Unternehmensinsolvenzen in Niedersachsen 2024

Unternehmensinsolvenzen in Niedersachsen 2024
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Der Krieg in der Ukraine sowie daraus resultierende Handelssanktionen gegenüber Russland und hohe Energiepreise haben die Unternehmen in Niedersachsen auch 2024 belastet. Zusätzlich stellte in vielen Branchen der anhaltende Fachkräftemangel eine Erschwernis dar. Wie sich die Unternehmensinsolvenzen 2024 in Niedersachsen entwickelten, beleuchtet der folgende Beitrag.

Die eingangs genannten sowie weitere Faktoren können Unternehmen in ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen, die im Extremfall im Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens münden. Die Zahl der niedersächsischen Unternehmen, auf die dies im Jahr 2024 zutraf, stieg abermals: Der Zuwachs betrug gegenüber dem Vorjahr 33,5%.

Unternehmensinsolvenzen in Niedersachsen wieder auf Niveau von vor zehn Jahren

Im Jahr 2024 wurden bei den 33 niedersächsischen Insolvenzgerichten insgesamt 1.824 Anträge auf Eröffnung eines Unternehmensinsolvenzverfahrens aufgrund von Überschuldung und/oder (drohender) Zahlungsunfähigkeit eingereicht. Dies bedeutet zum dritten Mal in Folge einen Anstieg der Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Niedersachsen. Damit liegt die Anzahl der Verfahren mittlerweile über dem Niveau von unmittelbar vor der Corona-Pandemie. Sie befindet sich dabei aber noch unter den Werten der letzten Jahre vor 2017 bzw. in etwa auf dem Niveau von vor knapp zehn Jahren (siehe Abbildung A1).

In der Grafik ist die Entwicklung der Zahl der Unternehmensinsolvenzen sowie der betroffenen Arbeitsplätze in Niedersachsen in den letzten 15 Jahren von 2010 bis 2024 dargestellt. Die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen stieg in den letzten Jahren an, liegt in der Betrachtung zurück bis 2010 aber deutlich unter den Höchstzahlen.
A1 Unternehmensinsolvenzen in Niedersachsen im Zeitraum 2010 bis 2024

In den Pandemie-Jahren 2020 und 2021 gewährleisteten Staatshilfen sowie die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht das Fortbestehen vieler Unternehmen. Im Jahr 2021 lag die Zahl der Unternehmensinsolvenzen infolgedessen mit 1.071 Fällen auf einem historischen Tiefststand. Danach stiegen die Unternehmensinsolvenzen in Niedersachsen kontinuierlich auf 1.164 im Jahr 2022 bzw. 1.366 Verfahren im Jahr 2023 an. Damit wurde annähernd wieder das Niveau von unmittelbar vor der Pandemie erreicht (2019: 1.490 Unternehmensinsolvenzen).

15.522 Beschäftigte von Arbeitsplatzverlust bedroht

Auch große Unternehmen gerieten 2024 in wirtschaftliche Schwierigkeiten, sodass sich die Zahl der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf 15.522 Personen summierte. Dies entsprach dem zweithöchsten Wert im Zeitraum von 2010 bis 2024. Höher war die Zahl nur im Jahr 2020, in dem es zwar die drittniedrigste Anzahl an Unternehmensinsolvenzen im betrachteten Zeitraum gab, jedoch damit einhergehend 22.271 Arbeitsplätze bedroht waren.

Niedersächsisches Baugewerbe die Branche mit den meisten Insolvenzen

Die meisten Insolvenzverfahren wurden erneut von Unternehmen des Baugewerbes beantragt (siehe Abbildung A2).

In der Grafik ist die Entwicklung der Zahl der Unternehmensinsolvenzen nach Wirtschaftsabschnitten in Niedersachsen in den Jahren 2023 und 2024 dargestellt. Deutlich heraus stechen die Zahlen für die Abschnitte G Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen und F Baugewerbe.
A2 Unternehmensinsolvenzen in Niedersachsen 2023 und 2024 nach Wirtschaftsabschnitten (WZ 2008)

Unternehmen des Baugewerbes stellten im Jahr 2024 insgesamt 345 Anträge auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens und damit 36,9% mehr als im Jahr 2023. Ähnlich hohe Insolvenzzahlen gab es bei Unternehmen des Handels und der Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen mit 331 Fällen, was einem Plus von 32,4% gegenüber dem Vorjahr entspricht.

Hohe Zahl bedrohter Arbeitsplätze im Gesundheits- und Sozialwesen sowie im Verarbeitenden Gewerbe

Auffällig waren im Jahr 2024 erneut die Insolvenzzahlen im Bereich Gesundheits- und Sozialwesen, in dem es 72 Insolvenzverfahren gab. Dies bedeutete zwar einen eher unauffälligen Anteil von 3,9% an der Gesamtzahl der Unternehmensinsolvenzen in Niedersachsen. Jedoch waren von diesen Verfahren die Arbeitsplätze von 2.102 Personen bedroht, was wiederum 13,5% aller von einer Insolvenz bedrohten Arbeitsplätze entsprach. Dass im Vergleich tendenziell größere Unternehmen im Bereich Gesundheits- und Sozialwesen einen Insolvenzantrag stellten, zeigt auch die durchschnittliche Zahl der betroffenen Arbeitsplätze pro Unternehmen. Sie lag hier bei rund 29,2 Beschäftigten (gegenüber durchschnittlich 8,5 Beschäftigten über alle Branchen hinweg). Eine solche durchschnittliche Größenordnung weisen ansonsten nur die insolventen Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe auf (32,7 Beschäftigte). Hier waren durch 147 Insolvenzverfahren die Arbeitsplätze von 4.802 Menschen bedroht.

Viele Arbeitsplätze durch die Insolvenz älterer Unternehmen bedroht

Bei Stellung des Insolvenzantrags waren

  • 23,6% der Unternehmen unter drei Jahre,
  • 31,3% zwischen drei und acht Jahre und
  • 43,5% über acht Jahre

am Markt präsent. Bei 1,6% der insolventen Unternehmen wurden keine Altersangaben gemacht. In den 794 Unternehmen, die vor acht oder mehr Jahren gegründet wurden, waren 11.572 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vom Verlust ihres Arbeitsplatzes bedroht. Dies entspricht einem Anteil von 74,6% an allen bedrohten Arbeitsplätzen, wodurch die älteren insolventen Unternehmen einen deutlich überproportionalen Anteil an allen betroffenen Beschäftigten haben.

Unternehmensinsolvenzen in Niedersachsen nach Beschäftigtengrößenklassen

Der Vergleich der Unternehmensinsolvenzen in den Jahren 2023 und 2024 nach Beschäftigtengrößenklassen zeigt Abbildung A3.

In der Grafik ist die Entwicklung der Zahl der Unternehmensinsolvenzen nach der Zahl der betroffenen Beschäftigten in Niedersachsen in den Jahren 2023 und 2024 dargestellt. In den meisten Fällen verfügen die betroffenen Unternehmen über keine Beschäftigten oder es liegen keine Angaben dazu vor.
A3 Unternehmensinsolvenzen nach der Zahl der betroffenen Beschäftigten 2023 und 2024

In der Größenklasse 11 bis 100 Beschäftigte gab es 257 Unternehmensinsolvenzen und damit 37,4% mehr als im Jahr zuvor. Unter den Unternehmen mit zum Zeitpunkt der Antragsstellung gemeldeten Beschäftigten haben diese somit die größte Steigerung und auch den größten Anteil. Bei den Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten meldeten 23 eine Insolvenz an, was einem Plus von 15,0% gegenüber dem Vorjahr entspricht. Auch in den Größenklassen

  • 1 Beschäftigte(r) (+18,0%),
  • 2 bis 5 Beschäftigte (+8,3%) und
  • 6 bis 10 Beschäftigte (+10,2%)

waren Zuwächse zu verzeichnen. Bei Unternehmen, die keine Beschäftigten haben oder deren Beschäftigtenzahl unbekannt war, stieg die Zahl der Insolvenzverfahren mit 45,2% am stärksten.

Zusammenfassung

Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Niedersachsen hat das Vor-Corona-Niveau wieder erreicht, liegt aber im Rückblick bis 2010 noch deutlich unter den Höchstständen. Die meisten Insolvenzen wurden im Baugewerbe sowie im Handel und in der Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen beantragt. Auffällig ist, dass im Jahr 2024 in allen Beschäftigtengrößenklassen mehr Unternehmen Insolvenz anmelden mussten als im Jahr 2023. Insbesondere im Bereich Gesundheits- und Sozialwesen sowie im Verarbeitenden Gewerbe waren vergleichsweise große Unternehmen und dementsprechend viele Arbeitsplätze betroffen. Ebenso haben im Vergleich zu jüngeren Unternehmen diejenigen, die 8 Jahre und älter sind, einen besonders großen Anteil an den Insolvenzen sowie den betroffenen Beschäftigten.

Weitere Informationen zu den Insolvenzen in Niedersachsen erhalten Sie auf www.statistik.niedersachsen.de.