Die wirtschaftliche Entwicklung in Niedersachsen 2022

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Vorbemerkung

Die nachfolgende Betrachtung der wirtschaftlichen Entwicklung in Niedersachsen beschränkt sich im Wesentlichen auf den Vergleich zum Vorjahr. Um die mittelfristige Entwicklung einschätzen zu können, sind für ausgewählte Indikatoren Grafiken aufgenommen worden, die die Entwicklung der letzten 5 Jahre wiedergeben. Zum jetzigen Zeitpunkt liegen regionale Daten für Kreise und kreisfreie Städte bezogen auf das Jahr 2022 für die Wirtschaftsstatistiken nur vereinzelt vor. Insbesondere Daten zum Bruttoinlandsprodukt und zur Erwerbstätigkeit liegen auf Kreisebene für 2022 noch nicht vor. Deshalb ist die regionale Darstellung im Folgenden nur eingeschränkt möglich. Die Wirtschaft Niedersachsens konnte sich 2022 weiter von den Coronapandemie bedingten Einbrüchen erholen, jedoch wirkten sich spätestens ab Mitte 2022 die Folgen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine dämpfend auf die wirtschaftliche Entwicklung aus. Dies zeigt sich insbesondere bei der Betrachtung der nominalen Umsatzentwicklung in allen Branchen, die im Wesentlichen durch Preiseffekte positiv beeinflusst wurde.

BIP und BWS

So zeigte sich für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Niedersachsens auf Basis der vorläufigen Jahresrechnung im Jahr 2022 ein nominaler Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 7,5 % gegenüber dem Vorjahr auf rund 339 Mrd. € (vgl. Tabelle T1). Real, also preisbereinigt, stieg das BIP 2022 um 1,1 % gegenüber 2021 (vgl. Abbildung A1).

A1: „In dieser Graphik ist die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts in Niedersachsen im Zeitraum 2017 bis 2022 abgebildet. Die Entwicklung schwankt je nach Jahr zwischen minus 4,6 % für 2020 und plus 2,1 % für 2019“
A1 Bruttoinlandsprodukt in Niedersachsen – Reale Veränderung zum Vorjahr

Die Bruttowertschöpfung (BWS) stieg im Verarbeitenden Gewerbe im Jahr 2022 nominal um 4,4 % gegenüber dem Vorjahr, unter Berücksichtigung der Preisentwicklung ergab sich jedoch ein Minus von real 0,1 %. Besonders deutlich wird diese Entwicklung auch beim Baugewerbe. Während nominal die BWS im Jahr 2022 um 18,4 % wuchs, so ergab sich preisbereinigt ein Rückgang der BWS von 2,0 % gegenüber 2021. In den Dienstleistungsbereichen wurde real ein Plus von 2,3 % erzielt. Die Wirtschaft Niedersachsens entwickelte sich gemessen am BIP – nicht so stark wie die gesamtdeutsche Wirtschaft. Die Wirtschaftsleistung der Bundesrepublik Deutschland stieg im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr real um 1,8 %.

Das niedersächsische BIP wuchs real um 1,1 %, die Wirtschaftsleistung Deutschlands stieg um 1,8 %. Die BWS ging real in den Bereichen Verarbeitendes Gewerbe und Baugewerbe zurück, im Dienstleistungsbereich stieg sie an.

Erwerbstätigkeit

Die Zahl der Erwerbstätigen in Niedersachsen im Jahr 2022 lag bei rund 4,2 Mio. Damit stieg die Zahl der Erwerbstätigen gegenüber dem Vorjahr um 1,2 %. Auch im Bundesdurchschnitt zeigte sich eine ähnliche Entwicklung (+1,3 %) (vgl. T2). Die stärksten Zuwächse bei den Erwerbstätigen gegenüber dem Vorjahreszeitraum gab es im Baugewerbe (+2,1 %), im Bereich Handel, Verkehr, Gastgewerbe, Information und Kommunikation (+1,8 %) sowie im Bereich öffentliche und sonstige Dienstleister, Erziehung, Gesundheit, private Haushalte (+1,4 %). Einen weiteren Rückgang bei den Erwerbstätigen gab es in der Land- und Forstwirtschaft; Fischerei (-0,7 %). Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Niedersachsen nahm weiter zu. Mit 3,12 Mio. gab es 2022 in Niedersachsen 1,6 % mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze als 2021.

Auch die Zahl der geringfügig Beschäftigten stieg weiter und zwar auf rund 443 000 (+0,9 %). Das Arbeitsvolumen, also die Summe aller geleisteten Arbeitsstunden in Niedersachsen, stieg 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 1,6 % auf 5,55 Mrd. Arbeitsstunden. Im Baugewerbe wurde im Jahr 2022 ein Stundenzuwachs von 2,4 % gegenüber dem Vorjahr verzeichnet. Die in 2022 im Baugewerbe geleisteten rund 415 Mio. Stunden stellten einen neuen Höchstwert dar. Außerdem positiv entwickelte sich das Arbeitsvolumen im Dienstleistungbereich (+2,3 %). Rückläufig waren die geleisteten Arbeitsstunden unter anderem im Verarbeitenden Gewerbe. Sie gingen im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 1,3 % auf 935 Mio. Stunden zurück.

Im Dezember 2022 waren 5,5 % aller zivilen Erwerbspersonen in Niedersachsen arbeitslos (vgl. T3). Im Bundesgebiet lag diese Quote bei 5,4 %. Die Arbeitslosenquote in Niedersachsen lag im Jahresdurchschnitt (JD) 2022 bei 5,3 % und war damit um 0,2 Prozentpunkte niedriger als im Vorjahr (vgl. A2).

A2: „In dieser Graphik ist die Entwicklung der Arbeitslosenquote im Jahresdurchschnitt in Niedersachsen im Zeitraum 2015 bis 2022 abgebildet. Die Entwicklung schwankt je nach Jahr zwischen plus 6,1% für das Jahr 2015 und 5,0% für das Jahr 2019.“
A2  Entwicklung der Arbeitslosenquote in Niedersachsen (Jahresdurchschnitt)

Regional gesehen gab es auch 2022 deutliche Unterschiede der Arbeitslosigkeit in Niedersachsen (vgl. T4 und A3). Die Landkreise mit den niedrigsten Arbeitslosenquoten waren die Grafschaft Bentheim (2,6 %), gefolgt vom Emsland (2,8 %) und dem Landkreis Osnabrück (2,9 %). Die landesweit höchsten Arbeitslosenquoten fanden sich in der Statistischen Region Weser-Ems, nämlich in den Städten Wilhelmshaven (10,4 %) und Delmenhorst (9,6 %). Dahinter folgte 2022 die Stadt Salzgitter mit einer Arbeitslosenquote von 9,2 %.

In allen Statistischen Regionen Niedersachsens waren die Arbeitslosenzahlen im Jahr 2022 niedriger als im Vorjahr. Den stärksten Rückgang gab es in der Region Lüneburg mit 6,8 %, gefolgt von der Region Weser-Ems mit 6,7 %.

A3: Karte zur Arbeitslosenquote im Jahresdurchschnitt 2022. Durchschnittswert in Niedersachsen: 5,3 %.Niedrigster Wert: 2,6 % im Landkreis Grafschaft Bentheim. Höchster Wert in der Stadt Wilhelmshaven mit 10,4 %.
A3  Arbeitslosenquote im Jahresdurchschnitt 2022

Innerhalb der Statistischen Regionen entwickelten sich die Arbeitslosenzahlen jedoch unterschiedlich. In der Region Braunschweig nahm die Arbeitslosenzahl in Helmstedt im Jahr 2022 um 7,4 % gegenüber dem Vorjahr ab. In der Stadt Wolfsburg gab es dagegen einen Anstieg von 7,9 %. In den Statistischen Regionen Lüneburg und Weser-Ems gab es jeweils nur einen Landkreis, bei dem die Arbeitslosenzahlen stiegen, alle anderen Landkreise verzeichneten Rückgänge.

Die Zahlen zu den Erwerbstätigen, den sozialversicherungspflichtig sowie den geringfügig Beschäftigten stiegen in Niedersachsen im Jahr 2022. Das Arbeitsvolumen im Verarbeitenden Gewerbe ging zurück, im Baugewerbe wurde ein neuer Höchststand erzielt.

Entwicklung der Zahl der Unternehmen in Niedersachsen – Gewerbemeldungen und Insolvenzen

Im Jahr 2022 wurden insgesamt 63 132 Gewerbeanmeldungen gezählt und damit 3,6 % weniger als im Vorjahr (vgl. T5 und A4). Eine Gewerbeanmeldung erfolgt bei Einrichtung einer neuen Betriebsstätte, beim Umzug eines Unternehmens in eine niedersächsische Gemeinde oder bei der Übernahme von Unternehmen (sonstige Anmeldung). Im Jahr 2022 wurden 52 388 Betriebe bzw. Betriebsteile neu errichtet, 6 073 Unternehmen gaben eine Gewerbeanmeldung aufgrund eines Zuzugs ab. Außerdem erfolgten 4 671 sonstige Anmeldungen aufgrund von Kauf, Pacht, Erbfolge, Rechtsformänderung oder Gesellschaftereintritt.

A4: „In dieser Graphik ist die Entwicklung der Gewerbean- und Gewerbeabmeldungen im Zeitraum 2018 bis 2022 dargestellt.“
A4  Gewerbean- und -abmeldungen in Niedersachsen

Von den Neuerrichtungen im Jahr 2022 entfielen 11 723 auf Betriebsgründungen (8,1 % weniger als 2021). Eine Betriebsgründung liegt vor, wenn eine natürliche Person, eine juristische Person oder eine Personengesellschaft angemeldet wird. Natürliche Personen werden nur dann als Betriebsgründung gezählt, wenn sie in das Handelsregister oder die Handwerksrolle eingetragen sind oder mindestens eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer beschäftigen. Die sogenannten sonstigen Neugründungen umfassen alle Anmeldungen im Kleingewerbe1Das Kleingewerbe definiert sich wie folgt: Das Gewerbe wird von einer natürlichen Person in einer Hauptniederlassung betrieben. Es ist weder eine Eintragung ins Handelsregister noch in die Handwerksrolle erfolgt und es sind zum Zeitpunkt der Anmeldung keine Beschäftigten vorhanden. inklusive aller Gewerbe, die im Nebenerwerb betrieben werden. Nach wie vor erfolgte gut jede zweite sonstige Neugründung im Nebenerwerb.

Die Gewerbeanmeldungen verteilten sich auch 2022 sehr unterschiedlich auf die Wirtschaftsbereiche. Die meisten Anmeldungen gab es im Handel und der Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen, gefolgt von den sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen und vom Baugewerbe (vgl. A5).

A5: „In dieser Grafik ist die Zahl der Gewerbeanmeldungen nach Wirtschaftsabschnitten in den Jahren 2022 und 2021 dargestellt. Die meisten Gewerbeanmeldungen im Jahr 2022 gab es im Wirtschaftsabschnitt Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen mit 15.310 Fällen.“
A5 Gewerbeanmeldungen in Niedersachsen 2021 und 2022 nach Wirtschaftsabschnitten (WZ 2008)

In den genannten drei Bereichen gingen die Gewerbeanmeldungen gegenüber dem Vorjahr zurück: Im Handel gab es 1 376 Anmeldungen weniger als im Vorjahr, was einem Rückgang von 8,2 % entspricht. Demgegenüber fiel das Minus in den sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen und im Baugewerbe mit jeweils 1,2 % geringer aus. Den stärksten Zuwachs gab es bei den Anmeldungen im Abschnitt Kunst, Unterhaltung und Erholung (+35,0 % gegenüber 2021), gefolgt vom Gastgewerbe (+15,6 %) und dem Abschnitt Erziehung und Unterricht (+14,7 %). Deutliche Rückgänge gab es in den Abschnitten Verkehr und Lagerei (-31,2 %) sowie dem Grundstücks- und Wohnungswesen (-15,2 %). Den Gewerbeanmeldungen standen 2022 in Niedersachsen 47 708 Gewerbeabmeldungen gegenüber.

Im Vergleich zum Vorjahr stieg damit die Zahl der Gewerbeabmeldungen in Niedersachsen um 5,0 %. Die Aufgabe des Gewerbes war in 37 748 Fällen die Ursache einer Gewerbeabmeldung. 5 637 Unternehmen verlegten ihren Betriebssitz in eine andere Gemeinde und 4 323 Unternehmen wurden aufgrund einer sonstigen Abmeldung (Rechtsformwechsel, Austritt eines Gesellschafters, Erbfolge, Verkauf oder Verpachtung) abgemeldet.

Die Betriebsaufgaben lagen im Jahr 2022 bei 8 176 Fällen und stiegen gegenüber dem Vorjahr um 5,2 %. Unter einer Betriebsaufgabe wird die vollständige Aufgabe eines Betriebes verstanden, der von einer juristischen Person oder einer Personengesellschaft geführt wurde. Auch die Betriebsaufgaben von natürlichen Personen zählen hierzu, wenn sie ins Handelsregister eingetragen waren oder zuletzt mindestens eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer beschäftigten. Unter den sonstigen Stilllegungen werden die aufgegebenen Betriebe des Kleingewerbes inklusive der Gewerbe im Nebenerwerb zusammengefasst. Diese machten auch 2022 mit fast 61 % den größten Teil der Gewerbeabmeldungen in Niedersachsen aus.

2022 wurden in Niedersachsen 1 164 Unternehmensinsolvenzen beantragt. Gegenüber dem Vorjahr war dies ein Zuwachs von 8,7 %. Für 890 Unternehmen wurde 2022 ein Insolvenzverfahren eröffnet, 274 Insolvenzfälle wurden mangels Masse abgewiesen. Im Jahr 2022 stiegen die Insolvenzverfahren im Vorjahresvergleich erstmals wieder seit 2009. In den Jahren zuvor war die Zahl der Unternehmensinsolvenzen kontinuierlich rückläufig.

Unterteilt nach Rechtsformen lag die Anzahl von Insolvenzanträgen bei den Gesellschaften mit beschränkter Haftung weiterhin am höchsten; allein hierauf entfielen deutlich mehr als die Hälfte aller Fälle (62,7 %). Mehr als ein Viertel (26,4 %) aller betroffenen Unternehmen existierte erst maximal drei Jahre. Untergliedert nach Wirtschaftsabschnitten (vgl. A6) gab es die meisten Insolvenzen im Bereich „Baugewerbe“ mit 211 Verfahren, gefolgt vom Bereich „Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen“ (205) sowie den „Freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen“ (126).

A6: „In dieser Graphik ist die Zahl der Unternehmensinsolvenzen nach Wirtschaftsabschnitten in den Jahren 2022 und 2021 dargestellt. Die meisten Insolvenzen gab es im Baugewerbe mit 211 Anträgen im Jahr 2022.“
A6 Unternehmensinsolvenzen in Niedersachsen 2021 und 2022 nach Wirtschaftsabschnitten (WZ 2008)

Durch die Insolvenz ihres Unternehmens waren 2022 in Niedersachsen die Arbeitsplätze von insgesamt 7 150 Beschäftigten bedroht. Die Höhe der voraussichtlichen Forderungen, welche die Gläubiger gegenüber zahlungsunfähigen beziehungsweise überschuldeten Unternehmen geltend machten, belief sich auf insgesamt rund 1,7 Mrd. €.

Insgesamt hat sich die Zahl der Unternehmen in Niedersachsen im Jahr 2022 weiter erhöht. Die Unternehmensinsolvenzen stiegen gegenüber dem Vorjahr. Wie in den Vorjahren gab es mehr Gewerbean- als Gewerbeabmeldungen. Im Saldo gab es ein Plus von über 15 000 Unternehmen.

Nach den eher gesamtwirtschaftlichen Betrachtungen bzgl. der Entwicklung der niedersächsischen Wirtschaft im Jahr 2022 folgt ein genauerer Blick auf ausgewählte Wirtschaftsbereiche.

Verarbeitendes Gewerbe

Das Verarbeitende Gewerbe in Niedersachsen erzielte im Jahr 2022 durchschnittlich ein Plus von nominal 5,6 % bei den Auftragseingängen. Im Januar 2022 und Mai 2022 gab es erhebliche Steigerungen bei den Auftragseingängen (nominal) gegenüber dem jeweiligen Vorjahresmonat von 31,0 % bzw. 26,2 %. Demgegenüber waren in den Monaten Juni, Juli, September und Oktober 2022 Rückgänge beim Auftragseingang zu verzeichnen (vgl. A7).

A7 Auftragseingang im Verarbeitenden Gewerbe 2022 – Wertindex 2015 = 100

Während die Inlandsnachfrage auch im Jahr 2022 mit 12,1 % weiter stieg, blieb die Auslandsnachfrage gegenüber dem Vorjahr unverändert (0,0 %). Die Vorleistungsgüterproduktion stieg nominal um 10,1 %, die Investitionsgüterproduktion um 0,8 % und die Gebrauchsgüterproduktion um 91,5 %. Dagegen ging die Produktion von Verbrauchsgütern um 4,1 % zurück. In den einzelnen Wirtschaftsabteilungen entwickelten sich die Auftragseingänge unterschiedlich. Am stärksten legten die Auftragseingänge in der Herstellung von elektrischen Ausrüstungen (+32,0 %) zu, gefolgt von der Metallerzeugung und -bearbeitung (+18,4 %) und der Herstellung von Papier, Pappe und Waren daraus (+16,2 %). Ein Minus bei den Auftragseingängen gab es bei der Herstellung von Bekleidung (-4,3 %). Rückgänge bei den Auftragseingängen gab es außerdem bei der Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen und der Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen mit jeweils -1,8 %. Der Blick in die Zahlen zum preisbereinigten Auftragseingang zeigt ein anderes Bild. Unter Berücksichtigung der Inflation war im Jahresdurchschnitt 2022 ein Rückgang von 5,4 % gegenüber dem Vorjahr bei den Auftragseingängen zu verzeichnen. Dies lag vor allem in der fallenden Auslandsnachfrage (-10,4 %) begründet, wohingegen die Inlandsnachfrage um 0,9 % zunahm.

Die im Jahresdurchschnitt um fast ein Drittel gestiegenen Erzeugerpreise2Die Erzeugerpreise stiegen im Jahr 2022 bundesweit im Jahresdurchschnitt um 32,9 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Siehe hierzu die Pressemitteilung 028 vom 20. Januar 2023 des Statistischen Bundesamtes (https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/01/ PD23_028_61241.html, Abrufdatum: 17.03.2023). wirkten sich in einzelnen Wirtschaftsabteilungen bereits im Jahr 2022 auf die Auftragseingänge aus. So führten insbesondere die hohen Energiepreise in der besonders energieintensiven Herstellung von chemischen Erzeugnissen zu einem Rückgang der Auftragseingänge von 15,6 %. Negative Veränderungsraten gab es auch bei der Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen (-7,2 %), dem Maschinenbau (-5,9 %), der Herstellung von Metallerzeugnissen (-7,9 %), der Metallerzeugung und -bearbeitung (-7,7 %), der Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen (-5,2 %) sowie der Herstellung von Bekleidung (-7,3 %) und Textilien (-3,8 %). Zuwächse gab es bei der Herstellung von elektrischen Ausrüstungen (+21,3 %), der Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, elektrischen und optischen Erzeugnissen (+0,7 %) sowie im sonstigen Fahrzeugbau (+0,1 %).

Insgesamt kamen im Jahr 2022 51,5 % des Auftragsvolumens aus dem Ausland. Von allen Auslandsaufträgen wurden dabei 46,1 % aus Ländern der Eurozone und damit ohne Wechselkursrisiko geordert. Der Anteil der Auslandsaufträge nahm im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr um 2,9 Prozentpunkte ab. Stark exportorientiert, d. h. mit einem überwiegenden Anteil der Aufträge aus dem Ausland, waren 2022 in Niedersachsen die Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, elektrischen und optischen Erzeugnissen, die Herstellung von chemischen Erzeugnissen, die Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen, die Herstellung von Kraftwagen und -teilen sowie der Maschinenbau.

Erneut positiv entwickelten sich 2022 die Umsätze (vgl. A8). 2022 stiegen bei den Betrieben im Verarbeitenden Gewerbe die Umsätze um durchschnittlich 13,8 % gegenüber dem Vorjahr. In vielen Branchen legten die Umsätze zu, wobei ein Teil der Umsatzsteigerungen auf Preiseffekte zurückzuführen sein dürfte. Die größten Umsatzsteigerungen wurden in der Herstellung von elektrischen Ausrüstungen (+58,6 %), der Kokerei und Mineralölverarbeitung (+49,2 %) sowie in der Herstellung von Papier, Pappe und Waren daraus (+25,4 %) erzielt.

A8 Entwicklung von Beschäftigung und Umsatz im Verarbeitenden Gewerbe 2022 – Veränderung gegenüber 2021

Von den gesamten Umsätzen wurden 47,6 % im Auslandsgeschäft getätigt. Der Anteil der Auslandsumsätze nahm damit um 0,8 Prozentpunkte ab. Den überwiegenden Anteil an den Auslandsumsätzen hatten mit 57,3 % auch im Jahr 2022 Länder außerhalb der Eurozone. Die Zahl der tätigen Personen im Verarbeitenden Gewerbe nahm im Jahr 2022 um 0,6 % zu. Gegenüber dem Vorjahr nahmen die tätigen Personen in der Elektrotechnik um 22,5 % zu, im Ernährungsgewerbe und der Tabakverarbeitung um 2,8 % und der Metallerzeugung und -bearbeitung sowie Herstellung von Metallerzeugnissen um 1,3 %. Rückläufige Zahlen wurden bei der Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen inklusive sonstiger Fahrzeugbau (-5,1 %), in der Herstellung von chemischen und pharmazeutischen Erzeugnissen (-1,7 %) sowie dem Papier- und Druckgewerbe (-1,2 %) verzeichnet. Im Bundesvergleich fiel die niedersächsische Entwicklung 2022 hinsichtlich der Auftragseingänge ähnlich aus. Im Bundesdurchschnitt stieg das Volumen der Auftragseingänge um nominal 5,5 % gegenüber 2021, in Niedersachsen waren es 5,6 %. Die Umsätze im Verarbeitenden Gewerbe stiegen im Bundesdurchschnitt mit 18,8 % stärker an als in Niedersachsen (+13,8 %). Die Entwicklung der Beschäftigten in Deutschland nahm um 0,8 % zu (Niedersachsen: +0,6 %).

Gemessen an den Umsatzanteilen veränderte sich die Branchenstruktur im niedersächsischen Verarbeitenden Gewerbe gegenüber dem Vorjahr zwar nicht hinsichtlich der „Rangfolge“, jedoch hinsichtlich des relativen Gewichts (vgl. A9). Nach wie vor größte Branche ist der Fahrzeugbau, der 2022 insgesamt 39,7 % des Umsatzes im Verarbeitenden Gewerbe erzielte. Dies waren 1,9 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. Danach folgten das Ernährungsgewerbe einschließlich der Tabakverarbeitung (16,8 %) und die Metallerzeugung und -bearbeitung einschließlich der Herstellung von Metallerzeugnissen (9,2 %). Das relative Gewicht der Metallerzeugung und -bearbeitung einschließlich der Herstellung von Metallerzeugnissen stieg um 0,7 Prozentpunkte.

A9 Branchenstruktur des Verarbeitenden Gewerbes 2022 nach Umsatzanteilen

Im Jahr 2022 gingen die Auftragseingänge (preisbereinigt) aufgrund stark gestiegener Erzeugerpreise um 5,4 % zurück. Die Umsätze legten um 13,8 % zu, die tätigen Personen um 0,6 %.

Baugewerbe

Das niedersächsische Bauhauptgewerbe legte auch im Jahr 2022 weiter zu, wobei auch hier Preiseffekte die Entwicklung positiv beeinflussten. Der baugewerbliche Umsatz der Betriebe mit 20 und mehr tätigen Personen stieg gegenüber dem Vorjahr um 15,1 % auf 13,4 Mrd. €. Dies wirkte sich erneut steigernd auf die Beschäftigung aus. Im Juni 2022 wurden mit rund 102 300 Arbeitskräften 9,3 % mehr als im Juni 2021 beschäftigt (vgl. T6). Im Bereich Zimmerei und Ingenieurholzbau gab es den stärksten Beschäftigtenzuwachs mit 7,2 %. Dahinter folgten mit jeweils 5,1 % der Bau von Gebäuden sowie der Rohrleitungstiefbau, Brunnen- und Kläranlagenbau.

Im niedersächsischen Ausbaugewerbe mit 10 und mehr Beschäftigten stieg die Beschäftigung im Jahr 2022 um 14,9 % gegenüber dem Vorjahr. Auch hier gab es in allen Teilbereichen eine Beschäftigtenzunahme, am stärksten in der Bautischlerei und -schlosserei mit 30,8 %. Die Auftragseingänge im niedersächsischen Bauhauptgewerbe stiegen im Jahr 2022 um 13,8 % gegenüber dem Vorjahr (vgl. T7 und A10). Das Auftragsvolumen im Hochbau nahm um 1,2 % zu, jedoch fällt auf, dass der Wohnungsbau einen Rückgang um 6,2 % verzeichnete. Die Auftragsentwicklung im Hochbau positiv beeinflusst hat die Zunahme der Bauten für öffentliche Auftraggeber und Organisationen (+38,6 %). Der Tiefbau verzeichnete 2022 rund ein Viertel (+26,1 %) mehr Aufträge als im Jahr zuvor. Der gewerbliche und industrielle Tiefbau (einschließlich Bahn und Post) legte um 38,3 % zu, die Tiefbauten in öffentlichem Auftrag stiegen um 28,3 % und der Straßenbau um 2,6 %. Die in Niedersachsen erteilten Baugenehmigungen, ein wichtiger Indikator für die Entwicklung des Hochbaus, gingen im Jahr 2022 sowohl im Wohnbau als auch im Nichtwohnbau im Vergleich zum Vorjahr zurück (vgl. T8).

A10 Baugewerbliche Umsätze und Auftragseingänge im Bauhauptgewerbe 2022 – Veränderungen gegenüber 2021

2022 sank die Zahl der genehmigten Wohngebäude in Niedersachsen um mehr als ein Fünftel (-21,8 %) auf rund 13 500. Die darunter fallenden Gebäude mit einer Wohnung (i. d. R. Eigenheime) verzeichneten einen Rückgang von 24,9 %. Die Zahl der insgesamt neu entstandenen Wohnungen belief sich auf rund 31 000, was einem Rückgang von 16,9 % gegenüber dem Jahr 2021 entspricht. Im Nichtwohnbau wurden im Jahr 2022 in Niedersachsen 8,3 % weniger Baugenehmigungen erteilt. Das Marktvolumen, d. h. die für die Baumaßnahmen veranschlagten Kosten, verringerte sich im Wohnbau um 8,1 %, im Nichtwohnbau stieg dieses um 13,6 % gegenüber dem Vorjahr. Insgesamt erreichte das Marktvolumen 2022 gut 9,3 Mrd. €.

Das niedersächsische Baugewerbe legte auch im Jahr 2022 weiter zu. Die Umsätze stiegen um 15,1 %, die Zahl der Arbeitskräfte um 9,3 %. Die Aufträge öffentlicher Auftraggeber nahmen stark zu.

Außenhandel

Der nominale Wert der niedersächsischen Exporte stieg 2022 gegenüber dem Vorjahr um 12,6 % auf rund 97,3 Mrd. €. Im Ernährungsgewerbe konnten die Exporte um 16,9 % gesteigert werden, in der gewerblichen Wirtschaft gab es ein Plus von 11,6 %. Die Exporte stiegen, abgesehen vom Februar, in allen Monaten des Jahres 2022 gegenüber dem jeweiligen Vorjahresmonat (siehe A11).

A11  Veränderung der monatlichen Ausfuhr 2022 gegenüber dem Vorjahresmonat

Hinsichtlich der wichtigsten Warengruppen, die aus Niedersachsen exportiert wurden, blieb das Bild auch 2022 gegenüber dem Vorjahr weitgehend unverändert. Dominierend blieb der Export von Personenkraftwagen (und Wohnmobilen) mit einem Volumen von 12,6 Mrd. €. Dies entspricht einer Steigerung von 34,9 % gegenüber dem Vorjahr. Dahinter folgte der Export von Fahrgestellen, Karosserien, Motoren und Teilen/Zubehör mit einem Wert von 7,6 Mrd. € (+4,4 %) und die Ausfuhr von Geräten zur Elektrizitätserzeugung und -verteilung mit 4,7 Mrd. € (-10,2 %) (vgl. T9).

Die Bedeutung der Autoindustrie für die niedersächsischen Ausfuhren ging erneut zurück. Der Wert exportierter Personenkraftwagen und Wohnmobile machte im Jahr 2021 noch einen Anteil von 13,7 % an allen niedersächsischen Exporten aus, im Jahr 2022 sank der Anteil auf 12,9 %. Auch beim Anteil exportierter Fahrgestelle, Karosserien, Motoren, Teile/Zubehör gab es einen Rückgang um 0,9 Prozentpunkte auf 7,8 %. Hauptbestimmungsziel der Exporte waren 2022 nach wie vor die Länder der EU, in die 63,1 % der Ausfuhren aus Niedersachsen gingen (vgl. T10). Die intensivsten Handelsbeziehungen hatte Niedersachsen innerhalb der EU dabei mit den Niederlanden, Frankreich und Polen. Gegenüber vielen EU-Ländern stieg das Exportvolumen. Die stärksten Zuwächse im Handel innerhalb der EU verzeichneten die niedersächsischen Exporte nach Polen (+35,6 %), gefolgt von Schweden (+23,2 %) und den Niederlanden (+20,3 %). Während das Exportvolumen in die EU im Vergleich zu 2021 um 12,2 % zunahm, wuchs es gegenüber der übrigen Welt um 13,1 % an. Wichtigste Abnehmer niedersächsischer Erzeugnisse außerhalb der EU waren im Jahr 2022 die Vereinigten Staaten und das Vereinigte Königreich mit einem Ausfuhranteil von jeweils 6,7 %. Einen starken Zuwachs bei der Ausfuhr niedersächsischer Waren gab es im Handel mit Norwegen (+53,3 %), einen  deutlichen Rückgang beim Export in die Russische Föderation (-38,7 %).

Die niedersächsischen Exporte stiegen im Jahr 2022 um 12,6 % gegenüber dem Vorjahr. Bedeutenster Handelspartner sind die Niederlande. In Folge der Sanktionen gegen Russland verringerte sich der Handel mit der russischen Föderation um 38,7 %.

Dienstleistungsbereiche

In den Dienstleistungsbereichen gibt es mit Beginn des Jahres 2022 eine verbesserte Datengrundlage. Die Konjunkturerhebung im Dienstleistungsbereich wird mittlerweile nicht nur monatlich durchgeführt, sondern es wurden eine Reihe weiterer Wirtschaftzweige in die Erhebung aufgenommen. Zu den bereits bestehenden Erhebungen in den Bereichen „Verkehr und Lagerei (Wirtschaftsbereich H)“, „Information und Kommunikation (J)“, „Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen (M)“ kam mit der Umstellung auf eine monatliche Dienstleistungsstatistik die Datenerhebung in der Wirtschaftsabteilung „Grundstücks- und Wohnungswesen (L)“ und in den Wirtschaftszweigen „77 Vermietung von beweglichen Sachen“, „81.1 Hausmeisterdienste“ sowie „81.3 Garten- und Landschaftsbau sowie Erbringung von sonstigen gärtnerischen Dienstleistungen“ hinzu.

In den Dienstleistungsbereichen wurden im Jahr 2022 nominal Umsätze in Höhe von 118 Mrd. € erzielt. Gegenüber dem Vorjahr stiegen die Umsätze insgesamt um 10,6 %. Die anteilig größten Umsätze wurden im Bereich der Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen mit rund 40 Mrd. € erwirtschaftet. Auch die Betrachtung der preisbereinigten (= realen) Umsatzveränderungen zeigt in allen Dienstleistungsbereichen eine positive Entwicklung. Der reale Umsatzzuwachs war im Bereich Verkehr und Lagerei mit einem Plus von 15,5 % am größten, am niedrigsten fiel er mit 3,7 % im Grundstücks- und Wohnungswesen aus. Im Jahresdurchschnitt 2022 waren im Dienstleistungsbereich rund 670 000 Personen beschäftigt. Gegenüber dem Vorjahr blieb damit die Zahl der Beschäftigen nahezu konstant (-0,03 %). Über ein Drittel (35,4 %) aller Beschäftigten in der Dienstleistungsbranche waren im Bereich der Erbringung von sonstigen Dienstleistungen tätig. Diese Zahl blieb gegenüber dem Jahr 2021 nahezu unverändert (+0,1 %). Beschäftigtenzuwächse gab es auch im Grundstücks- und Wohnungswesen (+1,6 %) sowie der Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen (+2,1). Demgegenüber gab es einen Rückgang bei den Beschäftigtenzahlen im Bereich der Information und Kommunikation (-4,3 %) sowie Verkehr und Lagerei (-0,2 %).

Die niedersächsischen Dienstleistungsbereiche erwirtschafteten 2022 ein nominales Umsatzplus von 10,6 %. Die Zahl der Beschäftigten blieb nahezu unverändert (-0,03 %). Innerhalb der einzelnen Dienstleistungsbereiche war die Beschäftigtenentwicklung unterschiedlich. Zuwächse gab es u. a. im Bereich Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen (+2,1 %), der relativ stärkste Beschäftigtenrückgang wurde in der Information und Kommunikation verzeichnet (-4,3 %).

Handel

Der niedersächsische Handel erzielte im Jahr 2022 nominal durchweg Umsatzsteigerungen. Der Kraftfahrzeug-Handel, zu dem auch die Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen gehört, erzielte 2022 mit einem Umsatz von 25,3 Mrd. € nominal 0,9 % mehr als im Vorjahr. Der Einzelhandel verzeichnete einen Umsatzzuwachs von nominal 7,1 % auf 54,3 Mrd. €. 43,3 % aller Umsätze des Einzelhandels wurden hier mit Waren verschiedener Art erzielt, hierzu zählt unter anderem der Handel mit Nahrungsund Genussmitteln sowie Getränken. In diesem Bereich wurden Umsätze in Höhe von 23,5 Mrd. € erwirtschaftet, was einem Anstieg von nominal 5,5 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Bei der Betrachtung der realen Umsatz-Veränderung, d. h. unter Beachtung der Teuerungsrate, zeigt sich ein gegensätzliches Bild. So kam es im Jahr 2022 zu einem Umsatzverlust von real 7,0 % im Kfz-Handel und 1,5 % im Einzelhandel. Der Einzelhandel mit Waren verschiedener Art musste einen realen Umsatzeinbruch von 4,6 % verkraften.

Im Einzelhandel mit sonstigen Gütern, zu dem z. B. der Schuh-, Schmuck- und Blumenhandel aber auch die Augenoptik, Apotheken und der Handel mit medizinischen und orthopädischen Artikeln zählen, konnte im Jahr 2022 sowohl nominal (11,1 %) als auch real (6,0 %) ein Umsatzplus gegenüber dem Vorjahr erzielt werden. Im Jahr 2022 arbeiteten rund 70 500 tätige Personen (-0,1 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum) im Kraftfahrzeughandel und 308 600 (+1,4 %) im Einzelhandel.

Der Handel in Niedersachsen verzeichnete 2022 nominal mehr Umsätze als im Vorjahr. Real gab es jedoch Umsatzeinbußen von 7,0 % im Kfz-Handel und 1,5 % im Einzelhandel. Die Zahl der tätigen Personen blieb im Kfz-Handel nahezu unverändert, im Einzelhandel stieg sie um 1,4 %.

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Tourismus

Nach zwei pandemiebedingt harten Jahren für den Tourismus gab es im Jahr 2022 den erhofften Aufschwung. Insgesamt kamen mehr als 13,6 Mio. Gäste nach Niedersachsen, was einem Anstieg von 53,0 % gegenüber dem Vorjahr entsprach. Die Zahl der Übernachtungen stieg um mehr als ein Drittel (+35,0 %) auf rund 43,3 Mio. Im Jahr 2022 war die Nordseeküste mit 7,9 Mio. Übernachtungen das beliebteste Reiseziel in Niedersachsen. Dahinter folgten die Reisegebiete Lüneburger Heide (6,8 Mio.) und die Ostfriesischen Inseln (5,4 Mio.). Bei der Betrachtung der Ankünfte findet sich auf Platz 1 das Reisegebiet Lüneburger Heide mit annähernd 2,3 Mio. Gästen, gefolgt von Hannover-Hildesheim (2,1 Mio.) und der Nordseeküste (1,8 Mio.).

A12: „In dieser Graphik ist die Entwicklung der Gästeübernachtungen im Zeitraum 2017 bis 2022 dargestellt.“
A12 Gästeübernachtungen in Niedersachsen – Veränderung zum Vorjahr

Beim Aufenthalt in Niedersachsen wurde mit 12,1 Mio. Übernachtungen am häufigsten das Hotel als Unterkunft gewählt. Mehr als jede vierte Übernachtung (27,9 %) entfiel damit auf diese Unterkunftsart. In Ferienhäusern und Ferienwohnungen wurden insgesamt 7,6 Mio. Übernachtungen gezählt und auf Campingplätzen 5,7 Mio. Aufgrund der im Jahr 2022 zurück genommenen Reisebeschränkungen konnten nun auch wieder zahlreiche Gäste aus dem Ausland eine Reise nach Niedersachsen antreten. Insgesamt kamen 1,3 Mio. Gäste aus dem Ausland an, ein Plus von 134,5 % gegenüber 2021. Sie buchten insgesamt fast 3,3 Mio. Übernachtungen und damit 103,9 % mehr als im Vorjahr. Von den ausländischen Gästen verbrachten nach wie vor Gäste aus den Niederlanden die meisten Übernachtungen in Niedersachsen. Für sie wurden rund 925 000 Übernachtungen gezählt, ein Plus von 122,6 % gegenüber dem Vorjahr. Gäste mit dänischer Staatsangehörigkeit waren im Jahr 2022 für rund 340 000 Übernachtungen in niedersächsischen Beherbungsbetrieben verantwortlich, polnische Staatsangehörige buchten 330 000 Übernachtungen.

Der Tourismus in Niedersachsen erholte sich im Jahr 2022 spürbar. Es gab mehr Ankünfte und Übernachtungen. Die Zahl ausländischer Gäste hatte sich gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt.

Verdienste

Seit 2022 werden die Angaben zu den Verdiensten in der neuen Verdiensterhebung erhoben. Es hat sich nicht nur die Periodizität auf monatlich geändert, sondern auch die Datengrundlage: Es werden alle Beschäftigungsverhältnisse in der Landwirtschaft, im Produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich bei Betrieben ab einer sozialversicherungspflichtig beschäftigten Person erfragt. Ein Vergleich mit den Vorjahresdaten ist aufgrund der unterschiedlichen Erhebungskonzepte nur eingeschränkt möglich. Der durchschnittliche Bruttomonatsverdienst inklusive Sonderzahlungen der sozialversicherungspflichtig in Vollzeit und Teilzeit beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer lag im April 2022 bei 3 542 €. Der höchste Verdienst wurde im Produzierenden Gewerbe mit durchschnittlich 4 364 € erzielt.

Frauen in Vollzeit verdienten durchschnittlich 3 648 € über alle Branchen, wobei auch hier die höchsten Verdienste mit 3 990 € im Produzierenden Gewerbe erzielt wurden. Dagegen verdienten Männer, die in Vollzeit tätig waren, im Durschnitt 4 461 € und 4 735 € im Produzierenden Gewerbe. Damit verdienten Frauen in Vollzeit im Durchschnitt über alle Branchen 18 % weniger als Männer. Bei den geringfügig Beschäftigten zeigte sich, dass Frauen mit 347 € im Durchschnitt mehr verdienten als Männer (330 €). Anhand der Zahlen aus der neuen Verdiensterhebung lässt sich auch ablesen, dass – gemessen an allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern – jede zehnte Frau (9,9 % der Beschäftigten) einer geringfügigen Beschäftigung nachging, jedoch nur 7,1 % der Männer.

Die höchsten Verdienste wurden im Produzierenden Gewerbe erzielt. Frauen waren häufiger in geringfügiger Beschäftigung tätig als Männer.

Verbraucherpreise3Ein ausführlicher Beitrag zu den Verbraucherpreisen findet sich im Statistischen Monatsheft 03/2023, Entwicklung des Verbraucherpreisindex seit Januar 2021 – Verbraucherpreisindex auf neue Basis umgestellt, S. 118 ff.

Die durchschnittliche Preisveränderung in Niedersachsen lag im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr bei +6,8 % (vgl. A13). Die Entwicklung der Teuerungsrate (vgl. A14) wurde wesentlich von zwei Entwicklungen beeinflusst: Aufgrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine gab es nicht nur einen sprunghaften Anstieg bei den Energie- und Kraftstoffpreisen, sondern auch Nahrungsmittel wurden erheblich teurer.

A13: „In dieser Graphik ist die Entwicklung des Verbraucherpreisindex und der Teuerungsrate in Niedersachsen und Deutschland 2022 nach Monaten dargestellt.“
A13 Entwicklung des Verbraucherpreisindex und der Teuerungsrate in Niedersachsen und Deutschland 2022
nach Monaten
A14: „In dieser Graphik ist die Entwicklung des Verbraucherpreisindex für Niedersachsen im Zeitraum 2015 bis 2022 dargestellt.“
A14 Verbraucherpreisindex (2020 = 100; Jahresdurchschnitt) – Veränderung zum Vorjahr

In den ersten beiden Monaten des Jahres 2022 lag die Teuerungsrate in Niedersachsen bei 4,0 bzw. 4,1 %. In den darauffolgenden Monaten stiegen die Veränderungsraten des Verbraucherpreisindex kontinuierlich bis auf 7,1 % im August 2022. Dabei wirkten in den Monaten Juni bis August die Entlastungsmaßnahmen der Bundesregierung (Neun-Euro-Ticket, Tankrabatt) dämpfend auf die Teuerungsrate. Nach Wegfall dieser Maßnahmen stieg der Verbraucherpreisindex ab September 2022 (+8,7 %) wieder an. Die höchste Inflationsrate wurde im Oktober 2022 mit einem Plus von 9,0 % gemessen. 2022 betrug die durchschnittliche Steigerung der Verbraucherpreise in Deutschland 6,9 % und war damit 0,1 Prozentpunkte höher als in Niedersachsen. Stärker als im Durchschnitt stiegen 2022 in Niedersachsen die Preise für die Abteilungen „Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke“ mit 12,3 %, „Verkehr“ mit 11,8 % und „Wohnung, Wasser, Strom, Gas und andere Brennstoffe“ mit 6,9 % (vgl. T11). Preistreiber bei den Nahrungsmitteln waren insbesondere Speisefette und -öle mit einem Zuwachs von 37,5 % gegenüber dem Vorjahr. Im Verkehr wurden die Preise für Kraft- und Schmierstoffe um 26,7 % teurer. Im Bereich des Wohnens legten die Preise für Strom, Gas und andere Brennstoffe um ein Drittel zu. Insbesondere für leichtes Heizöl musste fast das Doppelte (+92,6 %) ausgegeben werden als im Vorjahr. Preissenkungen konnten in keiner der 12 Abteilungen beobachtet werden, jedoch wurden einzelne Waren im Jahr 2022 billiger. Innerhalb der Abteilung „Post- und Telekommunikation“ sanken die Preise für Telekommunikationsdienstleistungen um 1,3 %. Ebenfalls um 1,3 % gingen die Preise für die Müllabfuhr zurück, die zur Abteilung „Wohnung, Wasser, Strom, Gas und andere Brennstoffe“ gehört. In der Abteilung „Gesundheit“ wurden die zahnärztlichen Dienstleistungen um 0,5 % preiswerter.

Die Inflationsrate in Niedersachsen stieg 2022 auf 6,8 %. Verteuert haben sich insbesondere die Preise für Energie, Kraftstoffe sowie Nahrungsmittel.

Fußnoten

  • 1
    Das Kleingewerbe definiert sich wie folgt: Das Gewerbe wird von einer natürlichen Person in einer Hauptniederlassung betrieben. Es ist weder eine Eintragung ins Handelsregister noch in die Handwerksrolle erfolgt und es sind zum Zeitpunkt der Anmeldung keine Beschäftigten vorhanden.
  • 2
    Die Erzeugerpreise stiegen im Jahr 2022 bundesweit im Jahresdurchschnitt um 32,9 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Siehe hierzu die Pressemitteilung 028 vom 20. Januar 2023 des Statistischen Bundesamtes (https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/01/ PD23_028_61241.html, Abrufdatum: 17.03.2023).
  • 3
    Ein ausführlicher Beitrag zu den Verbraucherpreisen findet sich im Statistischen Monatsheft 03/2023, Entwicklung des Verbraucherpreisindex seit Januar 2021 – Verbraucherpreisindex auf neue Basis umgestellt, S. 118 ff.