Wie viele Bioabfälle sind 2020 in Niedersachsen angefallen? Welche Abfälle zählen dazu und wie lassen sich diese unterteilen? Aus welchen Bereichen stammten die Bioabfälle und wie wurden sie verwertet? Dieser Beitrag bietet einen Überblick über die Struktur der Bioabfallverwertung in Niedersachsen im Jahr 2020.
Von den nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern (örE) wurden 2020 in Niedersachsen insgesamt rund 4,9 Mio. Tonnen Haushaltsabfälle eingesammelt. Darunter waren knapp 1,6 Mio. Tonnen Hausmüll, Sperrmüll und hausmüllähnliche Gewerbeabfälle, rund 1,8 Mio. Tonnen Wertstoffe aus den Haushalten und 1,3 Mio. Tonnen getrennt gesammelte Bioabfälle. Nach dem KrWG sind Bioabfälle als „biologisch abbaubare pflanzliche, tierische oder aus Pilzmaterialien bestehende Garten-, Park- und Landschaftspflegeabfälle“ – im Folgenden „Grünabfälle“ – und „Nahrungsmittel- und Küchenabfälle aus privaten Haushaltungen“ – im Folgenden „Biotonne“ genannt – definiert.
Hol- und Bringsysteme von Bioabfällen in Niedersachsen
Holsysteme umfassen die Biotonne, die neben den reinen Nahrungsmittel- und Küchenabfällen auch Rasenschnitt oder Laubabfälle aus privaten Gärten umfasst. Teilweise bieten die Entsorgungsträger auch Christbaumabholungen an, die an grundstücksnahen Sammelpunkten in Wohnstraßen und auf Plätzen durchgeführt werden. Im Jahr 2020 wurden insgesamt 573.000 Tonnen Abfall aus der Biotonne von den örE eingesammelt, durchschnittlich 79 Kilogramm pro Einwohnerin bzw. Einwohner der angeschlossenen Entsorgungsgebiete.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht alle, sondern nur rund 90% der Einwohnerinnen und Einwohner Niedersachsens 2020 mit ihrem Haushalt an dem System Biotonne oder Biosack angeschlossen waren.
Die Bioabfalltrennung im Bringsystem dient einerseits der Aufnahme eher kommunal erzeugter Bioabfälle wie
- Parkabfälle,
- Abfälle von öffentlichen Grünflächen,
- Marktabfälle oder
- Friedhofsabfälle.
Für die Entsorgung von häuslichen Gartenabfällen richten die Abfallwirtschaftszentren Sammelstellen z. B. Areale innerhalb eines Wertstoffhofes oder reine Grünabfallannahmestellen in den Gemeinden ein, bei denen diese Abfälle abgegeben werden können. Im Jahr 2020 wurden den örE insgesamt 757.000 Tonnen Grünabfälle überlassen. Grünabfälle fielen in allen Entsorgungsgebieten an (Anschlussgrad = 100%). Das durchschnittliche Pro-Kopf-Aufkommen bei Grünabfall im Jahr 2020 betrug rund 95 Kilogramm.
Diese in kommunaler Trägerschaft entsorgten Mengen entsprechen jedoch nicht allen in Niedersachsen angefallenen und entsorgten Bioabfällen: Dabei fehlen die Nahrungsmittel- und Küchenabfälle aus dem Gaststätten-, Kantinen- und Cateringgewerbe, aus Büros, dem Groß- und Einzelhandel sowie mit den genannten Abfällen vergleichbare Abfälle aus Nahrungsmittelverarbeitungsbetrieben (§ 3 Abs. 7 KrWG). Dieses Abfallaufkommen wird in der Regel nicht über die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger entsorgt, sondern über privatwirtschaftliche (gewerbliche) Akteure. Ein regionaler Nachweis dieses Aufkommens ist nicht möglich, denn diese Abfälle können auch außerhalb der Grenzen Niedersachsens verwertet werden.
Verwertungsanlagen für Bioabfälle
Bioabfälle durchlaufen nahezu zu 100% Verwertungsverfahren. Hierfür stehen verschiedene biologische Behandlungsanlagen zur Verfügung.
Die Abbildung A1 zeigt den Entsorgungs-, d. h. den Verwertungsweg der biologischen Abfälle in biologischen Behandlungsanlagen in Niedersachsen. Die wichtigsten Anlagen zur Verwertung von Bioabfällen sind Kompostierungsanlagen, Biogas- und Vergärungsanlagen sowie Biomassekraftwerke (vgl. A2). Im Jahr 2020 wurden in diesen Anlagen rund 2,8 Mio. Tonnen Bioabfälle behandelt (Input), deutlich mehr als die von den örE eingesammelten Bioabfälle in Höhe von 1,33 Mio. Tonnen, weil die Anlagen auch gewerbliche organische Abfälle entsorgen. Gewerbliche Abfälle, die nicht im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung eingesammelt werden, sind z. B.
- Küchen- und Kantinenabfälle,
- Schlämme aus betriebseigener Abwasserbehandlung,
- für Verzehr oder Verarbeitung ungeeignete Stoffe oder
- tierische Ausscheidungen wie Gülle und Mist.
In die Kompostierungsanlagen in Niedersachsen gingen rund 1,08 Mio. Tonnen Bioabfälle (vgl. A1, A2) und die Biogas- und Vergärungsanlagen verzeichneten einen Input von rund 843.000 Tonnen (vgl. A1, A2).
Biomassekraftwerke1Biomassekraftwerke sind eine spezielle Art der Feuerungsanlage und keine biologische Behandlungsanlage. Sie dienen ausschließlich der energetischen Verwertung von Bioabfällen. in Niedersachsen verwerteten 2020 rund 859.000 Tonnen Abfälle, darunter 830.000 Tonnen Holz sowie Rinden- und Korkabfälle.
Auf die biologischen Behandlungsanlagen
- Bioabfallkompostierungsanlagen,
- Grünabfallkompostierungsanlagen,
- Biogas-/Vergärungsanlagen und
- kombinierte Kompostierungs- und Vergärungsanlagen
entfiel ein Abfallaufkommen von 1,92 Mio. Tonnen. Gut zwei Drittel (67,1%) davon bestanden aus Siedlungsabfällen wie Biotonne bzw. Biosack und Garten-, Park- und Friedhofsabfällen sowie gewerblichen Küchen- und Kantinenabfällen (1,29 Mio. Tonnen). Knapp ein Drittel (30,6%) waren Abfälle aus „Landwirtschaft, Gartenbau, Teichwirtschaft, Forstwirtschaft, Jagd und Fischerei sowie der Herstellung und Verarbeitung von Nahrungsmitteln“. Das restliche Aufkommen (2,3%) umfasste „Abfälle aus der Holzbearbeitung und der Herstellung von Platten, Möbeln, Zellstoffen, Papier und Pappe“ und „Abfälle aus Abfallbehandlungsanlagen und öffentlichen Abwasserbehandlungsanlagen“ und „Abfälle aus organisch-chemischen Prozessen“.
Die Biomassekraftwerke in Niedersachsen entsorgten insgesamt 859.000 Tonnen organische Abfälle. In ihnen wurden hauptsächlich „Abfälle aus Abfallbehandlungsanlagen und öffentlichen Abwasserbehandlungsanlagen“ (85,0%), „Abfälle aus der Holzbearbeitung und der Herstellung von Platten, Möbeln, Zellstoffen, Papier und Pappe“ (10,2%) und „Abfälle aus Landwirtschaft, Gartenbau, Teichwirtschaft, Forstwirtschaft, Jagd und Fischerei sowie der Herstellung und Verarbeitung von Nahrungsmitteln“ (3,8%) entsorgt. Die Biomassekraftwerke verwerteten allein rund 722.000 Tonnen „Holz“ und „Holz, das gefährliche Stoffe enthält“.
Tabelle 1 (T1) zeigt die in Abfallentsorgungsanlagen aufgenommenen Abfallarten.
Verwertungswege der niedersächsischen Bioabfälle
Bioabfälle sind ein wertvoller energiereicher Wertstoff. Sie liefern Energie, Nährstoffe und Humus und leisten einen Beitrag zu der Einsparung fossiler Brennstoffe in der Energieversorgung und bei der Minderung von Treibhausgasemissionen. Sie helfen zudem, den Einsatz von Torf zu reduzieren, dienen der Bodenverbesserung durch Humusreproduktion und unterstützen die Rekultivierung von Flächen in der Landschaftspflege und -gestaltung.
Bevor Bioabfälle für Düngezwecke eingesetzt werden können, müssen sie biologische Behandlungsanlagen durchlaufen, denn unbehandelte Bioabfälle enthalten unerwünschte Verunreinigungen wie Erreger von Pflanzenkrankheiten oder fremde Pflanzensamen, die aus dem späteren Kompost fernzuhalten sind. Außerdem ist die vorgeschaltete Trennung von Fremdstoffen wie Steinen, Metallen oder Kunststoffen erforderlich.
Die Kompostierung der Bioabfälle in Kompostierungs- und Vergärungsanlagen erfolgt durch Zersetzung der Bioabfälle durch Mikroorganismen. Bei der Kompostierung werden Abfall aus der Biotonne und geeignete Grünabfälle (nicht holziger Anteil), also überwiegend festes Substrat, unter Sauerstoff (aerob) abgebaut. Bei der Abfallvergärung wird sowohl festes als auch flüssiges Ausgangsmaterial hingegen unter Sauerstoffausschluss (anaerob) eingesetzt.
Der Abfall wird in der Behandlungsanlage mehreren Behandlungsarten unterzogen. Nach einer ersten Zerkleinerung werden Fremdstoffe wie Sand, Steine, Kunststoffe oder Metalle aussortiert. Eine weitere Zerkleinerung des Materials verbessert den mikrobiellen Abbau.
Für die Vergärung wird dem Ausgangsmaterial Wasser zugesetzt, um einen optimalen Wassergehalt sicherzustellen. Anschließend liegen die Bioabfälle zwei bis drei Wochen in sogenannten Gärreaktoren.
Das durch die Vergärung entstehende Biogas kann in einem angeschlossenen Blockheizkraftwerk für die Strom- und Wärmeerzeugung eingesetzt werden. Die erzeugte Energie wird häufig von den Behandlungsanlagen selbst verbraucht. Ein anderer kleinerer Teil wird an Energieversorgungsunternehmen abgegeben.
Erzeugnisse aus Bioabfällen
Die erzeugten Komposte werden überwiegend in der Landwirtschaft und in der Landschaftspflege und -gestaltung eingesetzt, gefolgt von Privathaushalten (vgl. A3). Die im Jahr 2020 erzeugten 589.000 Tonnen Komposte in Niedersachsen würden rechnerisch ungefähr 45 Fußballfelder umfassen, auf denen 2,50 Meter hoch Kompost liegt.
Die flüssigen und festen Gärrückstände werden weitgehend in der Landwirtschaft als organische Düngemittel verwertet (vgl. A4).
Aus der Vergärung in Biogas- und Vergärungsanlagen wurden rund 125 Mio. m³ Biogas mit einem Methangehalt von 62% gewonnen (vgl. A5). Es wurde überwiegend selbst verbraucht: in den Abfallbehandlungsanlagen zur Erzeugung von Treibstoffen, Strom und/oder Wärme (69,0%) und an Energieversorgungsunternehmen abgegeben (30,7%). Fackelverluste machten 0,3% aus.
Die niedersächsischen Biomassekraftwerke setzten im Jahr 2020 rund 859.000 Tonnen feste Biomasse für die Erzeugung elektrischer Energie ein. Die Menge erzeugter Energie (Elektrizität und Wärme) wird im Rahmen der Umweltstatistik nicht erhoben.
Fußnoten
- 1Biomassekraftwerke sind eine spezielle Art der Feuerungsanlage und keine biologische Behandlungsanlage. Sie dienen ausschließlich der energetischen Verwertung von Bioabfällen.