Welche niedersächsischen Einheits- und Samtgemeinden ähneln sich strukturell in den Bereichen Demografie, Wirtschaftskraft, Arbeit, Bildung, Soziales, Wohlstand und Öffentliche Finanzen? Die Clusteranalyse der Regionalstrukturen in Niedersachsen ermöglicht eine erste Einordnung sowie einen Vergleich der Gemeinden untereinander und zeigt verschiedene Entwicklungen von 2014/2016 zu 2020/2022 auf.
Eine Clusteranalyse der niedersächsischen Einheits- und Samtgemeinden
Die vorliegende Regionalanalyse teilt Niedersachsens Einheits- und Samtgemeinden in Cluster ein, die sich nach demografischen, sozialen und wirtschaftlichen Merkmalen sowie in ihrer Finanzkraft insgesamt strukturell voneinander unterscheiden.
Die Analyse leistet damit einen erweiterten Beitrag zur Regionalstatistik, der über den Vergleich regionaler Ausprägungen einzelner Indikatoren hinausgeht. Denn aufgrund unterschiedlicher Ausgangslagen in der jeweiligen kommunalen Struktur sind die Bedingungen nicht überall gleich – ein Vergleich nur strikt an Durchschnittswerten auf Landes- oder Landkreisebene scheint dann zu kurz. Mit Hilfe der Clusterung werden Gemeinden mit ähnlichen Eigenschaften identifiziert, zu einem Cluster zusammengefasst und es wird herausgestellt, wie sich diese Gruppen von Einheits- und Samtgemeinden untereinander unterscheiden.
Eigenschaften der Cluster
Die Cluster sollen dabei in sich homogen sein, die jeweiligen Verwaltungseinheiten also untereinander viele Ähnlichkeiten aufweisen. Die Cluster untereinander sollten dagegen möglichst heterogen sein, also möglichst wenige Ähnlichkeiten miteinander aufweisen. Die Cluster-Anzahl hängt von den Daten und deren Ähnlichkeiten bzw. Unterschieden ab. So kann auch die Anzahl der Mitglieder der Cluster völlig unterschiedlich sein. Die Mitglieder eines Clusters müssen nicht unbedingt räumlich zusammenhängen, auch wenn das oft der Fall ist, weil strukturelle Besonderheiten und Entwicklungspfade meist ganze Regionen betreffen. So kommen in bestimmten Regionen einige Cluster gar nicht, andere häufig vor. Die räumliche Verteilung und Anzahl der Mitglieder in einzelnen Clustern können so auch Informationen darüber liefern, wie heterogen übergeordnete administrative Einheiten zum Beispiel Kreise in sich sind.
Analyse für Niedersachsen auf Ebene der Einheits- und Samtgemeinden
Für Niedersachsen wurde im Landesamt für Statistik Niedersachsen (LSN) zuletzt 2018 eine solche Clusteranalyse auf Ebene der Einheits- und Samtgemeinden erstellt.1Lehmann, Arne/Skorka, Rita: Regionalstrukturen in Niedersachsen auf Gemeindeebene. Eine Clusteranalyse der niedersächsischen Einheits- und Samtgemeinden, in: Statistische Monatshefte Niedersachsen (Landesamt für Statistik Niedersachsen) 8/2018, S. 387-399. Die folgende Clusteranalyse knüpft mit dem gleichen Indikatorenset daran an und betrachtet den Zeitraum 2020 bis 2022. Aufgrund von Gebietsänderungen und schließlich auch im Ergebnis einer unterschiedlichen Anzahl von Clustern können die Ergebnisse der beiden Analysen jedoch nicht unmittelbar miteinander verglichen werden. Es werden in der vorliegenden Analyse jedoch auch die Entwicklungen der Indikatoren für den Vergleichszeitraum 2014 bis 2016 mit betrachtet.
Die Analyse berücksichtigt 12 Indikatoren aus den Themenbereichen
- Demografie,
- Wirtschaftskraft,
- Arbeit,
- Bildung,
- Soziales,
- Wohlstand und
- Öffentliche Finanzen.
Indikatorenauswahl
Bei der gegenüber 2018 unveränderten Indikatorenauswahl musste zum einen die Datenverfügbarkeit berücksichtigt werden. Nicht alle regionalstatistischen Messzahlen, wie zum Beispiel das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als Indikator für die regionale Wirtschaftskraft, liegen kleinräumig bis auf Ebene der Einheits- und Samtgemeinden vor. Zum anderen wurde geprüft, ob bestimmte Indikatoren sehr stark miteinander korrelieren, d. h. ob eine Variable durch eine andere (fast) vollständig erklärbar ist.
Korrelationskoeffizienten
In Tabelle T1 sind die Korrelationskoeffizienten aufgeführt, deren Werte zwischen -0,38 und +0,67 liegen. Bei den Variablenpaaren sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (SVB) am Arbeitsort je 1.000 Einwohnerinnen und Einwohnern und den Gewerbesteuereinnahmen pro Kopf (Korrelationskoeffizient r = 0,67) sowie bei den SVB und dem Anteil der Ausländerinnen und Ausländer (r = 0,63) lag eine deutliche Korrelation vor. Es gab also einen linearen Zusammenhang, wonach die Indikatoren in einer statistisch messbaren (jedoch nicht zwingend kausalen) Beziehung zueinander stehen. Dies wurde jedoch nicht als kritisch in dem Sinne eingestuft, als einer der Indikatoren aufgrund der Höhe der Werte des Korrelationskoeffizienten aus der Analyse ausgeschlossen wurde.2Der Korrelationskoeffizient kann Werte zwischen [-1; +1] annehmen. Bei einem Wert von [+1] (bzw. [-1]) besteht ein vollständig positiver (bzw. negativer) linearer Zusammenhang zwischen den betrachteten Merkmalen. Bei einem Wert von [0] hängen die beiden Merkmale überhaupt nicht linear voneinander ab. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist, dass kein linearer Zusammenhang zwischen der Bevölkerungsdichte und der Anzahl der Lebendgeborenen je 1.000 Frauen im Alter zwischen 15 und unter 50 Jahren in einer Region besteht (r = -0,06). Das heißt, die Geburtenhäufigkeit lässt sich nicht aus der Tatsache ableiten, ob eine Region eher ländlich oder städtisch geprägt ist.
Eine Gewichtung der Indikatoren wurde nicht vorgenommen, sodass jeder Indikator mit demselben Faktor in die Analyse einging.
Demografie
Als Ausgangspunkt dient die demografische Situation in Niedersachsen. Um diese ausreichend abzubilden, wurden hier fünf Indikatoren ausgewählt (Durchschnitt der Jahre 2020 bis 2022):
1. Lebendgeborene je 1.000 Frauen im Alter zwischen 15 und unter 50 Jahren
Der Indikator Lebendgeborene je 1.000 Frauen im Alter zwischen 15 und unter 50 Jahren gibt die Geburtenhäufigkeit an. Je höher dieser Wert ist, desto eher kann angenommen werden, dass das Umfeld als familienfreundlich angesehen werden kann.
Beeinflussende Faktoren:
- Kinderbetreuungssituation,
- Vereinbarkeit von Familie und Beruf,
- Erreichbarkeit von Schulen und
- weitere nicht immer messbare weiche Faktoren.
2. Wanderungssaldo je 1.000 Einwohnerinnen und Einwohner
Der Wanderungssaldo kann als Gradmesser für die Attraktivität einer Region gesehen werden. Ist der Saldo positiv, zieht es mehr Menschen an einen bestimmten Ort als von dort wegziehen. Je höher ein lang anhaltender positiver Wanderungssaldo ist, umso attraktiver ist der Standort.
Wanderungsgründe
Je nach Altersgruppe sind die Gründe für den Zu- und Wegzug in der Regel unterschiedlich und bestimmt durch den Lebenslauf: 18 bis unter 25 Jahre vor allem bildungsorientiert; 25 bis unter 35 Jahre vor allem Erwerbstätigkeit; ab 35 bis unter 45 Jahre insbesondere familienbedingt (Familiengründung beziehungsweise Familienerweiterung). Ab 45 Jahren nimmt die Wanderungsintensität eher ab und die Wanderungsgründe im Rentenalter ändern sich hin zu altersgerechtem Wohnen. In jeder Lebensphase bestimmt ein unterschiedlicher individueller Bedarf an vorgehaltener Daseinsvorsorge mit entsprechender Infrastruktur darüber mit, ob Menschen zu- oder wegziehen. Darüber hinaus werden Wanderungsbewegungen natürlich auch durch weltpolitische Entwicklungen wie Kriege oder Fluchtbewegungen beeinflusst.
3. Verhältnis der Kinder zu Seniorinnen und Senioren
Das Verhältnis der Kinder zu den Seniorinnen und Senioren, gemessen an der Anzahl der Kinder unter 15 Jahren pro 100 Menschen ab 75 Jahren, gibt Aufschluss darüber, wie jung oder alt die Bevölkerung einer Stadt oder Gemeinde ist. Eine langfristige Abnahme dieses Verhältnisses kann auf eine zunehmend alternde Region hinweisen.
Beeinflussende Faktoren:
- Attraktivität eines Standortes für Familien mit Kindern bzw. für Menschen im Rentenalter,
- zielgruppenspezifische regionale Daseinsvorsorgeangebote,
- Arbeitsplatzangebot,
- Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
4. Bevölkerungsdichte
Die Bevölkerungsdichte (Einwohnerinnen und Einwohner je Quadratkilometer) gibt Auskunft darüber, wie urban oder ländlich die Stadt beziehungsweise die Gemeinde geprägt ist. Je niedriger die Bevölkerungsdichte, desto ländlicher ist auch das Gebiet, was auch Unterschiede in Wirtschaft, Infrastruktur, Kultur und Gesellschaft bedeuten kann. Dabei sind die Grenzen fließend. Ebenso wie es alternde ländliche Regionen gibt, gibt es Städte, auf die das gleiche zutrifft, genauso wie es wirtschaftlich prosperierende Städte wie Dörfer gibt.
5. Anteil der Ausländerinnen und Ausländer an der Bevölkerung
Der Indikator Anteil der Ausländerinnen und Ausländer an der Bevölkerung wurde gewählt, um Aussagen über den Integrationsbedarf beziehungsweise auch der Integrationsleistung einer Gemeinde oder Stadt machen zu können. In vielen Bereichen, sei es auf dem Arbeitsmarkt, der Bildung oder im Bereich Soziales, unterscheiden sich die Bedingungen, Ausgangslagen, Möglichkeiten oder Problemlagen von Nichtdeutschen signifikant von denen der Deutschen. Für Städte und Gemeinden bedeutet ein hoher Anteil an Ausländerinnen und Ausländern, dass sie diese Herausforderung im Auge behalten und durch passende Maßnahmen und Angebote die Integration fördern müssen. Ein hoher Anteil an Ausländerinnen und Ausländern kann gleichzeitig auch als Attraktivität eines Wirtschaftsstandortes gesehen werden und ist häufig auch mit einem höheren Wanderungssaldo aus dem Ausland verbunden.
Wirtschaftskraft
Im Bereich Wirtschaft ist es aufgrund der Datenlage schwierig, umfassende Daten auf Gemeindeebene darzustellen. Für diesen Themenbereich wurden näherungsweise zwei Indikatoren ausgewählt (Durchschnitt der Jahre 2020 bis 2022):
1. Gewerbesteuereinnahmen (Grundbetrag brutto) pro Kopf in Euro
Die Gewerbesteuereinnahmen sollen als Ersatzindikator für das Bruttoinlandsprodukt dienen, das nur bis auf Kreisebene berechnet wird. Dabei werden jedoch einige Wirtschaftsbereiche wie Landwirtschaft, Gesundheitswesen und viele freie Berufe, die größtenteils von der Gewerbesteuer befreit sind, nicht mit einbezogen. Dies kann im Einzelfall für Verzerrungen sorgen, wenn es sich um Gemeinden oder Städte handelt, bei denen diese genannten Wirtschaftsbereiche stärker vertreten sind. Betrachtet wird der Grundbetrag (brutto), der die unterschiedlichen Hebesätze in den Gemeinden nicht mit einbezieht.
2. Arbeit: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte je 1.000 Einwohnerinnen und Einwohner
Zwar bildet die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten kein vollständiges Bild der Beschäftigungssituation vor Ort ab, allerdings ist die Gesamtzahl aller Erwerbstätigen auf Gemeindeebene nicht aktuell verfügbar. Die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten stellen aber etwa drei Viertel der Erwerbstätigen in Niedersachsen; die übrigen sind vor allem Beamtinnen und Beamte und Selbstständige. Weil eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung jedoch eine gewisse Absicherung mit sich bringt, wird hierbei auch immer von „guter Arbeit“ gesprochen, die nicht nur die Beschäftigten absichert, sondern auch zur Aufrechterhaltung des Sozialsystems beiträgt. Je höher also die Anzahl der Beschäftigten vor Ort gemessen an den Einwohnerinnen und Einwohnern, desto besser kann zunächst die Arbeitsmarktlage gesehen werden. Im Folgenden wird der Indikator aus Gründen der schnelleren Lesbarkeit auch als Arbeitsplatzdichte bezeichnet (Quelle: Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit).
Bildung
Im Bereich Bildung wurden für die Clusteranalyse zwei Indikatoren ausgewählt:
1. Besuchsquote von Kindern im Alter von 0 bis unter 3 Jahren in Kindertagesstätten
Die Besuchsquote von Kindern im Alter von 0 bis unter 3 Jahren in Kindertagesstätten wird an der gleichaltrigen Bevölkerung gemessen. Der Indikator gibt Hinweise auf die Organisation der frühkindlichen Bildung sowie auf die Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Oftmals ermöglicht erst eine nichtfamiliäre Betreuung, dass insbesondere Mütter bzw. beide Elternteile erwerbstätig sein können. Der Indikator kann auch im Zusammenhang mit der Frage nach genügend altersgerechten Betreuungsplätzen gesehen werden und wie stark das Betreuungsangebot genutzt wird.
Hinweis:
Aufgrund der Datenverfügbarkeit können nur Kinder in Kindertagesstätten berücksichtigt werden. Daten zur Kindertagespflege auf Ebene der Einheits- und Samtgemeinden sind nicht verfügbar. In Einzelfällen kann es daher in Kommunen, in denen der Anteil der Kinder in Tagespflege überdurchschnittlich hoch ist, zu Verzerrungen kommen.
2. Schulabgängerinnen und -abgänger ohne Abschluss sowie Absolventinnen und Absolventen mit Hauptschulabschluss3Aufgrund der Umstellung vom achtjährigen („G8“) zum neunjährigen Gymnasium („G9“) in Niedersachsen und dem damit „fehlenden“ Abiturjahrgang 2020 wurde bei der Berechnung des Indikators der Durchschnitt der Jahre 2019, 2021 und 2022 als Grundlage herangezogen und nicht der Durchschnitt der Jahre 2020 bis 2022.
Der Anteil der Schulabgängerinnen und -abgänger mit maximal Hauptschulabschluss an allen Abgängerinnen und Abgängern sowie Absolventinnen und Absolventen mit maximal Realschulabschluss an allgemein bildenden Schulen ist ein Indikator für eine potentiell schwierige Teilhabe am Arbeitsmarkt, dessen Anforderungen an die Qualifikation sich deutlich erhöht haben. Je höher die Qualifikation, desto besser sind auch die beruflichen Arbeitsmarktchancen. Da nicht alle Gemeinden über alle Schulformen bis zum Gymnasium verfügen, wurde nicht der Anteil an allen Absolventinnen und Absolventen gewählt, sondern das Verhältnis zu denen mit maximal Realschulabschluss. In Gemeinden, in denen das Schulangebot auf den Hauptschulabschluss beschränkt ist, wurde jeweils der Kreisdurchschnitt für die Gemeinde zugrunde gelegt.
Soziales in Niedersachsen
Der Themenbereich Soziales wird durch einen Indikator dargestellt:
Mindestsicherungsquote (Durchschnitt der Jahre 2020 bis 2022)
Als Sozialindikator fließt in die Clusteranalyse die Mindestsicherungsquote ein. Sie gibt Auskunft über die Zahl der Menschen, die auf existenzsichernde finanzielle Hilfen des Staates angewiesen sind. Darunter fallen folgende Hilfearten:
- Leistungen nach dem SGB II (Bürgergeld, ehemals Arbeitslosengeld II und Sozialgeld),
- die Sozialhilfe nach dem SGB XII (Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen und die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) und
- die Regelleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Mit diesem Indikator können Aussagen über das Ausmaß der „bekämpften Armut“ getroffen werden.
Wohlstand
Das Wohlstandsniveau wird über einen Indikator abgebildet:
Gesamtbetrag der Einkünfte pro Steuerpflichtigen (Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2019)
Der Indikator Gesamtbetrag der Einkünfte pro Steuerpflichtigen gibt Auskunft über das Einkommen und damit über das durchschnittliche Wohlstandsniveau der Bevölkerung. Der Gesamtbetrag der Einkünfte pro Steuerpflichtigen stellt die Summe aller Einkünfte dar, die Steuerpflichtige im Laufe eines Steuerjahres erzielen, bevor bestimmte Abzüge und Freibeträge berücksichtigt werden. Zusammen veranlagte Ehepaare gelten als ein Steuerpflichtiger.
Öffentliche Finanzen
Zur Abbildung der finanziellen Situation wurde ein Indikator herangezogen (Durchschnitt der Jahre 2020 bis 2022):
Saldo der bereinigten laufenden Ein- und Auszahlungen (Freie Spitze)
Im Hinblick auf die finanzielle Situation der Einheits- und Samtgemeinden gibt der Saldo aus den bereinigten laufenden Ein- und Auszahlungen („freie Spitze“) Auskunft über die finanzielle Leistungsfähigkeit einer Kommune und somit über ihren Handlungsspielraum. Diese so genannte „freie Spitze“ ist in der kameralistischen Haushaltsführung der Überschuss an frei verfügbaren Haushaltsmitteln: Wenn der Zuführungsbetrag höher ist als die Pflichtzuführung, verfügt die Kommune über eine „freie Spitze“. Wenn er geringer ausfällt, ist der Haushalt nicht ausgeglichen und weist einen Fehlbedarf aus. Allerdings kann einerseits eine niedrige „freie Spitze“ bzw. ein Fehlbetrag auch durch schon zuvor eingeplante Haushaltsausgaben entstehen. Der Handlungsspielraum wurde also schon genutzt. Andererseits kann eine (hohe) „freie Spitze“ auch aus extremer Sparpolitik entstehen, die notwendige Ausgaben vermeidet. Auch hier sollte im Einzelfall die finanzielle Situation individuell betrachtet werden.
Niedersachsen in vier Clustern
Vier Cluster sind schließlich aus der Analyse der Strukturindikatoren hervorgegangen. Die Festlegung erfolgte dabei unter Betrachtung statistischer Messzahlen und der sachlogischen Handhabbarkeit der Anzahl der Cluster. In ihrer namentlichen Bezeichnung wurden sie aufgrund ihrer Bevölkerungsdichte als mehr oder weniger ländlich oder städtisch charakterisiert. Diese Bezeichnungen haben jedoch keinen „amtlichen“ Charakter und werden mitunter einigen Verwaltungseinheiten nicht gerecht, überwiegend trifft die Betitelung jedoch zu. Die regionale Verteilung der Clustermitglieder zeigt Abbildung A1.
In folgende vier Cluster wurden die 403 Einheits- und Samtgemeinden eingeteilt (siehe Tabelle T2). In Klammern ist die jeweilige Anzahl und dieser folgend der Anteil an allen Einheits- und Samtgemeinden zu finden:
Überwiegend …
- ländliche Gebiete in Ballungsräumen: Cluster 1 (100), 24,8%
- ländliche strukturschwache Gebiete: Cluster 2 (174), 43,2%
- mittlere und große Städte: Cluster 3 (58), 14,4%
- ländliche strukturstarke Gebiete: Cluster 4 (71), 17,6%.
Ergebnisse4Alle Werte beziehen sich auf die in der jeweiligen Indikatorenbeschreibung angegebenen Durchschnitte der Berichtsjahre 2020 bis 2022 und im zeitlichen Vergleich auf die Berichtsjahre 2014 bis 2016, wenn nicht anders angegeben. Siehe hierzu auch Tabelle T3. der Clusteranalyse für Niedersachsen
“Überwiegend ländliche Gebiete in Ballungsräumen” – Cluster 1
Der Cluster 1 „Überwiegend ländliche Gebiete in Ballungsräumen“ umfasst mit 100 Verwaltungseinheiten ein Viertel der niedersächsischen Einheits- und Samtgemeinden. Die überwiegende Mehrheit liegt in den so genannten Speckgürteln größerer Städte und Regionen wie
- Hamburg/Lüneburg,
- Bremen/Oldenburg,
- Hannover und
- Braunschweig/Wolfsburg.
Im Durchschnitt der Jahre 2020 bis 2022 lebten hier rund 1,5 Millionen Menschen, was etwa ein Fünftel (19,0%) der Bevölkerung Niedersachsens ausmachte. Die durchschnittliche Bevölkerungsdichte betrug 151,9 Einwohnerinnen und Einwohner je Quadratkilometer, womit der Cluster weniger stark ländlich geprägt ist als zwei der anderen Cluster.
Junge Bevölkerungsstruktur
Die Bevölkerungsindikatoren lagen 2020/2022 bis auf den vergleichsweise niedrigen Ausländeranteil (7,0%) auf dem zweiten Rang im Clustervergleich: Die Gemeinden kennzeichnet eine überdurchschnittlich hohe Geburtenrate (47,9 Lebendgeborenen je 1.000 Frauen im Alter von 15 bis unter 50 Jahren), eine vergleichsweise junge Bevölkerungsstruktur (131,1 Kinder unter 15 Jahren je 100 ab 75-Jährige; Niedersachsen: 123,8) und den zweithöchsten Nettozuzug (+10,8 je 1.000 Einwohnerinnen und Einwohner, Niedersachsen: +9,7).
Auspendelgemeinden mit hohem Wohlstandsniveau
Wie oft typisch für Gemeinden in so genannten Speckgürteln handelt es sich dabei eher um Auspendlergemeinden mit vergleichsweise hohen Einkommen: So wiesen 2020/2022 diese dem Cluster zugehörigen Gemeinden zusammengenommen die wenigsten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (239,9) je 1.000 Einwohnerinnen und Einwohner auf. Auch die Wirtschaftskraft bezogen auf die Höhe der Gewerbesteuereinnahmen pro Kopf fiel deutlich unterdurchschnittlich aus (105,62 Euro; Niedersachsen: 138,69 Euro). Der Gesamtbetrag der Einkünfte von durchschnittlich 45.560 Euro (2017/2019) je Steuerpflichtigen war jedoch der höchste unter den Clustern (Niedersachsen5Durchschnitt der 403 Einheits- und Samtgemeinden.: 40.450 Euro), auch wenn 13 Gemeinden in diesem Cluster unter dem Niedersachsendurchschnitt lagen.
Niedrige Mindestsicherungsquote, hohe U3-Besuchsquote in Kitas
Gleichzeitig fiel die Mindestsicherungsquote 2020/2022 mit 5,1% am niedrigsten aus. Nur zwei Gemeinden lagen dabei über dem niedersächsischen Durchschnittswert. Mit einem Saldo der bereinigten Ein- und Auszahlungen von 208,95 Euro liegt der Cluster auf Rang 2. Hervorzuheben ist außerdem die höchste U3-Besuchsquote von Kindertagesstätten, die mit 29,6% um 3,7 Prozentpunkte über dem Durchschnitt lag.
Entwicklungen seit 2014/2016
Die Entwicklung der Geburtenrate fiel zwar höher aus als in zwei anderen Clustern. Das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Kindern und Seniorinnen und Senioren ist ausgehend vom zweithöchsten Clusterniveau entgegen des Trends jedoch zurückgegangen.
Weitere überdurchschnittliche Entwicklungen betreffen die 2014/2016 ohnehin schon höchste Besuchsquote von Kindern in Kindertagesstätten (+5,1 Prozentpunkte; Durchschnitt: +3,5 Prozentpunkte) und die vom niedrigsten Niveau 2014/2016 ausgehende sozialversicherungspflichtige Beschäftigung (+11,2%; zweithöchster Zuwachs). Auch der Saldo der bereinigten Ein- und Auszahlungen hat sich stärker erhöht als in zwei anderen Clustern.
Die Mindestsicherung war bereits 2014/2016 am niedrigsten, und der Gesamtbetrag der Einkünfte ist ausgehend vom höchsten Niveau absolut am stärksten gestiegen.
“Überwiegend ländliche strukturschwache Gebiete” – Cluster 2
Cluster 2 umfasst mit 174 Verwaltungseinheiten die meisten Einheits- und Samtgemeinden, die sich über das gesamte Land verteilen. Hier lebten 2020/2022 rund 2,2 Millionen Menschen, was mehr als einem Viertel (27,2%) der niedersächsischen Bevölkerung entsprach. Mit einer Bevölkerungsdichte von durchschnittlich nur 102,5 Einwohnerinnen und Einwohnern pro Quadratkilometer handelt es sich in den meisten Fällen um sehr ländliche Gemeinden. Allerdings fallen in den Cluster auch 21 Gemeinden mit einer fast doppelt so hohen Einwohnerdichte.
Älteste Bevölkerungsstruktur
In dem Cluster kamen 2020/2022 auf 100 Seniorinnen und Senioren nur 116,9 Kinder, womit Cluster 2 die älteste Bevölkerungsstruktur aufweist. Gleichzeitig fiel die Geburtenrate mit 46,9 Lebendgeborenen je 1.000 Frauen im gebärfähigen Alter am zweitniedrigsten aus, auch wenn es in 44 der Einheits- und Samtgemeinden mehr als 50 Lebendgeborene waren (Niedersachsen: 46,7). Der Wanderungssaldo war dagegen mit 11,2 Zuzügen je 1.000 Einwohnerinnen und Einwohner am höchsten, und der Anteil der Ausländerinnen und Ausländer an der Gesamtbevölkerung fiel unterdurchschnittlich aus (7,3%).
Niedrigste Wirtschaftskraft, geringer Wohlstand
Die Wirtschaftskraft der in dem Cluster liegenden Gemeinden war 2020/2022 gemessen an den Gewerbesteuereinnahmen von 89,70 Euro pro Kopf am niedrigsten (Niedersachsendurchschnitt: 138,69 Euro). Zudem war der Arbeitsplatzbesatz mit 250,9 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten unterdurchschnittlich (Niedersachsen: 382,4).
Der Wohlstand der Bevölkerung gemessen am Gesamtbetrag der Einkünfte je Steuerpflichtigen war im Betrachtungszeitraum 2020/2022 in diesem Cluster zudem mit 38.452 Euro vergleichsweise niedrig. In 36 der Gemeinden fiel er jedoch auch mindestens durchschnittlich hoch aus, im Flecken Bovenden mit 49.305 Euro am höchsten, rund 20.000 Euro mehr als in der Gemeinde Clausthal-Zellerfeld, die den niedrigsten Wert erreichte.
Von Mindestsicherungsleistungen abhängig waren 2020/2022 in dem Cluster 6,5% der Bevölkerung, das war der zweithöchste Wert nach dem sehr städtisch geprägten Cluster 3.
Niedrigste Kita-Besuchsquote von unter Dreijährigen
Die Kita-Besuchsquote der unter Dreijährigen lag bei 23,2% und fiel damit im Clustervergleich am niedrigsten aus. 45 Gemeinden lagen bei weniger als 20%. Dabei gibt es auch 29 Gemeinden, die einen Wert von mehr als 30% aufwiesen und damit deutlich über dem Niedersachsendurchschnitt von 25,9% lagen, darunter das Amt Neuhaus mit 56,6%.
Der Saldo der bereinigten Ein- und Auszahlungen (“freie Spitze”) erreichte 2020/2022 mit 201,68 Euro pro Kopf Rang 3 unter den vier Clustern.
Entwicklungen seit 2014/2016
Die Anzahl der Lebendgeborenen hat sich besser entwickelt als in zwei weiteren Clustern. Das Kinder-Seniorinnen-und-Senioren-Verhältnis fiel um einen Rangplatz, trotz leichter Verbesserung der Kennziffer. Bemerkenswert war der Anstieg des 2014/2016 noch niedrigsten Wanderungssaldos um das Dreieinhalbfache zum höchsten Wert aller Cluster. Der Anstieg beim Arbeitsplatzbesatz fiel im Vergleich der Cluster am niedrigsten aus; der Cluster nahm jedoch unverändert Rang 2 ein. Die Mindestsicherung, 2014/2016 wie 2020/2022 auf Rang 2, verringerte sich dagegen stärker als im Durchschnitt. Die Einkünfte je Steuerpflichtigen, die 2014/2016 am niedrigsten ausfielen, entwickelten sich nicht stärker als in den anderen Clustern.
“Überwiegend mittlere und große Städte” – Cluster 3
Cluster 3 „Überwiegend mittlere und große Städte“ umfasst zwar mit 58 Verwaltungseinheiten die wenigsten Gemeinden unter den Clustern, allerdings lebten hier im Durchschnitt der Jahre 2020 bis 2022 mit 3,3 Millionen Menschen anteilig die meisten Einwohnerinnen und Einwohner Niedersachsens (40,5%). In den häufigsten Fällen handelt es sich, wie die Betitelung des Clusters zeigt, um mittlere und große Städte. Die Bevölkerungsdichte sticht so auch mit 539,2 Einwohnerinnen und Einwohnern je Quadratkilometer deutlich unter den Clustern hervor. Neben allen kreisfreien Städten und der Landeshauptstadt Hannover fallen 26 der 38 Kreisstädte in diesen Cluster.
Wie bei den anderen Clustern auch, sind Gemeinden dieses Clusters über das ganze Land verteilt mit dem Unterschied, dass sie überwiegend als „Inseln“ im Ländlichen auftauchen, abgesehen von mehreren Städten in der Region Hannover und im Landkreis Schaumburg.
Geburtenrate und Wanderungssaldo am niedrigsten
Die Geburtenrate (45,2 Lebendgeborene je 1.000 Frauen zwischen 15 und unter 50 Jahren) als auch der Wanderungssaldo (+7,9 je 1.000 Einwohnerinnen und Einwohner) fielen 2020/2022 im Clustervergleich am niedrigsten aus. Das Kinder-Seniorinnen-und-Senioren-Verhältnis war unterdurchschnittlich und der Anteil der Ausländerinnen und Ausländer lag mit 14,5% an der Spitze der Clusterrangfolge (Niedersachsen: 10,7%).
Erster Platz beim Arbeitsplatzbesatz
Insbesondere beim Arbeitsplatzbesatz zeigt sich das Städtische des Clusters. Mit 519,9 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten je 1.000 Einwohnerinnen und Einwohnern im Durchschnitt der Jahre 2020 bis 2022, was anders ausgedrückt mehr als eine beschäftigte Person auf zwei Einwohnerinnen und Einwohner bedeutet, belegt der Cluster mit Abstand den ersten Rang. Die Wirtschaftskraft gemessen an der Höhe der Gewerbesteuereinnahmen pro Kopf fiel klar überdurchschnittlich aus und liegt mit 159,18 Euro auf dem zweiten Rang.
Die Einkommen in den Städten und Gemeinden des Clusters gemessen am Gesamtbetrag der Einkünfte je Steuerpflichtigen fielen 2017/2019 allerdings in 46 der 58 Städte und Gemeinden dieses Clusters unterdurchschnittlich bis stark unterdurchschnittlich (weniger als 35.000 Euro in 12 Gemeinden, darunter die kreisfreien Städte Salzgitter, Delmenhorst, Emden und Wilhelmshaven) aus.
Hohe Abhängigkeit von Mindestsicherungsleistungen
Zudem sind deutlich öfter als in den anderen Clustern die Menschen von Mindestsicherungsleistungen abhängig. Die Quote lag 2020/2022 bei 12,3% und damit fast doppelt so hoch wie im nächst folgenden Cluster 2. Nur 11 Gemeinden wiesen eine unterdurchschnittliche Quote auf.
Die Betreuungssituation im U3-Bereich war dagegen durchschnittlich ausgeprägt: Die Quote erreichte 2020/2022 mit 25,9% exakt den niedersächsischen Durchschnitt.
Die kommunalen Haushalte haben im Vergleich zu den anderen Clustern den kleinsten finanziellen Spielraum; der Saldo der bereinigten Ein- und Auszahlungen von 184,25 Euro im Durchschnitt der Jahre 2020/2022 war hier der niedrigste.
Entwicklungen seit 2014/2016
Zwar erhöhte sich ebenso wie in allen anderen Clustern die Geburtenrate, allerdings hier am schwächsten (+2,3 gegenüber 4,7 im Durchschnitt), was dazu führte, dass der Cluster vom 2. auf den 4. Rang rutschte. Zudem war der Wanderungssaldo im Vergleichszeitraum 2014/2016 noch höher und ging entgegen dem Trend zurück (-2,4; Niedersachsen: +4,4). Das Kinder-Seniorinnen-und-Senioren-Verhältnis hat sich demgegenüber etwas verbessert und zwar mit 5,2 fast doppelt so stark wie der Durchschnitt (+2,8 Kinder). Ebenfalls überdurchschnittlich entwickelte sich der Anteil der Ausländerinnen und Ausländer an der Gesamtbevölkerung.
Die Gewerbesteuereinnahmen waren 2014/2016 bereits am zweithöchsten, sind aber am schwächsten gestiegen im Vergleich zu 2020/2022. Auch der Arbeitsplatzbesatz war 2014/2016 schon am höchsten, der Gesamtbetrag der Einkünfte wuchs prozentual auf durchschnittlichem Niveau. Verschlechtert hat sich gegen den Trend der Saldo der bereinigten Ein- und Auszahlungen, der 2014/2016 noch am zweithöchsten unter den Clustern lag. Die Mindestsicherung ging in den Gemeinden des Clusters am schwächsten zurück, sodass auch die Abstände zu den anderen Clustern noch einmal deutlicher wurden.
“Überwiegend ländliche strukturstarke Gebiete” – Cluster 4
In Cluster 4 „Überwiegend ländliche strukturstarke Gebiete“ fallen 71 Einheits- und Samtgemeinden, die schwerpunktmäßig im Westen des Landes vorzufinden sind und auch alle Ostfriesischen Inseln umfassen. Die hier zusammengefassten eher dünn besiedelten Kommunen (121,3 Einwohnerinnen und Einwohner je Quadratkilometer) mit insgesamt rund 1,1 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern wiesen 2020/2022 im Clustervergleich die jüngste Bevölkerungsstruktur auf mit 146,1 Kindern je 100 Einwohnerinnen und Einwohner ab 75 Jahren. Zudem war hier die Geburtenrate mit 49,7 Lebendgeborenen je 1.000 Frauen zwischen 15 und unter 50 Jahren am höchsten. Es gibt aber auch drastische Ausnahmen: In 10 Gemeinden, darunter 6 Ostfriesische Inseln, gab es weniger Kinder als Seniorinnen und Senioren.
Hohe Wirtschaftskraft
Die Nettozuzüge mit +10,3 je 1.000 Einwohnerinnen und Einwohner spielten 2020/2022 eine etwas kleinere Rolle beim Bevölkerungszuwachs als in zwei der anderen Cluster. Der Anteil der Ausländerinnen und Ausländer lag im gleichen Zeitraum mit 11,0% leicht über dem niedersächsischen Durchschnitt (10,7%).
Wirtschaftlich sind die den Cluster umfassenden Gemeinden vergleichsweise sehr gut aufgestellt. Das Grundaufkommen der Gewerbesteuereinnahmen lag 2020/2022 mit durchschnittlich 223,86 Euro pro Kopf mit Abstand an erster Stelle unter den Clustern. Darüber hinaus sind die öffentlichen Haushalte sehr solide aufgestellt: Der Saldo der bereinigten Ein- und Auszahlungen fiel mit 425,54 Euro mehr als doppelt so hoch aus wie im Cluster mit dem zweithöchsten Wert.
Einkünfte je Steuerpflichtigen leicht überdurchschnittlich
Die Einkünfte je Steuerpflichtigen lagen im Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2019 mit 41.208 Euro leicht über dem Durchschnitt der niedersächsischen Einheits- und Samtgemeinden (40.450 Euro). Überdurchschnittlich fiel auch der Arbeitsplatzbesatz aus: Auf 1.000 Einwohnerinnen und Einwohner kamen 2020/2022 insgesamt 435,5 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (Niedersachsen: 382,4).
Mit einem Anteil von 5,5% an der Bevölkerung waren 2020/2022 vergleichsweise wenige Menschen von Mindestsicherungsleistungen abhängig (Durchschnitt: 8,5%). Die Kinderbetreuung im U3-Bereich erreichte dagegen nur ein durchschnittliches Niveau (25,7%). Allerdings lagen auch 37 Gemeinden des Clusters über dem Durchschnitt.
Entwicklungen seit 2014/2016
Bei diesem Cluster entsprach das Ranking aller Einzelindikatoren dem Ranking 2014/2016. Dabei stachen die Gewerbesteuereinnahmen bereits damals als höchste unter den Clustern hervor und steigerten sich zusätzlich stärker als in den anderen drei Clustern. Zudem legte die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am stärksten zu, so dass sich der Abstand zum Cluster der mittleren und großen Städte verringert hat.
Gleiches ist bei der Entwicklung der Kindertagesbetreuung in Kitas zu beobachten. Auch die Mindestsicherungsquote verringerte sich überdurchschnittlich stark, die soziale Situation hat sich demnach entsprechend verbessert. Ebenfalls aus einer Spitzenposition heraus war die Zunahme des Saldos der Ein- und Auszahlungen mit 212,56 Euro am höchsten, was einer Verdoppelung entsprach.
Wie die vier Cluster in den einzelnen Themenbereichen abschneiden, zeigen die nachfolgenden Abbildungen:
Die Entwicklung aller Strukturindikatoren in den vier Clustern zeigt Tabelle T3.
Zusammenfassung
Bei der regionalen Verteilung zeigt sich in der Clusteranalyse eine hauptsächliche Konzentration der „Überwiegend ländlichen strukturstarken Gebiete“ im Westen des Landes und hier besonders in den Landkreisen Emsland, Cloppenburg, Vechta und Diepholz. Bei der Mehrzahl der Indikatoren überwiegt die Anzahl der Gemeinden mit überdurchschnittlichen Werten, von der jüngsten Bevölkerungsstruktur bis hin zu den höchsten Pro-Kopf-Gewerbesteuereinnahmen. Zudem war der Saldo der laufenden Ein- und Auszahlungen in nahezu allen Gemeinden (97,2%) überdurchschnittlich hoch. Es gibt nur zwei Gemeinden, in denen die Mindestsicherung über dem Niedersachsendurchschnitt liegt.
„Überwiegend mittlere und große Städte“ in nahezu jedem Landkreis
Überregional stechen in der Clusteranalyse die Gemeinden des stark städtisch geprägten Clusters „Überwiegend mittlere und große Städte“ heraus, die in nahezu jedem Landkreis zu finden sind. Dabei sind hier zwar besonders viele Menschen von Mindestsicherungsleistungen abhängig und die kommunalen Haushalte weisen den niedrigsten frei verfügbaren Überschuss aus, gleichzeitig ist der Arbeitsplatzbesatz jedoch besonders hoch. Die Bevölkerungsstruktur ist hingegen weniger jung geprägt als im Umland und in den „Überwiegend ländlichen strukturstarken Gebieten“.
Speckgürtel profitieren von Städten
Um die Gemeinden des Clusters der mittleren und großen Städte herum schließen sich in den so genannten Speckgürteln vielfach Gemeinden an, die von diesen Städten profitieren können, was jedoch auch andersherum gilt. Neben einer relativ jungen Bevölkerungsstruktur ist der Wohlstand im Cluster „Überwiegend ländliche Gebiete in Ballungsräumen“ gemessen am Gesamtbetrag der Einkünfte je Steuerpflichtigen am höchsten. Die Abhängigkeit von Mindestsicherungsleistungen fällt zudem am niedrigsten aus, allerdings auch der Arbeitsplatzbesatz.
Meiste Gemeinden im Cluster der „Überwiegend ländlichen strukturschwachen Gebiete“
Dem Cluster der „Überwiegend ländlichen strukturschwachen Gebiete“ sind die meisten Gemeinden zugeordnet, vier von zehn Gemeinden in Niedersachsen sind hier verortet. Strukturschwach bedeutet in dem Sinne, dass die Mehrzahl der Indikatoren unterhalb des niedersächsischen Durchschnitts liegt, darunter prägend die Aspekte Wirtschaft, Arbeitsmarkt und öffentlicher Haushalt. Das schließt nicht aus, dass (einzelne) Gemeinden durchaus ihre Stärken haben können, jedoch in der Gänze sich den Gemeinden ihres Clusters mehr ähneln als beispielsweise den Gemeinden des Clusters der „Überwiegend ländlichen strukturstarken Gebiete“.
Der Blick auf die Landkreisebene zeigt, dass es trotz der geringen Anzahl von vier Clustern kaum Landkreise gibt, die nur zwei verschiedene Clustertypen umfassen. Das heißt, dass regionale Durchschnittswerte die lokale Heterogenität also vielfach überdecken können.
Zeitlicher Vergleich positiv
Der zeitliche Vergleich belegt alles in allem eine „Verbesserung“ des niedersächsischen Durchschnitts in fast sämtlichen Strukturindikatoren und dies in fast allen Clustern. Umso mehr fallen dabei Entwicklungen auf, die nicht nur dem Landestrend hinterherhinken, sondern diesem zugegen laufen. Ersteres war vermehrt im ohnehin strukturschwachen Cluster der Fall. Letzteres war beim Saldo der laufenden Ein- und Auszahlungen in den mittleren und großen Städten zu beobachten.
Insgesamt kann die Clusteranalyse eine Hilfestellung liefern, welche niedersächsischen Einheits- und Samtgemeinden sich strukturell ähneln. Dadurch können eine erste Einordnung getroffen und Vergleiche zwischen den Gebieten gezogen werden. Die hier gewählten Clusterbezeichnungen treffen dabei jedoch nicht vollständig den Charakter aller enthaltenen Gemeinden. Für die Bewertung der strukturellen Gegebenheiten einzelner Gemeinden bleibt eine tiefergehende Betrachtung daher unerlässlich.
Fußnoten
- 1Lehmann, Arne/Skorka, Rita: Regionalstrukturen in Niedersachsen auf Gemeindeebene. Eine Clusteranalyse der niedersächsischen Einheits- und Samtgemeinden, in: Statistische Monatshefte Niedersachsen (Landesamt für Statistik Niedersachsen) 8/2018, S. 387-399.
- 2Der Korrelationskoeffizient kann Werte zwischen [-1; +1] annehmen. Bei einem Wert von [+1] (bzw. [-1]) besteht ein vollständig positiver (bzw. negativer) linearer Zusammenhang zwischen den betrachteten Merkmalen. Bei einem Wert von [0] hängen die beiden Merkmale überhaupt nicht linear voneinander ab.
- 3Aufgrund der Umstellung vom achtjährigen („G8“) zum neunjährigen Gymnasium („G9“) in Niedersachsen und dem damit „fehlenden“ Abiturjahrgang 2020 wurde bei der Berechnung des Indikators der Durchschnitt der Jahre 2019, 2021 und 2022 als Grundlage herangezogen und nicht der Durchschnitt der Jahre 2020 bis 2022.
- 4Alle Werte beziehen sich auf die in der jeweiligen Indikatorenbeschreibung angegebenen Durchschnitte der Berichtsjahre 2020 bis 2022 und im zeitlichen Vergleich auf die Berichtsjahre 2014 bis 2016, wenn nicht anders angegeben. Siehe hierzu auch Tabelle T3.
- 5Durchschnitt der 403 Einheits- und Samtgemeinden.