Ergebnisse aus dem Mikrozensus 2022 zu der Verteilung von Voll- und Teilzeitarbeit in Niedersachsen
Haben die Generationen Y und Z, die zwischen 1980 und 2010 geboren wurden, wirklich eine niedrige Arbeitsmoral und einen vermehrten Wunsch nach Teilzeitarbeit? Dieser Artikel thematisiert die Altersverteilung der in Teilzeit arbeitenden Personen in Niedersachsen und ihre Beweggründe auf Basis der Erstergebnisse des Mikrozensus 2022.
In den letzten Jahren werden die Generationen Y und Z häufig mit einer niedrigen Arbeitsmoral, einem hohen Bedürfnis nach Freizeit und einer fehlenden Weitsicht für die Zukunft in Verbindung gebracht. Immer wieder gibt es in Bezug auf diese Thematik medial ausgetragene Diskussionen über die Folgen der Teilzeitarbeit von jungen Menschen. Dabei stehen häufig die Work-Life-Balance und die Ansprüche von Unternehmen an die Mitarbeitenden im Widerspruch.
Es stellt sich die Frage, ob es, wie häufig suggeriert wird, tatsächlich die junge Generation ist, die den Wunsch nach Teilzeit äußert oder ob es einen generellen Wandel vom Vollzeit-Standard hin zu flexiblen Teilzeitmodellen gibt, der sich intergenerational etabliert. In diesem Artikel geht es daher um die Altersverteilung der in Teilzeit arbeitenden Personen, ihre Beweggründe und mögliche Faktoren, die den Wunsch nach der Teilzeitarbeit bedingen. Dafür werden in diesem Artikel die Erstergebnisse des Mikrozensus aus dem Jahr 2022 verwendet.
Aufgrund der methodischen und technischen Umgestaltung des Mikrozensus im Jahr 2020 hat sich die Erfassung von Beschäftigungsverhältnissen verändert. Während bis 2019 lediglich die Arbeitszeit in Wochenstunden abgefragt wurde, wird seit 2020 zusätzlich die Klassifizierung des Beschäftigungsverhältnisses den Befragten überlassen und zudem erfragt, aus welchen Gründen sie sich für ein Voll- oder Teilzeitverhältnis entschieden haben. Besonders die Gründe, warum sich für eine Teilzeitbeschäftigung entschieden wurde, ist für die Frage nach der Arbeitsmoral von besonderer Bedeutung.
Voll- und Teilzeitbeschäftigung in Niedersachsen
Im Jahr 2022 waren insgesamt knapp 3,8 Millionen Personen ab einem Alter von 15 Jahren in Niedersachsen erwerbstätig, der überwiegende Teil arbeitete in Vollzeit (67,7%). Insgesamt 32,3% aller abhängig Beschäftigten arbeiteten in Teilzeit. Bei der Betrachtung der Verteilung von Personen, die in Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen arbeiten, ist zunächst zu bemerken, dass es vor allem Frauen sind, die in Teilzeit arbeiten. Sie arbeiteten mit 80,0% aller Teilzeitbeschäftigten deutlich häufiger in dieser Beschäftigungsform, während Männer nur 20,0% ausmachten (Abb. A1).
Hauptgründe für Teilzeitbeschäftigung in Niedersachsen
Seit 2020 werden durch den Mikrozensus die Gründe für eine Teilzeitbeschäftigung nach Altersgruppen erhoben, erfragt wird dabei ausschließlich der Hauptgrund. Dies ermöglicht genauere Einblicke in Beweggründe und Faktoren, die zur Aufnahme einer Teilzeitbeschäftigung führen (Abb. A2 und A3). Darüber hinaus zeichnen sich geschlechtertypische Gründe für das Arbeiten in Teilzeit ab (Abb. A4).
In der Verteilung der abhängig Erwerbstätigen nach den Gründen für Teilzeit (Abb. A2) lassen sich deutliche alterstypische Unterschiede feststellen. Von den 1,2 Millionen Teilzeitbeschäftigten sind es vor allem jüngere Menschen zwischen 15 und 25 Jahren, die als Grund für die Teilzeit eine Schulausbildung, ein Studium oder eine sonstige Aus- und Fortbildung angaben (89.000 Beschäftigte). Mit zunehmendem Alter spielt die Ausbildung immer weniger eine Rolle. Die meisten Personen, die aufgrund von Kinderbetreuung in Teilzeit arbeiten, waren zwischen 35 und 45 Jahre alt. Keine bzw. eine geringfügige Rolle spielt die Kinderbetreuung bei Beschäftigen über 55. Die älteren Altersgruppen (45- bis unter 55- und 55- bis unter 65-Jährige) gaben als Grund für das Teilzeitbeschäftigungsverhältnis hingegen häufiger die Betreuung eines Menschen mit Behinderung oder einer anderweitig pflegebedürftigen Person an. Nur ein Zehntel der Teilzeitbeschäftigten, die sich um pflegebedürftige Personen kümmert, war unter 35 Jahre alt.
Für die Frage nach der Generation Teilzeit ist besonders die Personengruppe in den Blick zu nehmen, die angab, dass der Wunsch nach einer Teilzeitarbeit der Hauptgrund für diese Art des Beschäftigungsverhältnisses ist. Insgesamt war dies bei 325.000 und damit bei etwas mehr als einem Viertel aller Personen in Teilzeit der Fall. Gemessen an der Zahl aller abhängig Beschäftigten arbeiteten 8,6% auf eigenen Wunsch in Teilzeit (Abb. A3). Die größte Gruppe von ihnen war zwischen 55 und 65 Jahre alt (130.000 Beschäftigte). Weitere 89.000 von den Teilzeitbeschäftigen waren 45 bis 55 Jahre alt. Die kleinste Kohorte derer, die aufgrund ihres Wunsches in Teilzeit arbeiten, war zwischen 15 und 25 Jahre alt (25.000 Beschäftigte). Die jüngeren Beschäftigten sind demnach nicht diejenigen, die den Wunsch nach Teilzeit am häufigsten realisieren. Vielmehr zeichnet sich mit zunehmendem Alter ein Anstieg des Teilzeitwunsches ab (Abb. A3). So arbeiten in der Altersklasse 25 bis unter 35 Jahre lediglich 3,2% aller abhängig Beschäftigten dieser Altersklasse aufgrund des eigenen Wunsches in Teilzeit. Bei den 45- bis unter 55-Jährigen sind es bereits 10,5% und in der Altersklasse von 55 bis unter 65 Jahren 15,8%. Im Rentenalter (65- bis unter 75-Jährige) arbeiten 33,3% der Personen, die abhängig beschäftigt sind, auf eigenen Wunsch in Teilzeit, jedoch sind in dieser Alterskohorte insgesamt nur noch knapp 100.000 Personen erwerbstätig.
Im Kontrast dazu stehen Personen, die nicht in der Lage sind, eine Vollzeitbeschäftigung zu finden. Davon betroffen waren nur 5,3% (64.000 Beschäftigte). Von den Personen, die diesen Grund nannten, waren 44,0% zwischen 35 und 55 Jahre alt. 29,6% waren über 55 und nur 26,4% waren zwischen 15 und 35 Jahre alt. Ein anderer Hauptgrund oder eine fehlende Angabe eines Hauptgrundes wurde von 151.000 der Personen in Teilzeit benannt.
Teilzeitbeschäftigung bei Frauen und Männern in Niedersachsen
Abbildung A4 zeigt auf, aus welchen Gründen Frauen und Männer sich für eine Arbeit in Teilzeit entscheiden. Hier zeichnen sich unterschiedliche Motive ab. Während der Hauptgrund für Frauen in der Kinderbetreuung lag (28,0%), arbeiteten Männer am häufigsten in Teilzeit, wenn sie sich noch in der Ausbildung befinden (23,3%). Die Betreuung von Kindern stellte für männliche Beschäftigte nur in den wenigsten Fällen einen Grund dar, ein Teilzeitverhältnis einzugehen (5,4%). So arbeiteten 272.000 Frauen aufgrund der Betreuung von Kindern in Teilzeit, aber nur 13.000 Männer. Zudem arbeiteten 168.000 Frauen aufgrund der Betreuung von Menschen mit Behinderung oder pflegebedürftigen Personen in Teilzeit, bei den Männern sind es lediglich 29.000 Personen.
Männer arbeiteten aufgrund eines Teilzeitwunsches gemessen an allen Teilzeitbeschäftigten prozentual lediglich wenige Prozentpunkte weniger in Teilzeit (22,5%) als Frauen (27,8%). Ein vergleichsweise großer Anteil an Männern ließ offen, aus welcher Motivation heraus er nicht in Vollzeit arbeitet (20,3%). Diese Männer gaben einen „anderen Hauptgrund einschl. ohne Angabe des Grundes“ an. Insgesamt arbeiteten jedoch deutlich weniger Männer (knapp 55.000 Personen) auf eigenen Wunsch in Teilzeit als Frauen (gut 270.000 Personen).
Fazit
Die Gründe für eine Beschäftigung in Teilzeit sind vielfältig. Als bedeutsamster Grund für das Wahrnehmen einer Teilzeitbeschäftigung wurde der Teilzeitwunsch genannt (26,7%). Auch die Betreuung von Kindern (23,5%) und pflegebedürftigen Personen (16,2%) war für viele Teilzeitbeschäftigte relevant. Weniger bedeutsam war, dass keine Vollzeitanstellung gefunden werden kann (5,3%).
Besonderes Augenmerk lag auf der Altersstruktur der Personen, die nur auf persönlichen Wunsch hin in Teilzeit arbeiteten, bzw. auf der Frage, ob es sich dabei hauptsächlich um die jüngere Generation handelt. Durch die Ergebnisse des Mikrozensus 2022 kann gezeigt werden, dass von allen Personen, die aus eigenem Wunsch in Teilzeit arbeiten, die überwiegende Mehrheit über 35 Jahre alt ist. Es ist ein deutlicher Anstieg des Teilzeitwunsches mit steigendem Alter zu erkennen.
Die jüngeren Alterskohorten (unter 35 Jahre alt) machen den kleinsten Anteil derer aus, für die eine Teilzeittätigkeit realisiert wird. Dies widerspricht zumindest teilweise dem Eindruck, der häufig durch die mediale Berichterstattung vermittelt wird. Anzumerken ist hierbei jedoch, dass die detaillierten Gründe für den eigenen Wunsch nach Teilzeitarbeit nicht genauer abgefragt wurden. So könnte zum Beispiel der Wunsch nach mehr Freizeit ursächlich sein. Zudem kann aus den Zahlen nicht ersehen werden, wie viele Personen sich eine Teilzeittätigkeit wünschen, diese aber aufgrund des Angebotes auf dem Arbeitsmarkt nicht realisieren können.
In der jüngsten Altersgruppe hat die Schul- und Ausbildung den größten Einfluss auf die Entscheidung in Teilzeit zu arbeiten, sobald sich die Lebensform hin zur Familiengründung entwickelt, wie es sich bei den 35- bis 55-Jährigen zeigt, spiegelt sich dies in der Erhebung wider, da hier häufig aufgrund von Kinderbetreuung die Arbeitszeit reduziert wird. Neben der Begründung in Teilzeit zu arbeiten, um sich um pflegebedürftige Personen zu kümmern, zeigt sich, dass mit zunehmendem Alter der Teilzeitwunsch steigt. Hier bleibt zu beobachten, ob sich die Verteilung von Voll- und Teilzeitbeschäftigung in den nächsten Jahren durch die Generation Z und Y verändern wird.