Dieser Beitrag vergleicht die Position Niedersachsens und seiner Statistischen Regionen mit den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Im Bereich der Bevölkerung werden zum Beispiel die Bevölkerungszahl, die Geburtenziffer und die Lebenserwartung näher betrachtet, im Bereich Bildung die frühen Schulabgängerinnen und -abgänger sowie die höheren Bildungsabschlüsse.
Die Themen Wirtschaft und Arbeitsmarkt werden im zweiten Teil des Beitrags behandelt.
Niedersachsens Bevölkerung vergleichbar mit mittelgroßen EU-Staaten
- Die Bevölkerungszahl Niedersachsens stieg 2022 im Vergleich zu 2017 um 2,2% und damit deutlich stärker als im Durchschnitt der EU-27-Staaten (+0,6%).
- Durchschnittlich 1,52 Kinder hatten niedersächsische Frauen im Alter von 15 bis 49 Jahren im Jahr 2022 zur Welt gebracht. Im Vergleich zu den EU-27-Staaten lag Niedersachsen damit im mittleren Bereich.
- Die Lebenserwartung bei Geburt war 2022 in Niedersachsen mit 80,2 Jahren im Vergleich zu den EU-27 Staaten (80,6 Jahre) unterdurchschnittlich; nur in 10 östlichen EU-Staaten war die Lebenserwartung niedriger.
- Der Anteil der frühen Schulabgängerinnen und Schulabgänger lag in Niedersachsen 2023 bei 16,8%. Im EU-Vergleich nähme Niedersachsen damit den letzten Platz ein.
Niedersächsische Bevölkerungszahl stieg kurz- und mittelfristig deutlich stärker als im EU-Durchschnitt
Niedersachsen machte Ende 2022 mit 8,1 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern etwa 1,8% der 449 Millionen Personen in den EU-27-Staaten aus (vgl. Tab. T1 und Abb. A1). Die Bevölkerungszahl in Niedersachsen lag damit Ende 2022 zwischen denen von Österreich und Bulgarien, die unter den 27 EU-Mitgliedstaaten die Positionen 13 bzw. 14 einnahmen. In Deutschland lebten 84,4 Millionen Personen und damit 18,8% der EU-27-Bevölkerung.
Im Vergleich 2022 zu 2021 wuchs die Bevölkerung in Niedersachsen um 1,4% bzw. um gut 113.000 Personen. Insbesondere gab es eine sehr hohe Zahl an Schutzsuchenden aus der Ukraine infolge des im Februar 2022 begonnenen Angriffs der Russischen Föderation auf die Ukraine. In den EU-27-Staaten insgesamt gab es 2022 einen Bevölkerungszuwachs von gut 2,02 Millionen Personen (+0,5%), wovon mehr als die Hälfte (rund 1,12 Millionen Personen) die Bevölkerung in Deutschland um 1,3% wachsen ließ.
Mittelfristig entwickelte sich die Bevölkerung in den EU-27-Staaten sehr unterschiedlich
Im mittelfristigen Vergleich 2022 zu 2017 wuchs die Bevölkerung in Niedersachsen um 2,2% und damit deutlich stärker als im Durchschnitt der EU-27-Staaten (+0,6%; vgl. Tab. T1 und Abb. A2). EU-weit veränderte sich die Bevölkerungszahl sehr unterschiedlich: Während es im kleinsten EU-Staat Malta (+13,9%), Luxemburg (+9,8%) und Irland (+9,1%) besonders starke prozentuale Zuwächse in der Bevölkerung gab, schrumpfte die Bevölkerung in Bulgarien (-8,5%) und Kroatien (-6,2%) besonders stark.
Die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner nahm in den EU-27-Staaten im Vergleich 2022 gegenüber 2017 um gut 2,5 Millionen zu. Den absolut höchsten Zuwachs
- mit einem Plus von über 1,5 Millionen Personen gab es in Deutschland (+1,9%),
- gefolgt von Spanien (+1,4 Millionen Personen bzw. +3,0%) und
- Frankreich (+1,1 Millionen Personen bzw. +1,7%).
Dem stehen Bevölkerungsrückgänge in 9 östlichen und südlichen EU-Staaten gegenüber; darunter Italien mit dem größten Bevölkerungsverlust von gut 1,5 Millionen Personen (-2,5%) und Polen mit einem Rückgang von gut 1,2 Millionen Personen (-3,2%).
Innerhalb Niedersachsens war der Bevölkerungszuwachs von 2017 bis 2022 in den Statistischen Regionen Lüneburg und Weser-Ems mit einem Plus von jeweils 3,0% besonders hoch. In der Statistischen Region Hannover stieg die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner um 1,7%, in der Statistischen Region Braunschweig um 0,9%.
Anteil der Seniorinnen und Senioren in Niedersachsen höher als im Durchschnitt der 27 EU-Staaten
22,5% – und damit mehr als ein Fünftel der niedersächsischen Einwohnerinnen und Einwohner 2022 war 65 Jahre oder älter (vgl. Tab. T1 und Abb. A3). 6 Staaten in der Europäischen Union hatten einen höheren Anteil als Niedersachsen:
- Italien und Portugal mit dem höchsten Anteil von je 24,0% sowie
- Bulgarien,
- Finnland,
- Griechenland und
- Kroatien.
Wenige Seniorinnen und Senioren gab es 2022 in Luxemburg (14,9%) und Irland (15,2%). Im EU-Durchschnitt betrug der Anteil der älteren Bevölkerung 21,3%, in Deutschland 22,1%.
Im Vergleich zu 2017 stieg der Anteil der Seniorinnen und Senioren 2022 in den EU-27-Staaten um 1,4 Prozentpunkte. Mit 0,7 Prozentpunkten war der Anstieg in Niedersachsen geringer und lag auf dem gleichen Niveau wie in Deutschland und Estland. In den 3 EU-Staaten Schweden, Luxemburg und Litauen nahm der Anteil der älteren Bevölkerung im 5-Jahres-Vergleich weniger zu. Nur in Malta ging der Anteil der 65-Jährigen und Älteren leicht um 0,2% zurück.
Niedersachsens Geburtenziffer 2022 im mittleren Bereich der EU-Staaten
Durchschnittlich 1,52 Kinder hatten niedersächsische Frauen im Alter von 15 bis 49 Jahren im Jahr 2022 zur Welt gebracht (zusammengefasste Geburtenziffer1Die zusammengefasste Geburtenziffer (engl. total fertility rate) ist die Summe der altersspezifischen Geburtenziffern für die Altersjahre 15 bis 49. Eine altersspezifische Geburtenziffer zeigt die Relation zwischen der Zahl der von Müttern eines bestimmten Alters geborenen Kinder und der Zahl aller Frauen dieses Alters.). Im Vergleich zu den EU-27-Staaten lag Niedersachsen damit im mittleren Bereich auf dem Niveau von Schweden, Belgien und Kroatien (je 1,53). Deutschland2Quelle für zusammengefasste Geburtenziffer Deutschland und seine Länder: Statistisches Bundesamt (Destatis). lag mit einem Wert von 1,46 ebenfalls im Mittelfeld der EU-Staaten (vgl. Tab. T1 und Abb. A4). Spitzenreiter waren 2022 Frankreich mit 1,79, Rumänien (1,71) und Bulgarien (1,65). Die niedrigste zusammengefasste Geburtenziffer wurde für Malta (1,08) berechnet, gefolgt von Spanien (1,16) und Italien (1,24).
Im Vergleich 2022 zu 2017 sank die zusammengefasste Geburtenziffer in Niedersachsen um 0,10 (Deutschland: -0,11). Die stärksten Rückgänge im 5-Jahres-Vergleich verzeichneten Litauen (-0,36) und Schweden (-0,25), die deutlichsten Anstiege gab es in Kroatien (+0,11) und Bulgarien (+0,09).
Lebenserwartung in Niedersachsen 2022 gegenüber 2020 stärker gesunken als im EU-Durchschnitt
Im Jahr 2022 betrug die Lebenserwartung bei der Geburt in Niedersachsen 80,2 Jahre, in Deutschland 80,7 Jahre. Damit war die Lebenserwartung bei der Geburt in Niedersachsen im Vergleich zu den EU-27 Staaten (80,6 Jahre) unterdurchschnittlich (vgl. Tab. T2 und Abb. A5). Nur in 10 östlichen EU-Staaten war die Lebenserwartung bei Geburt geringer als hierzulande. Spitzenreiter war Spanien mit 83,2 Jahren vor Schweden (83,1) und Luxemburg (83,0). Hier lag die Lebenserwartung damit mehr als 8 Jahre höher als in Bulgarien (74,2 Jahre) und Lettland (74,5 Jahre).
Im Vergleich des 3. Corona-Jahres 2022 gegenüber dem 1. Corona-Jahr 2020 entwickelte sich die Lebenserwartung in Niedersachsen entgegen dem Trend in der EU: Während die Lebenserwartung in der EU durchschnittlich um 0,2 Jahre stieg, sank sie in Niedersachsen um 0,7 Jahre. Nur in den 4 EU-Staaten
- Lettland (-1,0 Jahre) sowie
- Zypern, Estland und Finnland (jeweils -0,8 Jahre)
war der Rückgang der Lebenserwartung in diesem Zeitraum stärker als in Niedersachsen. Hingegen gab es in 11 EU-Staaten Anstiege der Lebenserwartung um mehr als ein halbes Jahr; die stärksten Anstiege verzeichneten
- Belgien (+1,0 Jahre),
- Rumänien (+0,9 Jahre) sowie
- Spanien und Luxemburg (jeweils +0,8 Jahre).
Die Lebenserwartung bei Geburt sank in Niedersachsen und Deutschland 2022 gegenüber 2017 um 0,4 Jahre, während sie EU-weit etwas weniger (-0,3 Jahre) zurückging. Nur in 7 Staaten war die Lebenserwartung der Einwohnerinnen und Einwohner 2022 höher als 5 Jahre zuvor. Die höchsten Anstiege registrierten Luxemburg (+0,9 Jahre), Schweden (+0,6 Jahre) und Irland (+0,4 Jahre). Hingegen sank die Lebenserwartung in Zypern, Griechenland, Polen und Bulgarien (jeweils -0,6 Jahre) am stärksten.
Bildung: Anteil früher Schulabgängerinnen und Schulabgänger in Niedersachsen mittelfristig deutlich gestiegen
Bildungsabschlüsse sind für junge Menschen von großer Bedeutung für einen erfolgreichen Übergang aus dem Bildungssystem in das Erwerbsleben (Tab. T2). Ein wichtiger Bildungsindikator ist deshalb der Anteil früher Schulabgängerinnen und Schulabgänger3Das sind 18- bis 24-jährige Personen, die weder über eine Hochschulzugangsberechtigung wie Abitur oder Fachhochschulreife noch über eine Berufsausbildung verfügen, sich nicht im Grund- und Zivildienst befinden und auch nicht an Aus- oder Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen. an der gleichaltrigen Bevölkerung, der EU-weit bis zum Jahr 2030 bei unter 9% liegen soll.
Im Jahr 2023 ging er in der EU-27 gegenüber 2018 um 1,0 Prozentpunkte auf 9,5% zurück (vgl. Tab. T2). Die Spanne zwischen den EU-Staaten war 2023 aber weiterhin sehr groß. Die höchsten Anteile gab es 2023 in Rumänien (16,6%), Spanien (13,7%) und Deutschland (12,8%), während Kroatien (2,0%), Griechenland und Polen (jeweils 3,7%) sowie Irland (4,0%) sehr niedrige Werte aufwiesen (vgl. Abb. A6). Deutschland lag 2023 damit deutlich über dem erklärten Zielwert für 2030 von 9%: Er ist 2023 gegenüber 2018 in Deutschland sogar um 2,5 Prozentpunkte gestiegen. In Niedersachsen stieg der Anteil im Jahr 2023 mittelfristig sogar um 5,7 Prozentpunkte auf 16,8%. Unter den EU-27 Staaten würde Niedersachsen damit den letzten Platz belegen.
Geringer Anteil von Menschen mit höheren Bildungsabschlüssen in Niedersachsen und Deutschland täuscht
35,1% der Frauen und Männer im Alter von 25 bis 64 Jahren verfügten 2023 in der Europäischen Union über einen tertiären Bildungsabschluss (vgl. Tab. T2 und Abb. A7), also einen Abschluss der Stufe 5 bis 8 gemäß der International Standard Classification of Education (ISCED 2011). Die Spannweite reichte in der EU von 54,5% in Irland bis zu 18,6% in Rumänien, wobei der Anteil mit Ausnahme von Finnland (-1,9 Prozentpunkte) in allen EU-Staaten im Vergleich zu 2018 gestiegen ist. In Deutschland betrug der Anteil der Menschen mit tertiären Bildungsabschlüssen4Tertiäre Abschlüsse (ISCED Level 5 bis 8) können in Deutschland an Hochschulen und Fachhochschulen sowie an Verwaltungshochschulen, Berufs- und Fachakademien, Fachschulen und Schulen des Gesundheitswesens erworben werden. 2023 nur 33,3%, in Niedersachsen 30,3%.
Jedoch täuschen die unterdurchschnittlichen Anteile in Deutschland und Niedersachsen an dieser Stelle, da darin die sogenannten postsekundaren nicht-tertiären Abschlüsse (ISCED Level 4)5Postsekundare nicht-tertiäre Bildungsabschlüsse (ISCED Level 4) sind dadurch gekennzeichnet, dass zwei Abschlüsse des Sekundarbereichs II nacheinander oder auch gleichzeitig erworben werden, zum Beispiel zunächst ein Abitur und im Anschluss eine Lehrausbildung. Eurostat veröffentlicht diese Abschlüsse nur zusammen mit dem Sekundarbereich II (ISCED Level 3). nicht berücksichtigt werden. Während es sie in vielen EU-Staaten nahezu nicht gibt, spielen diese Abschlüsse im deutschen Bildungswesen eine wichtige Rolle: Im Jahr 2022 hatten in Deutschland 12,8% und in Niedersachsen 13,2% der 25-bis 64-Jährigen einen postsekundaren nicht-tertiären Abschluss.6Quellen für Bildungsabschlüsse der deutschen Bundesländer: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Internationale Bildungsindikatoren im Ländervergleich, 2022, Tabelle A1.1a (Erstergebnisse des Mikrozensus 2022).
Weitere Informationen zu den Themen gibt es auf www.statistik.niedersachsen.de:
Fußnoten
- 1Die zusammengefasste Geburtenziffer (engl. total fertility rate) ist die Summe der altersspezifischen Geburtenziffern für die Altersjahre 15 bis 49. Eine altersspezifische Geburtenziffer zeigt die Relation zwischen der Zahl der von Müttern eines bestimmten Alters geborenen Kinder und der Zahl aller Frauen dieses Alters.
- 2Quelle für zusammengefasste Geburtenziffer Deutschland und seine Länder: Statistisches Bundesamt (Destatis).
- 3Das sind 18- bis 24-jährige Personen, die weder über eine Hochschulzugangsberechtigung wie Abitur oder Fachhochschulreife noch über eine Berufsausbildung verfügen, sich nicht im Grund- und Zivildienst befinden und auch nicht an Aus- oder Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen.
- 4Tertiäre Abschlüsse (ISCED Level 5 bis 8) können in Deutschland an Hochschulen und Fachhochschulen sowie an Verwaltungshochschulen, Berufs- und Fachakademien, Fachschulen und Schulen des Gesundheitswesens erworben werden.
- 5Postsekundare nicht-tertiäre Bildungsabschlüsse (ISCED Level 4) sind dadurch gekennzeichnet, dass zwei Abschlüsse des Sekundarbereichs II nacheinander oder auch gleichzeitig erworben werden, zum Beispiel zunächst ein Abitur und im Anschluss eine Lehrausbildung. Eurostat veröffentlicht diese Abschlüsse nur zusammen mit dem Sekundarbereich II (ISCED Level 3).
- 6Quellen für Bildungsabschlüsse der deutschen Bundesländer: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Internationale Bildungsindikatoren im Ländervergleich, 2022, Tabelle A1.1a (Erstergebnisse des Mikrozensus 2022).