„Wenn die Interviewerin oder der Interviewer zweimal klingelt.“

In einem Besprechungsraum sitzen sich zwei Menschen in einer Interview-Situation gegenüber.
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Die Wiederholungsbefragung des Zensus 2022 in Niedersachsen

 „Wenn die Interviewerin oder der Interviewer zweimal klingelt.“ So ist es im Zensus 2022 rund 30.700 Personen in Niedersachsen ergangen. Sie wurden nicht nur einmal im Rahmen der Haushaltebefragung der letztjährigen Volkszählung aufgesucht, sondern noch ein zweites Mal, und zwar von Interviewerinnen und Interviewern der sogenannten Wiederholungsbefragung (WDH).

Warum eine Wiederholungsbefragung?

Die WDH dient der Überprüfung der Qualität der ermittelten Einwohnerzahlen und somit der Messung der Zuverlässigkeit der Stichprobe der Haupterhebung des Zensus 2022. Das wesentliche Ziel ist die Feststellung von Übereinstimmungen bzw. Abweichungen gegenüber der Haushaltsstichprobe und der Erhebung an Wohnheimen.

Eine zweite, unabhängige Stichprobe würde derartige Vergleiche zur Qualitätssicherung nicht ermöglichen. Aus diesem Grund wurde gemäß § 22 des Gesetzes zur Durchführung des Zensus im Jahr 2022 (ZensG 2022) die WDH als Unterstichprobe der Haushaltsstichprobe und der Erhebung an Wohnheimen konzipiert. An 4% der Anschriften der Haushaltsstichprobe und der in Wohnheimen wohnenden Personen wurden daher erneut Befragungen durchgeführt. Dabei wurden von den Erhebungsbeauftragten, wie die Interviewerinnen und Interviewer im Zensus heißen, nur die für die Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl relevanten Erhebungs- und Hilfsmerkmale noch einmal erhoben:

Erhebungsmerkmale:

  • Monat und Jahr der Geburt
  • Geschlecht
  • Wohnungsstatus

Hilfsmerkmale:

  • Familienname und Vorname
  • Tag der Geburt ohne Monats- und Jahresangabe
  • Anschrift der Wohnung und Lage der Wohnung im Gebäude

Bei der WDH bestand ebenfalls gesetzliche Auskunftspflicht. Die Ergebnisse der Haupterhebung wurden durch die WDH nicht verändert. In Abbildung A1 ist der zeitliche Ablauf der Befragung schematisch dargestellt.

In Abbildung 2 ist der grobe zeitliche Ablauf der Wiederholungsbefragung dargestellt. Diese gliederte sich in einen Vorbereitungsteil, in dem Erhebungsbeauftragte angeworben und geschult wurden, sowie der Bereitstellung und Versendung der Erhebungsunterlagen an die Erhebungsbeauftragten. Danach folgte der Durchführungsteil. Hierin fielen die Befragungen durch die Erhebungsbeauftragten und die Datenerfassung im Landesamt für Statistik. Zuletzt und nach dem Ende der Feldphase der eigentlichen Befragungen fand die Nachbereitung statt. Hier wurden unter anderem die Aufwandsentschädigungen an die Erhebungsbeauftragten ausgezahlt und die Sicherung und Vernichtung von Unterlagen und Materialien durchgeführt. Am 16. Juni 2023 wurde die Erhebungsstelle für die Wiederholungsbefragung im Landesamt für Statistik aufgelöst.
A1 Zeitlicher Ablauf der WDH

Vorbereitung der Erhebung in Niedersachsen

Wie bereits beim Zensus 2011, wurde auch diesmal für die Durchführung der WDH eine eigene Erhebungsstelle im Landesamt für Statistik Niedersachsen (LSN) eingerichtet. Hauptaufgabe der Erhebungsstelle war die Organisation der WDH, das heißt konkret die Anwerbung und Schulung von Erhebungsbeauftragten und deren Ausstattung mit allen nötigen Erhebungsmaterialien. Darüber hinaus wurden die Befragungsergebnisse im LSN elektronisch erfasst. Zur Wahrung der Datensicherheit war die Erhebungsstelle der WDH zusätzlich abgeschottet, das bedeutet im ohnehin nach außen abgesicherten LSN war der Zugang zu diesem Bereich nur Mitarbeitenden im Zensus möglich.

Für die Befragungen in den niedersächsischen Städten und Gemeinden vor Ort wurden ehrenamtliche Erhebungsbeauftragte eingesetzt, die für die Tätigkeit eine Aufwandsentschädigung erhielten. Voraussetzungen für die Tätigkeit waren die Volljährigkeit zum Zensusstichtag am 15. Mai 2022, die Gewähr für Zuverlässigkeit und Verschwiegenheit sowie eine gewisse zeitliche Flexibilität. Darüber hinaus sollten mindestens gute Deutschkenntnisse vorhanden sein.

Anwerbung von Erhebungsbeauftragten

Die Suche und die Auswahl der ehrenamtlichen Personen sowie deren anschließende Schulungen waren die Hauptaufgaben im Zuge der Vorbereitungsarbeiten im LSN.

Von Mitte März bis Ende Juni 2022 wurde über verschiedene Kanäle, unter anderem auf Jobportalen wie Jobicco bzw. Stellenportale der niedersächsischen Universitäten, und über Kontaktaufnahme mit bereits eingesetzten Erhebungsbeauftragten versucht, eine ausreichende Anzahl interessierter Personen zu finden.

Die wesentliche Herausforderung bei der Anwerbung von Erhebungsbeauftragten bestand darin, für alle Erhebungsgebiete in ganz Niedersachsen geeignete Personen zu finden. Während sich im Ballungsraum um Hannover sowie im Westen Niedersachsens überdurchschnittlich viele interessierte Personen meldeten, konnten für die Ostfriesischen Inseln, das vorgelagerte Festland (Landkreis Aurich und Landkreis Wittmund) sowie in der Harzregion weniger Personen für die Tätigkeit gewonnen werden. Aber dank des Engagements und der Bereitschaft einiger Interviewerinnen und Interviewer, auch weitere Fahrtwege zu den Stichprobenanschriften in Kauf zu nehmen, konnte dieser Umstand kompensiert werden.

Mehr Erwerbstätige unter den Erhebungsbeauftragten

Insgesamt konnten 267 Personen als Erhebungsbeauftragte für die Wiederholungsbefragung rekrutiert und eingesetzt werden. Es waren mehr Männer als Frauen für die WDH tätig und das Durchschnittsalter der Erhebungsbeauftragten betrug etwa 50 Jahre. Entgegen der Erfahrungen aus dem Zensus 2011, dass vor allem Rentnerinnen und Rentner aufgrund von weniger Verpflichtungen für die WDH tätig sein würden, waren diesmal knapp die Hälfte der Erhebungsbeauftragten erwerbstätig. Die andere Hälfte setzte sich aus Studierenden sowie Rentnerinnen und Rentnern zusammen.

Vor ihrem Einsatz wurden alle Erhebungsbeauftragten im Rahmen von Schulungen auf ihre Tätigkeit vorbereitet. Dabei war besonders vorteilhaft, dass rund drei Viertel der Ehrenamtlichen auch bereits im Rahmen der Haushaltsstichprobe und Erhebung an Wohnheimen als Interviewerin oder Interviewer für die kommunalen Erhebungsstellen tätig waren und somit Vorwissen vorlag. Nachdem die Schulungen beendet waren, wurden alle Interviewerinnen und Interviewer mit den erforderlichen organisatorischen Unterlagen versorgt. Die Materialien umfassten ein breites Spektrum, vom Kugelschreiber über den Erhebungsbeauftragtenausweis bis zum pandemiebedingten Hygieneset, bestehend aus Maske und Desinfektionsgel.

Durchführung der Erhebung in Niedersachsen

Im Vergleich zur Haupterhebung konnten die Interviewerinnen und Interviewer der WDH nicht unmittelbar mit dem Zensusstichtag starten, sondern erst zeitversetzt. Da es sich um eine erneute Befragung handelte, musste die Ersterhebung an den rund 7.400 Anschriften, an denen die WDH vorgesehen war, vollständig erhoben und abgeschlossen sein. Diese Tatsache stellte nicht nur das LSN vor organisatorische Herausforderungen, sondern bedeutete auch für die Erhebungsbeauftragten eine gewisse Geduldsprobe. Je länger die Haupterhebung an einer jeweiligen Anschrift dauerte, desto später konnten die Erhebungsbeauftragten der WDH mit ihrer Tätigkeit beginnen und umso mehr verkürzte sich die Bearbeitungszeit bis zum Erhebungsende am 30. November 2022. Letztlich wurden die ersten Befragungen rund drei Monate nach dem Zensusstichtag, Mitte August 2022, durchgeführt. Die letzten Befragungen seitens der Erhebungsbeauftragten konnten erst Ende Oktober 2022 starten.

Für die Befragungen mussten im Vorfeld die zu erhebenden Anschriften den einzelnen Erhebungsbeauftragten zugewiesen werden. Dabei war insbesondere zu berücksichtigen, dass ihnen keine Anschriften aus dem direkten eigenen Wohnumfeld zugeteilt werden durften.

Die wesentlichen Erhebungsunterlagen konnten ebenfalls erst vom LSN ausgedruckt und sukzessive in mehreren Paketen verschickt werden, nachdem die Anschriften in der Haupterhebung abschließend bearbeitet wurden. Mit Erhalt der Unterlagen hatten die Erhebungsbeauftragten dann mehrheitlich eine Bearbeitungszeit von 4 Wochen für jede der Anschriften.

Erhebungsphase

Mit den erhaltenen Unterlagen suchten die Interviewerinnen und Interviewer dann die ihnen zugewiesenen Anschriften auf. Im ersten Schritt ging es um Aspekte wie: Ist die Anschrift ohne Probleme auffindbar? Handelt es sich tatsächlich um ein Wohngebäude oder befindet sich an der Anschrift ein ausschließlich gewerblich genutztes Gebäude? Wenn die Anschrift problemlos auffindbar war und es sich um ein Wohngebäude handelte, warfen die Erhebungsbeauftragten an alle an der Anschrift befindlichen Haushalte Terminankündigungen für die Befragung ein.

Zum jeweils angekündigten Termin suchten die Erhebungsbeauftragten nochmals die Anschrift auf und versuchten durch persönliche Interviews alle für die WDH vorgesehenen Merkmale zu jeder an der Anschrift wohnhaften Person zu erheben. Konnte ein Haushalt oder eine Person nicht angetroffen werden, vergaben die Erhebungsbeauftragten einen Zweittermin. Wurde auch hier niemand angetroffen, wurde dies vermerkt und die Erhebungsstelle im LSN übernahm weitere Kontakt- und Auskunftsversuche.

War eine Anschrift von den Erhebungsbeauftragten abschließend bearbeitet, sollten die Unterlagen schnellstmöglich an das LSN übermittelt werden. Nur so konnte eine kontinuierliche Verarbeitung der Daten gewährleistet werden. Der letztmögliche Termin für den Rückversand an das LSN war der 7. November 2022.

Nur dank des großen Engagements der ehrenamtlichen Erhebungsbeauftragten konnte die Durchführung der WDH fristgerecht abgeschlossen werden. Durch ihr freundliches und professionelles Auftreten ist es ihnen gelungen, den auskunftspflichtigen Personen mögliche Zweifel an der wiederholten Befragung zu nehmen und die erforderlichen Daten zu erheben.

Die Weiterverarbeitung der Daten

Nach Eingang der Daten im LSN erfolgte eine Prüfung auf Vollzählig- und Vollständigkeit. Anschließend wurden die Daten elektronisch erfasst und an die weiteren Prozessschritte übergeben (Abb. A2). Die Auswertung der Daten erfolgt aktuell im Statistischen Bundesamt.

Zusätzliche Informationen und Hintergründe über weitere Erhebungen zum Zensus 2022 sind unter www.statistik.niedersachsen.de/zensus2022 verfügbar.

In Abbildung 2 sind die einzelnen Schritte der Erhebungsphase der Wiederholungsbefragung dargestellt. Im ersten Schritt wurden die Erhebungsunterlagen per Post an die Erhebungsbeauftragten versendet. Im nächsten Schritt suchten die Erhebungsbeauftragten die ihnen zugewiesenen Stichprobenanschriften auf und prüften, ob die Angaben zur Anschrift aus den Melderegistern mit den Gegebenheiten vor Ort übereinstimmten. Des Weiteren vergaben die Erhebungsbeauftragten Termine für die persönlichen Interviews. Im dritten Schritt wurden die Interviews mit den Auskunftspersonen durchgeführt. Waren alle Anschriften abgearbeitet, sendeten die Erhebungsbeauftragten die ausgefüllten Erhebungsunterlagen zurück an das Landesamt für Statistik, wo sie im letzten und fünften Schritt digital erfasst wurden.
A2 Operativer Ablauf der WDH