Armutsgefährdung in Niedersachsen im Jahr 2023

Armutsgefährdung in Niedersachsen im Jahr 2023
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In Niedersachsen waren 2023 circa 1,34 Millionen Menschen von relativer Einkommensarmut betroffen, die Armutsgefährdungsquote lag bei 16,6%. Damit verringerte sich die Quote gegenüber 2022 leicht. Der Beitrag zeigt, bei welchen Personengruppen der Rückgang besonders hoch war und bei welchen entgegen des Trends die Armutsgefährdung stieg.

Methodische Hinweise – Armutsgefährdung

Die Armutsgefährdungsquoten werden – ebenso wie die Reichtumsquoten – von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder nach einheitlichen Methoden und Verfahren auf Basis des Mikrozensus gemeinsam ermittelt und publiziert. Sie basieren auf dem lebenslagenorientierten Konzept der relativen Einkommensarmut. Als armutsgefährdet gelten Personen mit einem monatlichen Nettoäquivalenzeinkommen1Erläuterung am Ende des Beitrages in "Methodische Hinweise – Berechnung der Armutsgefährdungsquoten" von weniger als 60% des Durchschnittseinkommens, gemessen am Median. Der Median teilt die Gesamtmenge der Bevölkerung in zwei gleich große Gruppen. Die eine Hälfte verdient dabei weniger, die andere Hälfte mehr als das mittlere Einkommen. Bei der Analyse und Beschreibung von Einkommensverteilungen greift man üblicherweise auf den Median zurück, um so einen überproportionalen Einfluss von besonders extremen Werten zu vermeiden. Die Armutsgefährdungsschwelle (60% des Medianeinkommens) lag in Niedersachsen für einen Einpersonenhaushalt bei einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen von 1.231 Euro (vgl. Tabelle T2 und A2) und für einen Haushalt mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern unter 14 Jahren bei 2.585 Euro. Bei Haushalten von Alleinerziehenden mit einem Kind unter 14 Jahren waren es 1.600 Euro (vgl. Tabelle A.7 Mediane und Armutsgefährdungsschwellen nach Regionen im Statistikportal). Liegt das Einkommen unter der jeweiligen Schwelle, gelten die betreffenden Haushaltsmitglieder als armutsgefährdet.

Armutsgefährdung in Niedersachsen im Länderdurchschnitt

Die Armutsgefährdungsquote in Niedersachsen im Jahr 2023 entsprach genau dem bundesweiten Durchschnitt aller Länder (16,6%; siehe Tabelle T1 und Abbildung A1). Innerhalb der ostdeutschen Flächenländer fällt das Ausmaß der Armutsgefährdung regelmäßig kleiner aus als in den westdeutschen Ländern, und die Stadtstaaten liegen zumeist an der Spitze: 2023 reichte die Spanne von 13,2% in Sachsen bis 20,4% in Bremen, jeweils gemessen an den durchschnittlichen Einkommen (Median) innerhalb der Länder.

Bemessen am bundesdeutschen Durchschnittseinkommen (siehe Tabelle T1 – Nationalkonzept) war die Armutsgefährdung in den ostdeutschen Ländern allerdings außer in Brandenburg überdurchschnittlich hoch. Die niedrigsten Quoten verzeichneten Bayern (12,8%) und Baden-Württemberg (13,5%). Für Niedersachsen errechnete sich eine Armutsgefährdungsquote von 17,1% (2022: 17,9%), welche damit 0,5 Prozentpunkte über dem bundesweiten Durchschnitt lag.

Mit 16,6% lag die Armutsgefährdungsquote in Niedersachsen 2023 nach dem Regionalkonzept im Mittelfeld aller 16 Länder. Die Veränderung der Armutsgefährdungsquote von 2022 zu 2023 reichte in den Ländern von -1,2 Prozentpunkten in Hamburg bis zu einem Plus von 0,9 Prozentpunkten in Berlin, in Niedersachsen lag sie bei -0,5 Prozentpunkten.
A1 Armutsgefährdungsquoten (Regionalkonzept) 2023 der Länder und Deutschlands in Prozent sowie Veränderung zu 2022 in Prozentpunkten
Die Armutsgefährdungsschwelle lag in Niedersachsen im Jahr 2023 bei 1.231 Euro bei einem Äquivalenzeinkommen von 2.052 Euro. Bundesweit betrug die Schwelle 1.247 Euro und 2.079 Euro das Äquivalenzeinkommen.
A2 Armutsgefährdungsschwellen für Einpersonenhaushalte und Mediane der Nettoäquivalenzeinkommen 2023 nach Ländern in Euro

Armutsgefährdung ging 2023 leicht zurück

Während die Armutsgefährdungsquoten in Niedersachsen 2020 bis 2022 bei 17,0% beziehungsweise 17,1% verharrten, ging sie 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 0,5 Prozentpunkte zurück, bundesweit waren es 0,2 Prozentpunkte. Dieser Rückgang zeigte sich jedoch nicht bei allen Personengruppen:

  • Frauen im Seniorinnenalter,
  • Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit,
  • Erwerbslose und auch
  • Personen mit höherer Bildung

hatten ein höheres Armutsrisiko als im Vorjahr. Dagegen fielen insbesondere die Quoten bei Kindern und besonders in größeren Familien, bei Männern im Seniorenalter und unter den Erwerbstätigen niedriger aus als im Vorjahr.

Quote in Westniedersachsen am niedrigsten, stärkster Rückgang im Umland von Hannover

Regional können aufgrund der zu geringen Stichprobe zwar keine statistisch validen Zahlen auf Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte ermittelt werden, jedoch auf Ebene von so genannten Anpassungsschichten. Dabei handelt es sich um eine Gruppierung von Landkreisen und kreisfreien Städten, die zusammengenommen mindestens rund 500.000 Einwohnerinnen und Einwohner haben.

Die niedrigsten Quoten (unter 15,5%) gemessen am Medianeinkommen innerhalb der jeweiligen Anpassungsschicht gab es in Westniedersachsen und im Umland von Hannover (14,4% und 15,4%, siehe Abbildung A3 und Tabelle T3). Unterdurchschnittliche und leicht unterdurchschnittliche Quoten (15,6% bis unter 16,5%) traten im Oldenburger Raum sowie in Nord- und Nordostniedersachsen auf. Durchschnittliche bis leicht überdurchschnittliche Quoten (16,5% bis unter 17,5%) waren in Mittelniedersachsen, Ostfriesland-Nordseeküste und Südniedersachsen zu finden. Die höchsten Quoten (mindestens 17,5%) verzeichneten Ostniedersachsen, das Weser-Leine-Bergland und die Stadt Hannover.

Im Vergleich zum Vorjahr verzeichnete das Umland von Hannover den stärksten Rückgang (-1,9 Prozentpunkte), gefolgt vom Oldenburger Raum (-1,3 Prozentpunkte) und Westniedersachsen (-0,9 Prozentpunkte).

Regional war die Armutsgefährdung mit 17,5% und mehr in den Anpassungsschichten Ostniedersachsen, im Weser-Leine-Bergland und in der Landeshauptstadt Hannover am höchsten gemessen am jeweiligen regionalen Einkommensniveau.
A3 Armutsgefährdungsquoten nach Anpassungsschichten des Mikrozensus 2023 (Regionalmedian)

Altersarmutsgefährdung von Frauen in Niedersachsen steigt – Rückgang bei den Männern

Frauen waren wie in Deutschland insgesamt auch in Niedersachsen 2023 grundsätzlich öfter armutsgefährdet (17,8%) als Männer (15,3%) (siehe Tabelle T4 und Abbildung A4). Bei beiden Geschlechtern verringerte sich zwar im Vergleich zum Vorjahr das Armutsrisiko. Bei den Frauen war dies allerdings im Alter ab 65 Jahren nicht der Fall: Die Altersarmutsgefährdung unter ihnen vergrößerte sich um 0,6 Prozentpunkte auf 20,4%. Bei den Männern in derselben Altersgruppe verkleinerte sich hingegen das Armutsrisiko um 0,5 Prozentpunkte auf 14,9%.

Die deutlichen Unterschiede ergeben sich aus den niedrigeren Renten von Frauen aufgrund geringerer Erwerbszeiten aufgrund mehr unbezahlter Care-Arbeit sowie der Verdienstunterschiede. Dabei geht die Altersarmut vor allem mit Alleinwohnen einher, was zudem öfter bei Frauen als bei Männern der Fall ist. Unter den Frauen ab 65 Jahren in Einpersonenhaushalten waren 30,2% armutsgefährdet, in Mehrpersonenhaushalten waren es nur 13,1%. Bei den Männern betrugen die Quoten 25,3% und 12,2%.

Ergebnis ist unter anderem: Frauen in Niedersachsen sind mit 17,8% öfter armutsgefährdet als Männer mit 15,3%. Kinder und junge Erwachsene haben Quoten von 20,7% und 23,6%.
A4 Armutsgefährdungsquoten (Regionalkonzept) in Niedersachsen nach Alter und Geschlecht 2023 in Prozent

Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit öfter armutsgefährdet als im Vorjahr

Menschen mit Zuwanderungsgeschichte1Eine Person, ob mit oder ohne deutsche Staatsangehörigkeit, hat einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt besitzt. waren auch 2023 in Niedersachsen fast drei Mal so häufig armutsgefährdet (30,8%) wie jene ohne Zuwanderungsgeschichte (11,7%). Zudem stieg die Quote Ersterer im Vergleich zum Vorjahr leicht an (+0,3 Prozentpunkte), während sie bei Letzteren um 1,0 Prozentpunkte zurückging.

Die Quoten zwischen der Bevölkerung ohne deutsche Staatsangehörigkeit (42,2%) und mit deutscher Staatsangehörigkeit (13,0%) klaffen noch deutlicher auseinander. Auch hier gehen die Entwicklungen in entgegengesetzte Richtungen: Während die Armutsgefährdungsquote bei den Nichtdeutschen weiter gestiegen ist (+1,7 Prozentpunkte), nahm sie bei den Deutschen ab (-1,2 Prozentpunkte).

Entwicklung der Armutsgefährdung von Ausländerinnen und Ausländern abhängig von neu Zugewanderten

Die Entwicklung unter den Ausländerinnen und Ausländern muss dabei im Kontext der vielen aus dem Ausland neu hinzugezogenen Personen betrachtet werden. Viele Geflüchtete und Asylbewerberinnen und -bewerber, die 2023 nach Niedersachsen gekommen sind, verfügen erst einmal über keine eigenen Einkommen, insbesondere aus Erwerbsarbeit.

Im Vergleich zum Vorjahr nahm in Niedersachsen die nichtdeutsche Bevölkerung in Hauptwohnsitzhaushalten um 78.000 Personen zu und die Zahl der armutsgefährdeten Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit um 49.000 Personen. Rein rechnerisch wären also fast zwei Drittel der hinzugekommenen Nichtdeutschen armutsgefährdet. Dagegen ging die Zahl der Bevölkerung mit deutscher Staatsangehörigkeit um rund 10.000 Personen zurück und die der armutsgefährdeten Deutschen um 84.000.

Ergebnis ist unter anderem: Die Armutsgefährdungsquote von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte war mit 30,8% mehr als zweieinhalbmal so groß wie die von Menschen ohne Zuwanderungsgeschichte mit 11,7%. In den soziodemografischen Gruppen nahm die Quote der Armutsgefährdung 2023 in Haushalten mit 2 Erwachsenen und mindestens 3 Kindern mit 4,3 Prozentpunkten im Vergleich zu 2022 am stärksten ab.
A5 Ausgewählte Armutsgefährdungsquoten nach soziodemografischen Merkmalen in Niedersachsen (Regionalkonzept) 2023 in Prozent sowie Veränderung zu 2022 in Prozentpunkten

Überdurchschnittliche Verbesserung der Situation in größeren Familien

In Niedersachsen war 2023 etwa jedes 5. Kind armutsgefährdet (20,7%), die Quote sank um 1,7 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr. Der Blick auf die Haushaltstypen zeigt, dass vor allem Familien mit mindestens drei Kindern und Alleinerziehendenfamilien übermäßig stark von Armutsgefährdung betroffen sind (27,3% und 41,7%). Im Vergleich zum Vorjahr ging die Quote bei den größeren Familien jedoch vergleichsweise stark zurück (-4,3 Prozentpunkte) und bei den Alleinerziehendenfamilien um 1,6 Prozentpunkte (siehe Tabelle T4 und Abbildung A5).

Dabei sei angemerkt, dass jüngste Untersuchungen des Statistischen Bundesamtes auf Bundesebene ergeben haben, dass die Armutsgefährdung in solchen Familien im Mikrozensus überschätzt wird, weil bestimmte Einkommensbestandteile wie das Kindergeld, welche insbesondere bei Alleinerziehenden einen höheren Anteil am Einkommen ausmachen als in Paarfamilien, oftmals nicht als Einkommen angegeben werden.

Armutsgefährdung bei Familien mit Migrationshintergrund

Bei Familien mit Migrationshintergrund fällt in Niedersachsen die Armutsgefährdung um ein Vielfaches höher aus als in Familien ohne Migrationshintergrund (siehe Abbildung A6 sowie Tabelle T5). Bei Paarfamilien mit einem Kind waren bei denen mit Migrationshintergrund 22,3% armutsgefährdet gegenüber denjenigen ohne Migrationshintergrund mit 3,1%. Bei Paaren mit zwei Kindern lagen die Quoten bei 22,0% und 5,6% und bei drei und mehr Kindern betrugen die Quoten 46,0% und 10,8%.

Bei Haushalten von Alleinerziehenden mit Migrationshintergrund waren 57,2% armutsgefährdet und bei denen ohne Migrationshintergrund 32,4%. Dabei sind nicht nur die Quoten von Familien mit Migrationshintergrund deutlich höher als bei den Deutschen, die absoluten Zahlen sind ebenfalls viel höher: 387.000 armutsgefährdeten Personen in Familien mit Migrationshintergrund standen 2023 insgesamt 180.000 armutsgefährdete Personen in Familien ohne Migrationshintergrund gegenüber.

Gegenüber dem Vorjahr verringerte sich die Quote bei den Familien ohne Migrationshintergrund durchweg unabhängig der Haushaltskonstellation. Bei denen mit Migrationshintergrund war dies bei den Paarfamilien mit einem Kind (+4,4 Prozentpunkte) und zwei Kindern (+1,3 Prozentpunkte) jedoch nicht der Fall.

Bei Ein-Kind-Paarfamilien lag beispielsweise das Armutsrisiko bei denen ohne Zuwanderungsgeschichte bei nur 3,1%. Bei Ein-Kind-Paarfamilien ohne Zuwanderungsgeschichte ging das Armutsrisiko um 2,0 Prozentpunkte zurück.
A6 Armutsgefährdung (Regionalkonzept) in Niedersachsen 2023 nach Haushaltstyp ohne Zuwanderungsgeschichte in Prozent sowie Veränderung zu 2022 in Prozentpunkten
Bei Alleinerziehendenfamilien, die generell ein sehr hohes Armutsrisiko aufweisen, betrug die Quote unter denjenigen mit Zuwanderungsgeschichte 57,2%. Am stärksten ging die Armutsgefährdungsquote bei Haushalten mit Zuwanderungsgeschichte mit 5,6 Prozentpunkten bei Paarfamilien mit mindestens 3 Kindern zurück.
A7 Armutsgefährdung (Regionalkonzept) in Niedersachsen 2023 nach Haushaltstyp mit Zuwanderungsgeschichte in Prozent sowie Veränderung zu 2022 in Prozentpunkten

Armutsgefährdung von Haushalten mit hohem Qualifikationsniveau gegen den Trend gestiegen

Zwar war das Armutsrisiko 2023 bei Menschen in Haushalten mit hohem formalen Qualifikationsniveau der Haupteinkommensperson auch weiterhin mit 7,6% deutlich niedriger als mit mittleren (14,5%) und niedrigem Niveau (38,3%). Im Vergleich zu 2022 ist hier jedoch gegen den Trend der Wert um 0,9 Prozentpunkte gestiegen und beim mittleren Niveau gesunken (-0,8 Prozentpunkte; niedrig: -0,1 Prozentpunkte).

Risiko bei Erwerbslosen gestiegen und bei Erwerbstätigen gesunken

Von den Erwerbstätigen waren 2023 insgesamt 8,2% armutsgefährdet. Gegenüber dem Vorjahr war dies ein Rückgang um 0,9 Prozentpunkte und gleichzeitig der niedrigste Wert seit 2020. Demgegenüber lag die Armutsgefährdungsquote unter den Erwerbslosen bei 50,5% und damit höher als in den drei Jahren zuvor. Allerdings handelte es sich dabei um 59.000 Personen gegenüber 338.000 armutsgefährdeten Erwerbstätigen. Für den Einzelnen minimiert eine Erwerbstätigkeit das Armutsrisiko nach wie vor. Gleichzeitig zeigen die absoluten Zahlen jedoch, dass von den 1,3 Millionen armutsgefährdeten Menschen jeder vierte (25,3%) einer Erwerbstätigkeit nachging, aber nur etwa jeder 23. erwerbslos war, also 4,4%. Unter den Personen im Ruhestand lag die Armutsgefährdungsquote 2023 bei 18,5%, eine leichte Zunahme gegenüber dem Vorjahr um 0,2 Prozentpunkte.

Struktur der armutsgefährdeten Bevölkerung in Niedersachsen

Anders als die Armutsgefährdungsquoten der jeweiligen soziodemografischen Gruppen zeigt die Struktur, wie sich die Zahl aller armutsgefährdeten Menschen anteilig zusammensetzt.

Armutsgefährdete Bevölkerung nach Alter:

Danach handelte es sich bei 21,7% der 1,34 Millionen armutsgefährdeten Menschen in Niedersachsen um Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren und zu 23,6% um 65 Jahre und ältere Personen (vgl. Abbildung A8). In der Gesamtbevölkerung2Bevölkerungsfortschreibung zum 31.12.2023; Basis Zensus 2011  waren hingegen nur 17,1% minderjährig, und der Anteil der 65-Jährigen und Älteren machte 22,7% aus.

Armutsgefährdete Bevölkerung nach Haushaltszusammenhang:

Bezogen auf den Haushaltszusammenhang lebten 2023 rund ein Drittel (33,9%) aller armutsgefährdeten Menschen in Niedersachsen in einem Einpersonenhaushalt (vgl. Abbildung A9). Ihr Anteil an der Bevölkerung in Hauptwohnsitzhaushalten lag jedoch nur bei rund einem Fünftel (19,8%). Personen in Haushalten mit Kindern machten 42,3% der armutsgefährdeten Bevölkerung aus.

Armutsgefährdete Bevölkerung nach Erwerbstatus:

Mit Blick auf den Erwerbsstatus lässt sich feststellen, dass 2023 mehr als ein Viertel (25,3%) aller armutsgefährdeten Menschen in Niedersachsen einer Erwerbstätigkeit nachging (vgl. Abbildung A10). Erwerbslose machten lediglich 4,4% der armutsgefährdeten Bevölkerung aus. Den größten Teil (70,3%) stellten Nichterwerbspersonen dar, worunter Kinder unter 18 Jahren und Rentnerinnen und Rentner sowie sonstige Nichterwerbspersonen wie zum Beispiel Studierende fallen. Diese Bevölkerungsgruppen haben kaum aus sich selbst heraus eine Möglichkeit, die Armutsschwelle zu überwinden, da sie (noch) nicht erwerbsfähig sind oder nicht in bedeutendem Ausmaß erwerbstätig sein können.

Armutsgefährdete Bevölkerung nach Staatsangehörigkeit:

Eine deutsche Staatsangehörigkeit hatten 69,1% aller armutsgefährdeten Personen in Niedersachsen bei einem Anteil in der Gesamtbevölkerung3Bevölkerungsfortschreibung zum 31.12.2023; Basis Zensus 2011 von 87,7%. Eine Zuwanderungsgeschichte hatten 47,4% der armutsgefährdeten Bevölkerung, in der Gesamtbevölkerung lag der Anteil dieser Personengruppe 2023 jedoch nur bei rund einem Viertel (25,7%).

Bei 21,7% der 1,34 Millionen armutsgefährdeten Menschen in Niedersachsen handelte es sich um Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, 23,5% waren Personen ab 65 Jahren.
A8 Altersstruktur der armutsgefährdeten Bevölkerung in Niedersachsen 2023. Anteile in Prozent

 

Bezogen auf den Haushaltszusammenhang lebten 2023 mit 33,9% rund ein Drittel aller armutsgefährdeten Menschen in Niedersachsen in einem Einpersonenhaushalt.
A9 Haushaltsstruktur der armutsgefährdeten Bevölkerung in Niedersachsen 2023. Anteile an allen armutsgefährdeten Personen in Prozent
Mit Blick auf den Erwerbsstatus lässt sich feststellen, dass 2023 mit 25,3% etwa ein Viertel aller armutsgefährdeten Menschen in Niedersachsen einer Erwerbstätigkeit nachging.
A10 Struktur der armutsgefährdeten Bevölkerung in Niedersachsen 2023 nach Erwerbsstatus. Anteile an allen armutsgefährdeten Personen in Prozent

Einkommensreichtum 2023: Leichter Rückgang in Niedersachsen

Neben der Armutsgefährdungsquote wird in der amtlichen Sozialberichterstattung eine Reichtumsquote berechnet. Auch diese wird über das Einkommen ermittelt, womit es sich also um eine Einkommensreichtumsquote handelt. Vermögensverhältnisse werden dagegen nicht abgebildet, auch wenn davon auszugehen ist, dass kontinuierlich hohe Einkommen in der Regel auch mit Vermögenszuwächsen einhergehen.

Als „reich“ gelten danach Personen mit mehr als 200% des monatlichen Medianeinkommens. Die Reichtumsquote gibt somit an, wie groß der Bevölkerungsanteil ist, dessen Einkommen mehr als doppelt so hoch ist wie das mittlere Einkommen der Gesamtbevölkerung. Für Einpersonenhaushalte lag der Schwellenwert im Jahr 2023 in Niedersachsen bei einem monatlichen Nettoeinkommen von 4.101 Euro. Für einen Haushalt mit 2 Erwachsenen und 2 Kindern unter 14 Jahren lag er bei 8.618 Euro.

Jede 15. Person in Niedersachsen ist einkommensreich

In Niedersachsen lag die Einkommensreichtumsquote 2023 bei 6,8%, womit etwa jede 15. Person als einkommensreich galt (vgl. Abbildung A11). Das waren 0,5 Prozentpunkte weniger als 2022. Bundesweit blieb die Quote unverändert bei 7,8%.

Die niedrigsten Quoten mit Werten zwischen 4,7% und 5,6% wiesen die ostdeutschen Flächenländer vor Niedersachsen auf. Die höchsten Quoten errechneten sich in Hamburg (9,9%), Hessen (9,2%) und Berlin (8,8%).

Gemessen am bundesweiten Durchschnittseinkommen war die Verteilung ähnlich, Bayern belegte den dritten und Berlin den vierten Rang. Für Niedersachsen errechnete sich eine Quote von 6,5%. Die ostdeutschen Flächenländer ohne Brandenburg wiesen Quoten unter 4% auf, in Hamburg lag der Wert mit 10,4% an der Spitze.

In Niedersachsen lag die Reichtumsquote 2023 bei 6,8%, womit etwa jede 15. Person als einkommensreich galt.
A11 Einkommensreichtumsquoten (Regionalkonzept) 2023 nach Ländern in Prozent

Zusammenfassung

Erstmals seit drei Jahren ist die Armutsgefährdung in Niedersachsen wieder unter 17% gefallen. Damit hat sich die Einkommenssituation der Haushalte im Durchschnitt verbessert. Dies war bei vielen Personengruppen der Fall, insbesondere bei Familienhaushalten.

Dementgegen stieg die Quote bei den Menschen mit Migrationshintergrund bei sinkendem Armutsrisiko von Menschen ohne Migrationshintergrund. Darunter vergrößerte sich das Armutsrisiko vor allem bei den Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit.

Gegen den Trend gestiegen ist zudem die Armutsgefährdung von Frauen im Seniorinnenalter. Bei den Männern in der gleichen Altersgruppe verringerte sich die Armutsgefährdung dagegen. Dabei verschärfte sich das Armutsrisiko in dieser Altersgruppe unter Frauen umso mehr, wenn diese alleine wohnen.

Blick auf die Ausgaben

Wie im Jahr zuvor gilt für 2023, wenn auch abgeschwächter, dass aufgrund der erhöhten Preisentwicklung insbesondere für Lebensmittel auch der Blick auf die Ausgabenseite nicht fehlen darf, um die soziale Lage und die Ungleichheiten umfassend zu betrachten. Zwar stiegen 2023 die Reallöhne wieder minimal nach einem Verlust im Jahr zuvor. Bei niedrigen Einkommen, bei denen der Anteil des Einkommens für das tägliche Leben, also für den Kauf von Lebensmitteln und der Wohnkosten überdurchschnittlich hoch sind, hat sich die Lage noch nicht entspannt. Die Haushaltseinkommen sind zwar gestiegen, das, was die Menschen beziehungsweise Haushalte sich davon jedoch noch leisten konnten, ist weniger geworden.

Was die Armutsgefährdung konkret für Menschen bedeutet, auf was sie aus finanziellen Gründen verzichten müssen und welche Ausgrenzung sie infolge dessen erfahren, lesen Sie demnächst in einem Beitrag zu Armutsgefährdung und sozialer Ausgrenzung.

Ein umfangreicher Überblick zur sozialen Lage in Niedersachsen findet sich im Statistikteil der Handlungsorientierten Sozialberichterstattung wieder. Dieser wird jährlich vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung herausgegebenen und im Landesamt für Statistik Niedersachsen erstellt.

Methodische Hinweise – Berechnung der Armutsgefährdungsquoten

ÄquivalenzeinkommenDas Äquivalenzeinkommen ist ein bedarfsgewichtetes Pro-Kopf-Einkommen je Haushaltsmitglied, das ermittelt wird, indem das Haushaltsnettoeinkommen durch die Summe der Bedarfsgewichte der im Haushalt lebenden Personen geteilt wird. Nach EU-Standard wird zur Bedarfsgewichtung die neue OECD-Skala verwendet. Danach wird der ersten erwachsenen Person im Haushalt das Bedarfsgewicht 1 zugeordnet, für die weiteren Haushaltsmitglieder werden Gewichte von 0,5 für Personen im Alter von 14 und mehr Jahren und 0,3 für jedes Kind im Alter von unter 14 Jahren eingesetzt, weil angenommen wird, dass sich durch gemeinsames Wirtschaften Einsparungen erreichen lassen. In Niedersachsen lag das monatliche Nettoeinkommen für einen Einpersonenhaushalt 2023 im Durchschnitt (Median) bei 2.052 Euro. Für eine Familie mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern unter 14 Jahren in einem Haushalt ergab sich ein Äquivalenzeinkommen von 4.309 Euro wie folgt: 2.052 Euro + 2.052 Euro*0,5 + 2.052 Euro*0,3*2.
ArmutsgefährdungsquoteDie Berechnungen zur Armutsgefährdungsquote werden von dem für Statistik und IT-Dienstleistungen zuständigen Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW) durchgeführt. Sie gehen zurück bis auf das Berichtsjahr 2005. Die Ergebnisse werden von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder im Internet unter www.statistikportal.de/de/sbe publiziert. Hier werden auch jährliche Daten über die „bekämpfte Armut“, also die Bezieherinnen und Bezieher von staatlichen Mindestsicherungsleistungen, veröffentlicht.
GefährdungsquotenDie Gefährdungsquoten werden sowohl auf Basis der jeweiligen regionalen Gefährdungsschwellen (Regionalkonzept) als auch auf Basis des bundesweiten Durchschnitts (Nationalkonzept) berechnet. Beide Berechnungen ergänzen einander. Angaben auf Basis des regionalen Durchschnitts konzentrieren sich auf die Verteilung des Einkommens innerhalb einer Region. Berechnungen auf Basis des bundesweiten Durchschnitts blicken stärker auf die Einkommensunterschiede zwischen den Ländern und Regionen. Insbesondere die Berechnung auf Basis bundesweiter Durchschnitte ist aber nicht frei von Verzerrungen, die sich vor allem durch regional unterschiedliche Preisniveaus und Mietkosten ergeben. Die Ausführungen dieses Artikels beziehen sich daher, wenn nicht anders angegeben, auf Armutsgefährdungs- und Reichtumsquoten, die auf Basis des regionalen Medians ermittelt wurden.
DatengrundlageZur Verkürzung des Zeitraums zwischen Ende des Erhebungsjahres und Ergebnisbereitstellung werden seit dem Erhebungsjahr 2020 zwei Ergebnisarten des Mikrozensus – Erst- und Endergebnisse – unterschieden. Sowohl Erst- als auch Endergebnisse beruhen auf vollständig aufbereiteten und validierten Daten. Die Endergebnisse basieren im Gegensatz zu den Erstergebnissen auf einer höheren Anzahl befragter Haushalte. Bei den hier verwendeten Daten handelt es sich um Erstergebnisse des Mikrozensus 2023. Für vorherige Jahre werden Endergebnisse herangezogen.
Auswertungen nach Qualifikationsniveau:Das Qualifikationsniveau wird entsprechend der internationalen Standardklassifikation des Bildungswesens (ISCED 2011) bestimmt. Niedriges Qualifikationsniveau: Höchstens Abschluss im Sekundarbereich I (Hauptschulabschluss oder mittlere Reife) und ohne beruflichen Abschluss (ISCED Stufen 0 bis 2); mittleres Niveau: Abschluss im Sekundarbereich II und im postsekundären, nicht tertiären Bereich wie ein beruflicher Abschluss mit Hochschulreife (ISCED Stufen 3 und 4). Hohes Niveau: Abschluss im Tertiärbereich, Bachelor, Master oder Promotion (ISCED Stufen 5 bis 8).
Auswertungen nach Zuwanderungsgeschichte:Eine Person hat nach dem Mikrozensus einen Migrationshintergrund bzw. eine Zuwanderungsgeschichte (synonym verwendet), wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt besitzt. Dazu zählen zugewanderte und nicht zugewanderte Ausländerinnen und Ausländer, zugewanderte und nicht zugewanderte Eingebürgerte, (Spät-)Aussiedlerinnen und Aussiedler sowie die mit deutscher Staatsangehörigkeit geborenen Kinder dieser Gruppe. Es können auch Personen, deren Zuordnung zur Bevölkerung mit Migrationshintergrund ausschließlich aus Merkmalen eines nicht im Haushalt lebenden Elternteils resultiert, identifiziert werden (Migrationshintergrund im weiteren Sinn).

Fußnoten

  • 1
    Eine Person, ob mit oder ohne deutsche Staatsangehörigkeit, hat einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt besitzt.
  • 2
    Bevölkerungsfortschreibung zum 31.12.2023; Basis Zensus 2011
  • 3
    Bevölkerungsfortschreibung zum 31.12.2023; Basis Zensus 2011