Armutsgefährdung und soziale Ausgrenzung in Niedersachsen 2023

Armutsgefährdung und soziale Ausgrenzung in Niedersachsen 2023
Foto: C. Schüßler – stock.adobe.com

In Niedersachsen waren 2023 insgesamt 1,8 Millionen Menschen von „Armutsbedrohung oder sozialer Ausgrenzung“ betroffen. Im Folgenden werden die Einzelaspekte Armutsgefährdung, soziale und materielle Entbehrungen sowie geringe Erwerbsbeteiligung betrachtet und ein Vergleich zum Vorjahr gezogen. Ein besonderer Blick gilt dabei den sozialen und materiellen Entbehrungen.

Der Indikator „At-risk-of-poverty or social exclusion“, kurz AROPE, aus der Statistik „Leben in Europa“ (EU-SILC), gilt als Hauptindikator zur Überwachung des EU-2030-Ziels „Verringerung von Armut“. Er gibt Auskunft über

  • das Ausmaß von „Armutsgefährdung“,
  • das Ausmaß von „erheblicher materieller und sozialer Deprivation“ und
  • Haushalte mit „sehr geringer Erwerbsbeteiligung“.

Liegt eines oder liegen mehrere dieser Kriterien in einem Haushalt vor, ist dieser beziehungsweise sind seine Mitglieder von „Armutsbedrohung oder sozialer Ausgrenzung“ betroffen.

Niedersachsen an 10. Stelle im Ländervergleich

Bei 22,7% lag der Anteil der niedersächsischen Bevölkerung, der 2023 mit „Armutsbedrohung oder sozialer Ausgrenzung“ konfrontiert war (vgl. T1 und A1). Im Ländervergleich liegt Niedersachsen damit an 10. Stelle bei einer Spanne von 16,1% in Bayern bis 32,2% im Zwei-Städte-Staat Bremen (Deutschland und EU insgesamt: jeweils 21,3%).

Im Vergleich zu 2022 verbesserte sich die Situation in Niedersachsen leicht um 0,6 Prozentpunkte, während der Deutschlandwert minimal anstieg (+0,2 Prozentpunkte). Der Blick auf die bisher kurze verfügbare Zeitreihe 2021 bis 2023 zeichnet nicht unbedingt einen eindeutigen Trend, sondern könnte auch eine Schwankung sein. Daher lohnt auch die Betrachtung der Entwicklungen der drei Teilindikatoren, um zu schauen, ob diese eindeutiger in eine bestimmte Richtung zeigen.

A1: Mit 22,7% lag der Anteil der armuts- oder ausgrenzungsgefährdeten Personen in Niedersachsen 2023 über dem Durchschnitt der 16 Bundesländer und der EU, deren Werte jeweils 21,3% betrugen.
A1 Armuts- oder ausgrenzungsgefährdete Personen in den Ländern 2023 – Anteile an der Bevölkerung in Prozent sowie Veränderungen zum Vorjahr in Prozentpunkten

Armutsgefährdung: Niedersachsen im EU-Vergleich unterdurchschnittlich hohe Quote

In Niedersachsen waren 2023 gemessen am durchschnittlichen Haushaltsnettoeinkommen auf Bundesebene, dem Median, 1,2 Mio. Menschen armutsgefährdet. Das entsprach einer Armutsgefährdungsquote von 14,8%. Der EU-Durchschnitt lag mit 16,2% darüber. Deutschlandweit waren es 14,4%. Die Armutsgefährdung war in Niedersachsen im EU-Vergleich also unterdurchschnittlich und hat sowohl in Niedersachsen als auch in Deutschland und der EU insgesamt leicht abgenommen.

T2 Armutsgefährdungsquoten 2021 bis 2023

Merkmal202120222023
Niedersachsen18,416,914,8
Deutschland16,014,814,4
EU-Durchschnitt16,816,516,2

Die Werte für Niedersachsen und Deutschland unterscheiden sich von denen, die aus dem Mikrozensuskernprogramm für 2023 ermittelt wurden (17,1% und 16,6%). Im Rahmen der Sozialberichterstattung und der regelmäßigen Beiträge zur Armutsgefährdung werden vom LSN üblicherweise Daten aus dem Mikrozensus-Kernprogramm (MZ-Kern) verwendet. Diese weichen von den hier verwendeten Daten ab (siehe Infobox unten).

A2: Niedersachsen lag 2023 mit einer Armutsgefährdungsquote von 14,8% gemessen am Bundesmedian nach Zahlen aus der Erhebung EU-SILC etwa auf dem Niveau des bundesweiten Durchschnitts von 14,4%. Die Quoten reichten von 11,4% in Bayern bis 22,9% in Sachsen-Anhalt.
A2 Armutsgefährdete Personen in den Ländern, Deutschland und der EU 2023 – Anteile an der Bevölkerung in Prozent

Was sich Haushalte und Personen in Niedersachsen nicht leisten können

Der zweite AROPE-Teilindikator zur sogenannten sozialen und materiellen Deprivation gibt Antworten darauf, wie viele Menschen sich bestimmte Dinge aus finanziellen Gründen nicht leisten können, die von den meisten Menschen für eine angemessene Lebensführung als wünschenswert oder notwendig angesehen werden (siehe Abbildungen A3 bis A6).

Die materielle und soziale Entbehrung wird anhand von 13 Kriterien im Haushalts- und Personenkontext ermittelt und beruht auf der subjektiven Einschätzung der Auskunftspflichtigen:

Der Haushalt kann sich finanziell nicht leisten:

  1. Hypotheken, Miete, Rechnungen von Versorgungsbetrieben oder Konsum-/Verbraucherkrediten rechtzeitig zu bezahlen,
  2. die Unterkunft angemessen warm zu halten,
  3. jedes Jahr einen einwöchigen Urlaub an einem anderen Ort zu verbringen,
  4. jeden zweiten Tag eine Mahlzeit mit Fleisch, Fisch oder gleichwertiger Proteinzufuhr zu essen,
  5. unerwartet anfallende Ausgaben in Höhe von mindestens 1.250 Euro (Berichtsjahr 2023) aus eigenen Mitteln zu bestreiten,
  6. ein Auto zu besitzen (kein Firmen-/Dienstwagen),
  7. abgewohnte Möbel zu ersetzen.

Die Person kann sich finanziell nicht leisten:

  1. abgetragene Kleidungsstücke durch neue (nicht Second-Hand-Kleidung) zu ersetzen,
  2. mindestens zwei Paar passende Schuhe in gutem Zustand zu besitzen,
  3. wöchentlich einen geringen Geldbetrag für sich selbst aufzuwenden,
  4. regelmäßigen Freizeitaktivitäten nachzugehen (z. B. Kino- oder Konzertbesuche oder sportliche Aktivitäten, auch wenn diese Geld kosten),
  5. sich mindestens einmal im Monat mit Freundinnen und Freunden oder der Familie zu treffen, um gemeinsam etwas zu trinken oder zu essen,
  6. eine Internetverbindung zu haben.

Entbehrungen in Niedersachsen: Etwas höher als 2022

Erhebliche materielle und soziale Entbehrung (Deprivation) liegt vor, wenn 7 der 13 Kriterien aufgrund der Selbsteinschätzung des Haushalts beziehungsweise der Person erfüllt sind. In Niedersachsen traf dies 2023 auf 623.000 Menschen zu, was 7,7% der Bevölkerung in Hauptwohnsitzhaushalten entsprach. Das war der fünfhöchste Wert im Vergleich mit den anderen Ländern. Gegenüber dem Vorjahr stieg der Anteil leicht an um 0,4 Prozentpunkte. Bundesweit waren 2023 insgesamt 6,9% der Bevölkerung erheblich materiell und sozial depriviert (Vorjahr: 6,2%) und auf EU-Ebene lag der Anteil bei 6,8% (Vorjahr: 6,7%). Im Jahr 2021 mit relativ niedriger Inflationsrate fielen die Werte in Niedersachsen mit 4,9% und in Deutschland insgesamt mit 4,3 noch deutlich niedriger aus (EU: 6,3%).

A3: In Niedersachsen waren 2023 insgesamt 7,7% der Bevölkerung erheblich materiell und sozial depriviert und damit etwas mehr als in Deutschland insgesamt mit 6,9%.
A3 Erheblich materiell und sozial deprivierte Personen in den Ländern, Deutschland und der EU 2023 – Anteile an der Bevölkerung in Prozent

Kinder überdurchschnittlich oft von erheblicher sozialer und materieller Deprivation betroffen

Mit Blick auf die Altersgruppen zeigt sich, dass niedersächsische Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren am stärksten von sozialen und materiellen Entbehrungen betroffen sind. Die Quote lag in dieser Altersgruppe bei 9,6% (Vorjahr 10,3%). Ältere Personen ab 65 Jahren wiesen dagegen mit 4,4% den niedrigsten Wert auf (Vorjahr: 4,2%). Zwischen Frauen und Männern gab es über die Gesamtbevölkerung gesehen kaum einen Unterschied (7,5% zu 8,0%), der in einzelnen Altersgruppen jedoch teilweise stärker ausfiel. Unter den 18- bis unter 25-Jährigen war er 2023 am größten (6,0% zu 8,9%).

Fast ein Viertel der Menschen in Alleinerziehendenhaushalten erheblich sozial und materiell depriviert

Wie das Ausmaß der Armutsgefährdung so ist auch das der sozialen und materiellen Entbehrungen bei Haushalten mit Kindern mit einer Quote von 8,6% höher als bei solchen ohne Kinder (7,1%). Dies ist stark bedingt durch den hohen Wert bei Alleinerziehendenhaushalten, in denen mit 24,0% fast ein Viertel der entsprechenden Bevölkerungsgruppe mit sozialen und materiellen Einschränkungen konfrontiert ist.

Gegenüber dem Vorjahr verringerte sich die Quote bei Haushalten mit Kindern um 0,5 Prozentpunkte und stieg bei denen ohne Kinder (1,0 Prozentpunkte). In Paarhaushalten mit Kindern fällt der Anteil der materiell und sozial deprivierten Personen mit 6,9% dagegen unterdurchschnittlich aus, jedoch wiederum höher als in Paarhaushalten ohne Kinder (4,5%).

A4: Alleinerziehende waren 2023 in Niedersachsen mit einem Anteil von 24,0% im Vergleich zu anderen Haushalten mit oder ohne Kinder am stärksten erheblich materiell und sozial depriviert. Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit waren mit 14,2% etwa doppelt so häufig erheblich materiell und sozial depriviert wie Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit.
A4 Erheblich materiell und sozial deprivierte Personen in Niedersachsen 2023 nach Alter, Staatsangehörigkeit und Haushaltstyp – Anteile an der Bevölkerung in Prozent

Ausländerinnen und Ausländer mehr als doppelt so oft betroffen wie Deutsche

Der Anteil der Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit mit erheblichen sozialen und materiellen Entbehrungen fällt mit 14,2% mehr als doppelt so hoch aus wie unter denjenigen mit deutscher Staatsangehörigkeit (6,8%). Die größere Gruppe stellen allerdings Letztere mit 475.000 Personen gegenüber 148.000 Ausländerinnen und Ausländern. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Quote unter den Deutschen um 0,5 Prozentpunkte und sank bei den Ausländerinnen und Ausländern um 0,5 Prozentpunkte.

Unerwartete Ausgaben für rund 40% der Bevölkerung in Niedersachsen finanziell nicht leistbar

Von den 13 Kriterien, die als relevant angesehen werden, um als materiell oder sozial depriviert zu gelten, sticht die Frage nach der Leistbarkeit unerwartet anfallender Ausgaben in Höhe von 1.250 Euro besonders heraus. 2023 waren 39,9% der Bevölkerung nicht in der Lage derartige Kosten zu stemmen. Ein Jahr zuvor war das Niveau ähnlich (39,3%). Allerdings ging es 2022 um eine Summe von 1.150 Euro. Unter dem Teil der armutsgefährdeten Bevölkerung waren es 2023 nahezu zwei Drittel (72,6%). Unter ihnen veränderte sich der Wert gegenüber dem Vorjahr zudem merklich (+6,4 Prozentpunkte).

Auch bei den meisten anderen Aspekten der materiellen und sozialen Deprivation stiegen die Anteile der Haushalte und Personen, die mit sozialen Entbehrungen leben mussten, in der Gesamtbevölkerung zumeist leicht an.

Eine Woche Urlaub von mehr als einem Viertel der Bevölkerung nicht leistbar

Eine Woche Urlaub konnten sich 2023 insgesamt 27,6% der niedersächsischen Haushalte nicht leisten, gegenüber dem Vorjahr ist dies ein Anstieg um 1,2 Prozentpunkte. Unter den Hauhalten mit Armutsgefährdung waren es mit 54,3% deutlich mehr als die Hälfte (+2,0 Prozentpunkte).

Mit 15,0% konnte sich mehr als jeder 7. Haushalt nicht wenigstens jeden zweiten Tag eine Mahlzeit mit Fleisch, Fisch oder gleichwertiger Proteinzufuhr leisten (+1,8 Prozentpunkte). Unter den armutsgefährdeten Haushalten waren es mit 30,4% rund doppelt so viele, was zugleich einem deutlichen Anstieg um 5,2 Prozentpunkte gegenüber 2022 entsprach.

A5: Unerwartet anfallende Ausgaben konnten sich 2023 in Niedersachsen mit 39,9% besonders viele Haushalte in Niedersachsen nicht leisten, an zweiter Stelle folgte eine Woche Urlaub pro Jahr mit 27,6%. Beide Werte stiegen im Vergleich zum Vorjahr.
A5 Soziale und materielle Entbehrungen der Haushalte nach den Kriterien der wirtschaftlichen Belastung (Selbsteinschätzung) in Niedersachsen 2022 und 2023 nach soziodemografischen Merkmalen – Anteile an der Bevölkerung in Prozent

Teilaspekte der sozialen Teilhabe bei der armutsgefährdeten Bevölkerung nicht weiter verschlechtert

Mit 16,1% konnte sich 2023 etwas weniger als jede 6. Person in Niedersachsen keine regelmäßigen Freizeitaktivitäten leisten und unter den armutsgefährdeten beinahe ein Drittel (31,8%). Gegenüber dem Vorjahr verbesserte sich der Wert bei Letzteren dabei leicht um 0,8 Prozentpunkte. Mindestens einmal im Monat mit Freunden oder der Familie für ein Getränk oder eine Mahlzeit zusammenzukommen konnte sich jede fünfte armutsgefährdete Person nicht leisten (20,4%; Vorjahr: 20,2%). In der Gesamtbevölkerung war es rund ein Zehntel (10,4 %, Vorjahr: 9,5%).

 

A6: In Niedersachsen konnten sich 2023 unter der armutsgefährdeten Bevölkerung 72,6% keine unerwartet anfallenden Ausgaben leisten. An zweiter Stelle folgte eine Woche Urlaub pro Jahr mit 54,3%. Beide Werte stiegen im Vergleich zum Vorjahr.
A6 Soziale und materielle Entbehrungen der Haushalte nach den Kriterien der wirtschaftlichen Belastung (Selbsteinschätzung) in Niedersachsen 2022 und 2023 nach soziodemografischen Merkmalen – Anteile an der armutsgefährdeten Bevölkerung in Prozent

Haushalte mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung: Etwa jede 9. Person unter 65 Jahren in Niedersachsen betroffen

Neben der Armutsgefährdung und der materiellen Deprivation betrachtet der dritte AROPE-Teilindikator Personen bis zum Alter unter 65 Jahren, die in „Haushalten mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung“ leben. Ein Haushalt mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung liegt dann vor, wenn die tatsächliche Erwerbsbeteiligung der im Haushalt lebenden, erwerbsfähigen Haushaltsmitglieder im Alter von 18 bis unter 65 Jahren insgesamt weniger als 20% der potenziellen Erwerbsbeteiligung des Haushalts beträgt. Nicht darunter fallen

  • Studierende im Alter von 16 bis unter 25 Jahren,
  • Personen im Ruhestand nach Selbsteinschätzung oder mit Ruhegehaltsbezug sowie
  • Personen im Alter von 60 bis 64 Jahren, die inaktiv sind und in Haushalten mit Ruhegehalt als Haupteinkommen leben.

In Niedersachsen lebten nach dieser EU-Definition 2023 insgesamt 10,5% der Bevölkerung in Haushalten mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung, was in der Regel entsprechend niedrige Haushaltseinkommen zur Folge hat. Ein Jahr zuvor waren es 10,9%. Deutschlandweit betrug 2023 der Anteil 9,9% und im Durchschnitt der EU 8,0%.

T3 Personen in Haushalten mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung – Anteile in Prozent

Merkmal202120222023
Niedersachsen10,110,910,5
Deutschland9,59,89,9
EU-Durchschnitt9,08,38,0
A7: In Niedersachsen lebten 2023 nach EU-Definition 10,5% der Bevölkerung in Haushalten mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung, deutschlandweit waren es 9,9%.
A7 Personen in Haushalten mit sehr niedriger Erwerbsintensität in den Ländern, Deutschland und der EU 2023 – Anteile an der Bevölkerung in Prozent

Zusammenfassung

Auf den ersten Blick hat sich die soziale Lage 2023 in Niedersachsen gemessen am europäischen Indikator für Armutsbedrohung und soziale Ausgrenzung nicht verschlechtert. Sie blieb auf dem Niveau des Vorjahres. Schließt man statistische Schwankungen aufgrund des Stichprobencharakters der Erhebung aus, ging der Anteil der armuts- oder ausgrenzungsgefährdeten Personen sogar leicht zurück.

Der Blick auf die Teilindikatoren relativiert diese Einschätzung jedoch. Denn während die Einkommensarmutsgefährdung zurückging und anteilig weniger Personen in Haushalten mit sehr niedriger Erwerbsbeteiligung lebten, ist die erhebliche soziale und materielle Deprivation leicht gestiegen. Eine leicht positive Tendenz zeigte sich bei Haushalten mit Kindern. Armutsgefährdete Menschen mussten sich insgesamt gesehen aber noch weiter einschränken als im Jahr zuvor. Besondere Anstiege zeigten hier die Leistbarkeit von vollwertigen Mahlzeiten als auch die der von unerwartet hohen Ausgaben.

Die relativ niedrige Inflationsrate und die Reallohnzuwächse im Jahr 2024 könnten jedoch dazu beitragen, dass die erhebliche soziale und materielle Deprivation wieder zurückgeht.

Ein umfangreicher Überblick zur sozialen Lage in Niedersachsen findet sich im Statistikteil der Handlungsorientierten Sozialberichterstattung. Diese wird jährlich vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung herausgegebenen und im Landesamt für Statistik erstellt.


Lesen Sie auch Teil 1: Armutsgefährdung in Niedersachsen im Jahr 2023.


Weitere Daten zum Thema Sozialberichterstattung in Niedersachsen finden Sie auf www.statistik.niedersachsen.de.

Exkurs: Armutsgefährdung erhoben aus unterschiedlichen Erhebungsteilen

Die Armutsgefährdung wird innerhalb der EU-SILC-Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen in Europa (European Union Statistics on Income and Living Conditions) ähnlich definiert wie in der Amtlichen Sozialberichterstattung des Bundes und der Länder. Auch hier gilt als armutsgefährdet, wessen Haushaltsnettoeinkommen weniger als 60% des Medianeinkommens entspricht. Die Werte weichen jedoch voneinander ab. Insbesondere bei Familien mit Kindern fallen die Quoten im Kernprogramm höher aus.

Gründe dafür liegen in der unterschiedlichen Erfassung der Daten und den unterschiedlichen Bezugszeit-räumen. Der Wert aus EU-SILC bezieht sich, anders als im Mikrozensuskernprogramm (MZ-Kern), nicht auf das Monatseinkommen im Laufe des Erhebungsjahres, sondern auf das Jahreseinkommen im Vorjahr der Befragung.

MZ-SILC genauer als MZ-Kernprogramm

Allerdings erfolgt die Messung der Armutsgefährdung in der Unterstichprobe MZ-SILC des Mikrozensus, auf die die EU-SILC-Daten zurückgehen, genauer als im Kernprogramm des Mikrozensus: Zum einen werden in MZ-SILC anders im MZ-Kern die einzelnen Einkommensarten jeweils einzeln und ausführlich abgefragt, anstatt nur als Gesamtsumme. So kann eher als im MZ-Kernprogramm vermieden werden, dass Auskunftspflichtige Einkommen, die insbesondere nicht aus der Erwerbsarbeit stammen, unabsichtlich unberücksichtigt lassen.

Zum anderen wird die Höhe der Einkommen in MZ-SILC nicht wie im MZ-Kernprogramm, in Einkommensklassen abgefragt (z. B. Klasse 1.500 Euro bis 1.750 Euro; Angaben in MZ-Kern sind auch spitz möglich, werden jedoch nur von rund der Hälfte der Auskunftspflichtigen genutzt), sondern nur als exakter Eurobetrag. Eine aufwendige Umrechnung von Klassenbreiten in genaue Werte ist, im Gegensatz zum MZ-Kernprogramm, nicht erforderlich, womit die damit verbundenen Unsicherheiten vermieden werden.

Der Umfang der Stichprobe reicht jedoch nicht aus, um für Niedersachsen tiefere Auswertungen nach Haushaltszusammensetzung vorzunehmen, weswegen dazu weiterhin die Armutsgefährdung mit Daten aus dem Mikrozensuskernprogramm errechnet wird.