Berichte über Wohnungsmangel finden sich häufig in den Medien. Jedoch gibt es in ganz Niedersachsen auch ungenutzten Wohnraum. Wie ist er regional verteilt? Wie lange stehen Wohnungen leer und warum? Informationen hierzu liefern die Ergebnisse der Gebäude- und Wohnungszählung (GWZ) im Rahmen des Zensus 2022.
- Große Unterschiede beim Leerstand zwischen dem Westen und dem Südosten des Landes
- In einzelnen Gemeinden steht jede 7. Wohnung leer
- Leerstandsdauer und Verfügbarkeit am Markt
- Marktverfügbarkeit bei Eigentums- oder Mieterwechsel gegeben
- Gründe für Wohnungsleerstand in Niedersachsen
- Fazit
GWZ bietet Daten zum Leerstand
Mit den Ergebnissen der GWZ stehen flächendeckend aktuelle Daten zum Leerstand von Wohnungen zur Verfügung, die zum Beispiel in der Stadt- und Regionalentwicklung verwendet werden können. In der GWZ 2022 wurden erstmalig auch die Dauer des Leerstands und die Gründe für den Leerstand erhoben. Der folgende Beitrag soll einen ersten Überblick über den Wohnungsleerstand liefern.
Im Rahmen der GWZ wurden zum Stichtag 15. Mai 2022 alle Eigentümerinnen und Eigentümer bzw. Verwalterinnen und Verwalter sowie sonstige nutzungs- und verfügungsberechtigte Personen von Wohnraum zu verschiedenen Gebäude- und Wohnungsmerkmalen befragt, so auch zur derzeitigen Wohnungsnutzung. Eine Wohnung galt dabei als leerstehend, wenn sie zum Erhebungsstichtag nicht vermietet war und auch nicht von den Eigentümerinnen oder Eigentümern selbst genutzt wurde.
Methodisches
Im Folgenden werden nur Wohnungen in Wohngebäuden betrachtet. Wohnungen in Wohnheimen, in Nichtwohngebäuden wie z. B. Gewerbeimmobilien und bewohnte Unterkünfte werden aufgrund der eingeschränkten Nutzbarkeit für den Wohnungsmarkt nicht mitberücksichtigt. Je nach Gebäudegröße können sich eine Wohnung (Einfamilienhaus) oder auch mehrere Wohnungen (Mehrfamilienhaus) in einem Gebäude befinden. Wenn im folgenden Text auf Wohnungen Bezug genommen wird, sind alle Wohnungen in Ein- und Mehrfamilienhäusern gemeint.
Große Unterschiede beim Leerstand zwischen dem Westen und dem Südosten des Landes
Zum Stichtag des Zensus waren in Niedersachsen insgesamt 160.007 der rund 3,9 Mio. vorhandenen Wohnungen leerstehend. Das entspricht einer Leerstandsquote von 4,1%. Abbildung A1 zeigt die Leerstandsquoten auf Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte. Dabei werden regionale Unterschiede deutlich: In den westlich gelegenen Landkreisen war die Leerstandsquote gering, während in den östlich und südöstlich gelegenen Landkreisen und kreisfreien Städten höhere Leerstandsquoten verzeichnet wurden. Die Spannweite reicht vom südöstlichen Landkreis Goslar mit 8,8% bis zum westlich gelegenen Landkreis Vechta mit 2,1% Leerstand. Daneben fallen die beiden Landkreise Stade und Harburg im Umland der Millionenmetropole Hamburg mit geringeren Leerstandsquoten von knapp unter 3% auf.
In einzelnen Gemeinden steht jede 7. Wohnung leer
Auch bei der Betrachtung auf Gemeindeebene wird ersichtlich, dass erhöhter Leerstand regional konzentriert auftrat (siehe Abbildung A2). Jeweils etwa die Hälfte der Gemeinden wies eine Leerstandsquote unterhalb bzw. oberhalb des Landeswertes von 4,1% auf. Die Spannweite reichte dabei von Werten unter 1% in Gemeinden im Emsland und der Grafschaft Bentheim bis zu Werten von über 15% in einzelnen Gemeinden in der Harzregion, wie z. B. Braunlage (17,1%) oder Walkenried (15,3%).
Abbildung A3 zeigt die Leerstandsquoten in den kreisfreien Städten und den Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern im Vergleich zum Landeswert. Das südöstlich gelegene Salzgitter weist mit 7,1% die höchste Leerstandsquote auf, aber auch das nördlich gelegene Wilhelmshaven liegt mit 6,7% deutlich über dem Landeswert. Oldenburg (2,8%) und Osnabrück (3,1%) verzeichneten die geringsten Leerstandsquoten.
Leerstandsdauer und Verfügbarkeit am Markt
In der GWZ 2022 wurde erstmals nach der Dauer und den Gründen für den Leerstand von Wohnungen in Niedersachsen gefragt. Von allen 160.007 leerstehenden Wohnungen war etwa die Hälfte (49,9%) seit 12 Monaten oder länger unbewohnt, wie Abbildung A4 zeigt. Jeweils rund 14% standen seit 6 bis 11 Monaten bzw. seit 3 bis 5 Monaten leer. Erst seit Kurzem unbewohnte Wohnungen machten 22% des Leerstandes aus.
Laut den Ergebnissen der GWZ waren 64.152 Wohnungen innerhalb der nächsten 3 Monate für eine Vermietung oder einen Bezug verfügbar. Diese 40,1% des Gesamtleerstandes können als marktaktiver Leerstand beschrieben werden, weil die Wohnungen zeitnah dem Wohnungsmarkt zur Verfügung standen. Das entsprach 1,6% aller Wohnungen.
Marktverfügbarkeit bei Eigentums- oder Mieterwechsel gegeben
Der marktaktive Leerstand resultiert unter anderem aus Wechseln von Eigentümerinnen und Eigentümern oder Mieterinnen und Mietern sowie kurzfristigen (Um-)Baumaßnahmen und bildet eine Teilmenge aller leerstehenden Wohnungen. Es ist anzunehmen, dass ein gewisser marktaktiver Leerstand für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Wohnungsangebot und Wohnungsnachfrage steht. Üblicherweise wird von etwa 3% des Bestands ausgegangen. Geringere Zahlen sind möglicherweise ein Indikator für eine tendenzielle Wohnungsknappheit und höhere Zahlen können auf ein Überangebot an Wohnungen hindeuten. Für das Land Niedersachsen insgesamt bleibt also festzuhalten, dass es eher zu wenige kurzfristig zur Verfügung stehende ungenutzte Wohnungen gab.
Auffallend ist, dass der Anteil der marktaktiv leerstehenden Wohnungen kleiner war, je länger die betreffenden Wohnungen bereits leer standen (s. Abbildung A5). Waren bei Wohnungen, die seit weniger als 3 Monaten leer standen, noch 68,4% innerhalb der nächsten 3 Monate für einen Bezug verfügbar, so sank dieser Anteil auf 20,5% bei Wohnungen, die seit 12 Monaten oder länger leer standen.
Gründe für Wohnungsleerstand in Niedersachsen
Stand die Wohnung perspektivisch in den 3 auf den Stichtag folgenden Monaten nicht für einen Bezug zur Verfügung und war damit nicht marktaktiv, wurde nach den Gründen des Leerstands gefragt. Insgesamt galt das für 95.856 Wohnungen und damit für fast 60% aller leerstehenden Wohnungen. Als Leerstandsgrund machten laufende beziehungsweise geplante Baumaßnahmen mit mehr als 38% den größten Anteil aus, wie Abbildung A6 zeigt. Jeweils rund 13% der Wohnungen standen aufgrund eines Verkaufs oder aufgrund künftiger Selbstnutzung leer. Geplante Abrisse oder Rückbauten von Wohnungen machten mit 5,1% den kleinsten Teil aus. Etwa 31% der Wohnungen standen laut den Befragten aufgrund von sonstigen Gründen leer. Möglicherweise handelt es sich dabei z. B. um ungeklärte Eigentumsverhältnisse oder noch nicht entschiedene Nutzungsvorhaben bei Erbfällen oder auch den Besitz von Wohneigentum als reines Spekulationsobjekt.
Fazit
Die Ergebnisse der GWZ 2022 zeigen, dass die Verteilung des Leerstands in Niedersachsen regional unterschiedlich ist. So stehen im Osten und Südosten des Landes vermehrt Wohnungen leer.
Insgesamt waren 160.007 Wohnungen unbewohnt, was einer landesweiten Leerstandsquote von 4,1% entspricht. Etwa 40% dieser Wohnungen galten als marktaktiv leerstehend, d. h. sie waren innerhalb der nächsten drei Monate für eine Vermietung oder einen Bezug verfügbar. Das waren 1,6% aller Wohnungen, was einen vergleichsweise kleinen Wert darstellt.
Die räumliche Verteilung des Leerstands sowie mögliche Gründe der regionalen Differenzen verdienen eine genauere Analyse. Zusätzlich gilt es, die Eigenschaften der leerstehenden Wohnungen zu beschreiben: Wie groß sind diese, aus welchen Baujahren stammen sie und gibt es dabei Unterschiede zwischen dem marktaktiven Leerstand und dem Leerstand allgemein? Wie hat sich der Leerstand von Wohnraum seit dem letzten Zensus im Jahr 2011 entwickelt?
Die detaillierten Ergebnisse der GWZ 2022 sind auf der Internetseite des LSN im Themenbereich Zensus und auf der zentralen Zensus-Seite der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder abrufbar.