragung, sondern um eine Vollerhebung handelt, ergab sich eine weitaus größere Anzahl von Befragten.

Umfangreichste Erhebung der amtlichen Statistik

So gesehen ist die GWZ mit bundesweit rund 23 Millionen Auskunftspflichtigen die umfangreichste Erhebung der amtlichen Statistik. Dementsprechend groß war der zu betreibende Aufwand. Die Auskunftspflichtigen waren dem Landesamt für Statistik Niedersachsen (LSN) zuvor nicht bekannt, ein üblicher Bürodrucker bewältigt derartige Mengen an Anschreiben nicht und die Vielzahl von Rückmeldungen lassen sich nicht einfach zusammenfassen. Es war also mitnichten so, dass per Knopfdruck Schreiben an alle Auskunftspflichtigen versandt werden konnten, diese umgehend antworteten, um dann kurzerhand die Ergebnisse errechnen zu können. Die gesamte Durchführung der GWZ bedurfte vieler Vorbereitungen.

Wo gibt es Wohnraum in Niedersachsen und wem gehört dieser?

Eine der wichtigsten Grundlagen war die Ermittlung der Anschriften, an denen sich Wohnraum befindet, sowie der dazugehörigen Eigentümerinnen und Eigentümer. Da es in Deutschland bislang kein zentral geführtes Gebäuderegister gibt, war hierbei die Mitarbeit der Kommunen erforderlich. Die bei den jeweiligen Grundsteuerstellen vorliegenden Daten zu den Eigentumsverhältnissen mussten einzeln angefordert werden. Anschließend wurden diese im LSN aufbereitet, um sie für die Anschreiben an die Auskunftspflichtigen verwenden zu können. Angesichts der Fülle an Daten und über 400 Einheits- und Samtgemeinden war dies eine umfangreiche Aufgabe.

Niedersachsen als Raster dargestellt. Jeder Punkt des Rasters wurde durch ein kleines Haus ersetzt. Eine Lupe vergrößert einen kleinen Bereich.
Grafik: LSN

Bewältigung großer Mengen – 3 Millionen Anschreiben

Aufgrund des großen Volumens der Befragung, mussten parallel externe Dienstleister für

  • den Druck,
  • den Versand,
  • das Auslesen der Fragebogen sowie
  • die Telefonie („Hotline“)

gefunden und Vereinbarungen mit diesen getroffen werden.

Eine zusätzliche Herausforderung stellte die Gewinnung eigenen zusätzlichen Personals dar, da die wesentlichen Aufgaben der Erhebungsdurchführung im LSN lagen.

Die zur GWZ auskunftspflichtigen Personen sollten in zeitlicher Nähe zum Zensus-Stichtag (15. Mai 2022) angeschrieben werden. Damit die Mengen für die beteiligten Dienstleister und auch für das LSN handhabbar bleiben würden, war ein gestreckter Versand in mehreren Wellen erforderlich. Am Ende wurden über 3 Millionen Erstanschreiben versandt.

Schnittstelle für Wohnungsunternehmen

Neben den größtenteils privaten Einzeleigentümerinnen und -eigentümern wurden per separatem Lieferweg auch über 600 niedersächsische Wohnungsunternehmen mit großen Immobilienbeständen befragt. Diese konnten ihre Meldungen über eine spezielle Schnittstelle elektronisch in einer einzelnen Datei für ihren gesamten Bestand abgeben, statt für jedes Objekt einzeln. Dem voran ging ein mehrfacher Kontakt und Austausch mit den Wohnungsunternehmen, damit im Vorfeld durch das LSN geklärt werden konnte, für welche Anschriften eine Meldung auf diesem Weg erfolgen soll.

Vielfältige Gründe für Kontaktaufnahme zum LSN

Wenn auch die meisten Angeschriebenen ohne weitere Nachfragen direkt Auskunft gaben, so gab es bei einigen eben durchaus Klärungsbedarf, der sowohl telefonisch als auch schriftlich einging. Durch den gestreckten Versand war es aber möglich, die Mengen der Rückfragen besser zu beherrschen, wenngleich es phasenweise dennoch zu Wartezeiten kam.

Für Rückfragen privater Auskunftspflichtiger gab es verschiedene Anlässe. Immer wieder bestand beispielsweise das Problem, dass die Angeschriebenen zum Stichtag nicht mehr Eigentümerin oder Eigentümer des Gebäudes bzw. der Wohnung waren. Wie eingangs erwähnt, musste sich das LSN die Daten zum Eigentum dezentral bei den Kommunen beschaffen und diese Daten vorab aufbereiten. Somit lag zum Zeitpunkt des Versandes kein tagesaktueller Abzug aus den Grundsteuerstellen vor, sodass jüngere Eigentumswechsel nicht berücksichtigt werden konnten. Gleichwohl erstreckte sich die Auskunftspflicht auch auf die vorherigen Eigentümerinnen und Eigentümer. Diese mussten gemäß § 24 Zensusgesetz 2022 die neue Eigentümerin bzw. den neuen Eigentümer benennen, damit das LSN in einem weiteren Schritt stattdessen dort die Auskunft anfordern konnte. Diese Möglichkeit sah der Fragebogen zwar durchaus vor, dennoch wandten sich viele mit einem solchen Sachverhalt persönlich an das LSN.

Grundsteuererklärung sorgte für Anfragen

Ebenfalls zu zusätzlichen Anfragen führten die parallel von den Finanzämtern versandten Aufforderungen zur Abgabe der Grundsteuererklärung im Rahmen der Grundsteuerreform. Da sich diese Aufforderung ebenfalls an Eigentümerinnen und Eigentümer von Gebäuden richtete, wurde von diesen nicht immer zwischen der Grundsteuererklärung und der GWZ differenziert. Zum einen führte dies zu irritierten Nachfragen. Zum anderen gingen somit einige Auskunftspflichtige irrtümlich davon aus, ihrer Pflicht für die GWZ bereits nachgekommen zu sein, wenn sie bereits die Grundsteuererklärung abgegeben hatten.

Auch wollten zahlreiche Auskunftspflichtige eine Bestätigung dafür erhalten, ihre Meldung abgegeben zu haben. Dieser Bedarf trat insbesondere unmittelbar nach Erinnerungsversänden auf, wenn sich Auskunftgebende für den schriftlichen Meldeweg entschieden hatten und sich der Versand der Erinnerung mit der Rücksendung des Papierfragebogens überschnitten hatte. Unter anderem durch Postlaufzeiten des Erinnerungsversandes sowie der Rücksendung des Papierfragebogens und dessen Verarbeitung gab es hierbei durchaus einige Tage Versatz.

Erfolgreiche Online-First-Strategie mit vielen Vorteilen

Das Thema Papierfragebogen war auch an einer anderen Stelle relevant: Einige Auskunftspflichtige wollten ganz klassisch auf Papier Auskunft geben und vermissten anfangs einen entsprechenden Fragebogen. Denn ein Papierfragebogen war dem ersten Anschreiben nicht beigefügt, da für die GWZ eine so genannte „Online-First-Strategie“ verfolgt wurde. Diese Strategie bietet einige Vorteile:

  • Schonung von Ressourcen im Sinne der Nachhaltigkeit.
  • Bei Online-Meldungen muss keine Beleglesung von handschriftlichen Angaben erfolgen und Tastatureingaben sind im Gegensatz zu handschriftlichen Angaben eindeutig erkennbar.
  • Die Daten liegen grundsätzlich schneller, günstiger und mit höherer Genauigkeit vor.
  • Durch eine automatisierte Filterführung im Onlineformular werden den Auskunftspflichtigen nur die für ihre individuelle Situation relevanten Fragestellungen angezeigt. So kommt es nicht zu unnötigen und somit möglicherweise unplausiblen Mehrangaben (zum Beispiel Angabe einer Miete bei selbstbewohntem Wohneigentum).
  • Die Daten können schon während der Eingabe automatisiert formal geprüft werden. Somit trägt die Onlinevariante auch zu einer hohen Qualität der Daten bei.
  • Im Anschluss an die Meldung erhalten die Auskunftgebenden als Nachweis eine Sendebestätigung für die eigenen Unterlagen.

Am Ende wurde mit einem Anteil von 86% an allen Meldungen ein noch höherer Online-Anteil erreicht als erwartet, was einen erfreulichen Erfolg darstellt.

Illustration: Umfragebogen auf einem Desktop und auf einem Smartphone, daneben ein grüner Haken.
Grafik: LSN

Papierfragebogen bei erster Erinnerung

Aus den genannten Gründen wurden mit dem ersten Anschreiben keine Papierfragebogen versendet. Diese wurden für den Versand der ersten Erinnerung angekündigt, sodass die Auskunftspflichtigen, für die der Onlinefragebogen keine Option war, lediglich die Erinnerung abwarten mussten. Dem Papierfragebogen wurde dann auch ein Umschlag für eine kostenfreie Rücksendung beigefügt, um der gesetzlichen Vorgabe der Ermöglichung einer kostenlosen Auskunftserteilung auch auf Papier gerecht zu werden (gemäß § 23 Zensusgesetz 2022). Teilweise wurde dieser Hinweis auf den automatischen Versand des Papierfragebogens jedoch überlesen und manche Auskunftspflichtigen wollten die Erinnerung nicht abwarten. Das LSN erreichten daher viele explizite Wünsche nach Zusendung eines Papierfragebogens.

Auch umfangreiches Mahnwesen führte zu hoher Rückmeldequote

Im Ergebnis wurden durch das LSN – wie bereits erwähnt – Schreiben mit über 3 Millionen Online-Kennungen versandt. Darin noch nicht enthalten sind die Erinnerungsschreiben. Denn für jede zunächst ausgebliebene Meldung wurden zwischen Juni 2022 und November 2022 jeweils bis zu drei weitere Schreiben an die Berichtspflichtigen versandt – eines davon als förmlicher Heranziehungsbescheid mittels Postzustellungsauftrag einschließlich einer Zustellungsurkunde als Zustellnachweis. Dank dieser intensiven Bemühungen, die Bürgerinnen und Bürger zur Erfüllung ihrer Auskunftspflicht zu bewegen, wurde am Ende eine hohe Antwortquote erreicht, was eine wichtige Grundlage für belastbare Ergebnisse darstellt.

Imputationsverfahren ersetzt fehlende Daten

In den übrigen Fällen, in denen keine Antwort durch Auskunftspflichtige erfolgte, wurden Daten über ein Schätzverfahren ergänzt. Es handelt sich dabei um ein so genanntes Imputationsverfahren, welches sich unter anderem an den tatsächlich abgegebenen Meldungen für andere möglichst nahegelegene Objekte orientiert, um die fehlende Meldung realitätsnah ersetzen zu können. Das heißt, dass eine ausgebliebene Meldung nicht dazu führte, dass an den jeweiligen Anschriften kein Wohnraum gezählt wurde.

Veröffentlicht werden die Ergebnisse des Zensus im Sommer 2024 unter www.zensus2022.de.


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