Rückblick auf die Jahrestagung 2025 – „Zahlen, die zählen…“

Rückblick auf die Jahrestagung 2025 – „Zahlen, die zählen…“
Foto: LSN

Am 23. September 2025 fand die Jahrestagung des Landesamtes für Statistik Niedersachsen (LSN) im traditionsreichen Leibnizhaus Hannover statt. Unter dem Titel „Zahlen, die zählen – Daten für einen effizienten Staat“ diskutierten Expertinnen und Experten aus Statistik, Verwaltung, Politik und Wirtschaft über die Rolle von Daten für eine moderne und handlungsfähige Verwaltung.

Begrüßung und Auftakt

Die Präsidentin des LSN, Simone Lehmann, eröffnete die Veranstaltung mit einer klaren Ansage: Daten sind nicht nur Grundlage für Statistik, sondern auch für effiziente staatliche Steuerung. Sie erinnerte daran, dass die amtliche Statistik seit über 20 Jahren Verwaltungsdaten nutzt – ein Meilenstein, der heute aktueller denn je sei.

Mit Blick auf die Entlassung der Leiterin der US-Arbeitsmarktstatistikbehörde nach der Veröffentlichung unerwünschter Zahlen und jüngster unsachlicher Kritik am Statistischen Bundesamt betonte sie zudem die Bedeutung der fachlichen Unabhängigkeit der amtlichen Statistik. Gerade in Zeiten von Desinformation und Vertrauensverlust in Institutionen sei es entscheidend, dass statistische Daten frei von politischem Einfluss veröffentlicht werden – im Positiven wie im Negativen.

„Nur mit unabhängiger Statistik können Daten glaubwürdig sein – und nur mit glaubwürdigen Daten kann ein Staat effizient handeln“, so die Präsidentin.

LSN Jahrestagung im Leibnizhaus Hannover 2025
Auftakt in die Jahrestagung mit LSN-Präsidentin Frau Lehmann, Foto: LSN

20 Jahre Verwaltungsdatenverwendung – Rückblick und Ausblick

Patrizia Mödinger (Statistisches Bundesamt) und Franziska Große (LSN) gaben einen Überblick über die Entwicklung der Verwaltungsdatennutzung in der amtlichen Statistik. Seit dem Verwaltungsdatenverwendungsgesetz von 2003 wurden kontinuierlich neue Datenquellen in der amtlichen Statistik integriert – vom Statistikregister über Konjunkturstatistiken bis hin zum Zensus.

Die Referentinnen stellten folgende Vorteile heraus:

  • Entlastung der Unternehmen durch Sekundärnutzung bereits vorhandener Daten,
  • Ersatz von Großzählungen,
  • tief gegliederte regionale Auswertungen sowie
  • Bereitstellung von Daten für die Wissenschaft.

Gleichzeitig wurden Herausforderungen deutlich: Datenbestände sind oft nicht für statistische Zwecke gemacht, enthalten Dubletten, widersprüchliche Angaben oder kommen zu spät. Die Vortragenden forderten deshalb, die Mitgestaltungsmöglichkeiten der Statistik bei Verwaltungsdaten von Beginn an zu stärken und die Qualität der Datenquellen zu erhöhen.

LSN Jahrestagung im Leibnizhaus Hannover 2025
Franziska Große (Leiterin für Abteilung 3 Wirtschaft im LSN), Foto: LSN

Daten als Ressource – Impulse aus Wissenschaft und Praxis

Seinen Vortrag eröffnete Stephan Löbel, CEO des Stein-Hardenberg-Instituts (SHI), mit der Feststellung: „Ein Staat ohne Daten ist wie ein Körper ohne Nervensystem.“ Er zeigte auf, wie verstreut, widersprüchlich und wenig verknüpft Daten in der Verwaltung oft vorliegen – mit Folgen für politische Entscheidungen und unternehmerische Planungssicherheit. Löbel plädierte für:

  • Registermodernisierung und Anschluss an das Nationale Once-Only-System (NOOTS),
  • „Law as Code“ – Rechtsnormen sollen digital interpretierbar und testbar sein,
  • Aufbau von Datenplattformen und Digitalen Zwillingen für zentrale Bereiche wie Energie, Verkehr und Gesundheit sowie
  • Datenkonsolidierung als Hebel für Bürokratieabbau und bessere Verwaltungsleistung.

Er betonte: Ohne gute Daten bleibt KI ein Papiertiger.

Podiumsdiskussion: Registermodernisierung, Datenverantwortung und Bürokratieabbau

An die beiden Vorträge schloss sich eine Podiumsdiskussion mit Kerstin Liebelt (Clearingstelle Niedersachsen), Franziska Große (LSN), Stephan Löbel (Stein-Hardenberg-Institut) und Moderator Niklas Kleinwächter (Rundblick Niedersachsen) an.

Im Zentrum stand die Frage: Wie gelingt der Übergang zu einem datenbasierten, effizienten Staat? Dabei wurde deutlich, dass die technische Infrastruktur allein nicht ausreicht – es braucht ein Umdenken in Verwaltung und Politik.

Stephan Löbel betonte, dass registerführende Stellen nicht nur Datenlieferanten, sondern auch Data-Consumer seien. Er plädierte erneut für den Anschluss an das nationale Once-Only-System NOOTS, das eine zentrale technische Grundlage für die Registermodernisierung bilde. Gleichzeitig warnte er davor, dass viele Stellen die notwendige Konsolidierung scheuten – aus Sorge vor Aufwand oder Kontrollverlust. Ein Ansatz um dem zu begegnen, sei das Prinzip „Register as a Service“: Die Hoheit über die Daten bleibe dabei dezentral, die Daten werden aber zentral gespeichert.

LSN Jahrestagung im Leibnizhaus Hannover 2025
Kerstin Liebelt (Clearingstelle Niedersachsen) und Moderator Niklas Kleinwächter (Rundblick Niedersachsen), Foto: LSN

Erhebungsmerkmale kritisch hinterfragen

Franziska Große sprach sich dafür aus, „alte Zöpfe abzuschneiden“ und kritisch zu hinterfragen, welche Merkmale bei der Datenerhebung wirklich notwendig sind. Sie verwies auf die Belastung durch Berichtspflichten und die Notwendigkeit, diese regelmäßig zu evaluieren. Wenn es bei der Streichung von Erhebungsmerkmalen konkret werde, würden sich die Forderungen der verschiedenen Datennutzerinnen und -nutzer, z. B. aus Verbänden und Kammern, allerdings zum Teil diametral gegenüberstehen.

Kerstin Liebelt berichtete aus der Praxis der Clearingstelle: In Workshops mit Unternehmen wurde deutlich, dass viele ihre Berichts-, Nachweis- und Dokumentationspflichten gar nicht klar zuordnen können – Statistik, Verwaltung, Kammern? Die Clearingstelle untersuche nun systematisch, welche Daten wo abgefragt werden und ob das wirklich nötig sei. Sie stellte fest, dass die Verwaltung oft schon weiter sei als die Politik – angesichts von Personalmangel wolle und könne man dort gar nicht mehr alles bis ins Kleinste nachverfolgen, während die Politik immer noch die Tendenz habe, alles detailliert regeln zu wollen.

Niklas Kleinwächter griff die Diskussion auf und fragte pointiert: „Was muss passieren, damit Once-Only wirklich klappt?“ Die Diskutanten waren sich einig, dass es Transparenz über Datenverfügbarkeit und Verantwortungsbewusstsein bei den registerführenden Stellen brauche.

Mehrfachnutzung von Daten

Ein spannender Impuls kam mit der Idee eines Datennachnutzungschecks aus dem Publikum. Gemeint war damit eine systematische Prüfung in Gesetzgebungsverfahren, ob Daten, die bei der Umsetzung des Gesetzes anfallen, für andere Zwecke nachgenutzt werden können.

Die Diskussion zeigte: Die Herausforderungen sind komplex, aber die Lösungsansätze konkret. Es geht um technische Standards, rechtliche Rahmenbedingungen und vor allem um eine neue Datenkultur in Staat und Verwaltung.

Zum Abschluss der Tagung betonte die Präsidentin, dass viele konkrete Vorschläge gemacht worden seien. Der Gesetzgeber sei gefragt, damit sich wirklich etwas ändern könne, und erinnerte an den Grundsatz: „Keine Statistik ohne Gesetz.“

Weitere Informationen zu den Vorträgen

Die Präsentationen der verschiedenen Vorträge stehen auf der Website des LSN zur Verfügung.