Das Erntejahr 2023 in Niedersachsen – Jahresrückblick Landwirtschaft Teil 1

Blick über ein Getreidefeld in der Abendsonne.
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Wie entwickelte sich die Landwirtschaft 2023 in Niedersachsen? Und wie wirkte sich das zu warme und zu nasse Wetter auf den Anbau von Getreide, Mais, Kartoffeln oder Zuckerrüben aus? Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die niedersächsische Ernte 2023 und einen ersten Ausblick auf 2024.

Ernteberichterstattung

Seit 1878 wird im Rahmen der freiwilligen Ernte- und Betriebsberichterstattung die Ertragsschätzung für viele Ackerkulturen mit Hilfe von ehrenamtlichen Landwirtinnen und Landwirten durchgeführt. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Erntestatistik um die Besondere Ernte- und Qualitätsermittlung erweitert, um die Erntedaten durch das Wiegen des Ernteguts quantitativ und qualitativ genauer zu erfassen. Ohne diese beiden Verfahren ist eine unabhängige und vergleichbare Ertragsbestimmung im gesamten Bundesgebiet nicht möglich. Weitere Informationen dazu: www.statistik.niedersachsen.de.

Die immer häufiger lokal auftretende Wetterextreme machen es zunehmend schwieriger, ein zutreffendes Bild der landwirtschaftlichen Erträge für die einzelnen Regionen Niedersachsens zu zeichnen. Die Herausforderungen des Erntejahres 2023 konnten dank der Auskunft von rund zweitausend landwirtschaftlichen Betrieben beziffert und beschrieben werden. Im Allgemeinen lässt sich aber für das vergangene Jahr für ganz Niedersachsen festhalten: es war im Vergleich zum mehrjährigen Durchschnitt „überwiegend zu warm“ und „außerordentlich nass“ (Abbildung A1, A2). Der Beitrag wirft einen genauen Blick auf diese und weitere Herausforderungen des Erntejahres 2023.

Regenüberschuss und Regendefizit in Niedersachsen 2022-2023 gegenüber dem langjährigen Mittel seit 1981: Nur im Februar, Mai,, Juni und September 2023 gab es einen Regendefizits. Insbesondere die zweite Jahreshälfte war vom Regenüberschuss geprägt.
A1 Regenüberschuss und Regendefizit in Niedersachsen 2023 gegenüber dem langjährigen Mittel seit 1981

Niederschlagsreichstes Jahr in Niedersachsen seit Beginn der Wetteraufzeichnung

Im Jahr 2023 fiel in Niedersachsen durchschnittlich 41% mehr Niederschlag (1.074 mm) als im mehrjährigen Durchschnitt von 1981 bis 2022 (762 mm). Es war das niederschlagsreichste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnung (Abbildung A1). Die Temperaturen lagen in den meisten Monaten über dem Durchschnitt, sodass es im Winter 2022/2023 zu keinen gravierenden Ausfällen durch Auswinterung1Unter Auswinterung werden vielfältige winterbedingte Schäden vor allem am Wintergetreide und auf dem Grünland zusammengefasst, die die Ertragsfähigkeit beeinträchtigen oder zum Totalschaden eines Bestandes führen können. Neben (Boden-)Frost sind Fäulnis, Überflutung, Sauerstoff- und Wassermangel die Hauptursachen für diverse Schadensformen im Bestand. Neben direkten Pflanzenschäden zählen auch massive Pilzerkrankungen und Mangelerscheinungen zu den Folgen. gekommen ist (Abbildung A2). Der trockene und heiße Frühsommer setzte viele Ackerkulturen unter Stress – darunter litten vor allem die Sommerungen, Hackfrüchte und das Grünland.

Temperaturveränderungen in Niedersachsen 2022-2023 gegenüber dem langjährigen Mittel seit 1981: Lediglich April und Mai 2023 waren zu kalt. Die meisten Monate lagen deutlich über dem mehrjährigen Durchschnitt.
A2 Monatliche Temperaturveränderungen in Niedersachsen 2023 gegenüber dem langjährigen Mittel seit 1981

Die permanente Nässe in der zweiten Jahreshälfte beeinträchtigte den Ernteverlauf der Winter- und Sommerkulturen. Die daraus resultierende Ernteverzögerung beim Winterraps und Winterweizen um mehrere Wochen war ungewöhnlich. Allein die Ernte der Wintergerste verlief weitgehend normal. Die Sommerkulturen, die wegen des nass-kühlen Frühjahrs oft verspätet ausgesät wurden, keimten wegen der anhaltenden Trockenheit schlecht und waren in ihrem Wachstumszyklus verzögert. Anschließend konnten sie wegen des Dauerregens und stark eingeschränkter Befahrbarkeit der Flächen nicht komplett geerntet werden. Im Verlauf der Ernte kam es durch die widrigen Bedingungen unter anderem zu massiven Schäden der Bodenstruktur.

Ertragsverluste bei fast allen Getreidearten

Entsprechend enttäuschend lagen die niedersächsischen Getreideerträge (ohne Körnermais) 2023 unter dem 6-jährigen Durchschnitt von 2017 bis 2022. Besonders das Sommergetreide litt unter der ungünstigen Witterung und brachte teilweise bis zu 25% weniger auf die Waage (Tabelle T1, T2, Abbildung A3). Selbst im Vergleich zum extrem trockenen Vorjahr wurde bei Sommergerste 34,4% und bei Hafer 28,9% weniger Ernte eingefahren.

Beim Wintergetreide lagen die Ertragsverluste im Jahr 2023 im einstelligen Bereich. Mit 78,9 dt/ha sank der Ertrag beim Winterweizen im Vergleich zum 6-jährigen Durchschnitt um 1% bzw. zum Vorjahr um 6,6%. Der Roggenertrag von 57,3 dt/ha lag 4,3% bzw. 10,7% darunter und bei der Triticale waren es 2,1% bzw. 7,1% weniger. Die Wintergerste profitierte noch von der Frühjahrsfeuchte und war mit 74 dt/ha zwar 4,7% ertragreicher als im 6-jährigen Mittel, lag dennoch 5,1% unter dem Vorjahresniveau (Tabelle 2, Abbildung A3).

Relative Veränderung der Hektarerträge in Niedersachsen 2023 gegenüber dem 6-jährigen Mittel 2017-2022: Insbesondere das Getreide hat unter zu hohen Niederschlägen gelitten , die Sommerkulturen traf es am härtesten, z. B. mit den Verluste bis zu 25 % beim Hafer. Der Mais und Grünfutter profiierten deutlich vom Regen, beispielsweisebeim Körnermais mit einem Zuwachs von 23,3 % gegenüber dem Mittel der letzten sechs Jahre.
A3 Relative Veränderung der Hektarerträge in Niedersachsen 2023 gegenüber dem 6-jährigen Mittel 2017-2022

Ertrags- und Qualitätsverluste beim Getreide als Folgen des Dauerregens

Bereits im Juli stagnierte die Ernte in Niedersachsen wegen des Dauerregens. Das hatte neben den Ertragseinbußen auch enorme Qualitätsverluste zur Folge. Die „verwässerten“ Getreidekörner zeigten nicht nur im Lager einen deutlichen Auswuchs2Der Auswuchs (Gew. %) ist ein vorzeitig gekeimtes Korn im Bestand. Aufgrund der Keimung wird die Stärke in Zucker umgewandelt, was die Backqualität mindert., sondern auch im stehenden Bestand (Tabelle T3). Die Auswuchsrate lag beispielsweise für Weizen bei durchschnittlich 7,1% und für Roggen bei 4,7%. Im Vorjahr lag sie noch bei 0,0% und im Mittel der letzten sechs überwiegend trockenen Jahre war die Auswuchsrate mit 0,2% bzw. 0,5% sehr gering.

Abnahme der Fallzahlen beim Weizen

Das hatte eine drastische Abnahme der Fallzahlen3Bei der Fallzahl (s) wird die Backfähigkeit des Getreidemehls bestimmt. So gibt die Fallzahl von 220 s die Zeit in Sekunden an, die ein standardisierter Stab benötigt, um durch einen Stärkebrei aus Wasser und dem jeweiligen Getreidemehl durchzufallen (inkl. Anrührzeit). zu Folge – im Schnitt auf bis zu 154 Sekunden beim Weizen und auf bis zu 151 Sekunden beim Roggen. Laut Max-Rubner-Institut erreichten rund 70% aller Weizenproben in Niedersachsen nicht die vom Handel erforderliche Mindestfallzahl von 220 Sekunden – das schlechteste Ergebnis im gesamten Bundesgebiet. Ebenfalls führten unterdurchschnittliche Hektolitergewichte4Das Hektolitergewicht (kg/hL) beschreibt die Schüttdichte bzw. das Korngewicht, das ein bestimmtes Volumen füllt. Es wird von mehreren Umweltfaktoren und von der genetischen Veranlagung bestimmt. von 72,7 kg/hL bei Weizen und 71,2 kg/hL bei Roggen zu Ausbeuteverlusten5Ausbeuteverluste = Ertragsverluste z. B. durch Gewichtreduktion aufgrund negativer (Umwelt)Einflüsse..

Die durchschnittlichen Rohproteingehalte6Der Proteingehalt (% in Trockensubstanz) ist der bestimmende Faktor für die Einteilung der Qualitätsgruppen bei Weizen. Ein höherer Proteingehalt wirkt sich positiv auf das Backverhalten aus. Die Eiweißmenge wird maßgeblich von der Stickstoffdüngung beeinflusst: Zeitpunkt der Ausbringung, Menge und Stickstoffverfügbarkeit. von 11,6% (Weizen) und 9,2% (Roggen) lagen zwar minimal über dem Vorjahresniveau von 11,0% bzw. 9,1%, blieben aber deutlich unter dem Mittel der letzten sechs Jahre von 12,0% bzw. 9,7% (Tabelle T3).

Entwicklung von Anbaufläche und Hektarertrag von Getreide (mit Körnermais) in Niedersachsen 1948 bis 2023: mit 876 900 ha ist das Getreide (inkl. Körnermais/CCM) die flächenintensivste Fruchtart in Niedersachsen. Der Ertrag in 2023 ist zwar etwas niedriger als im Vorjahr, aber knapp 3 % über dem 6-jährigen Mittel.
A4 Entwicklung von Anbaufläche und Hektarertrag von Getreide (mit Körnermais) in Niedersachsen 1948 bis 2023

Folgen der Qualitätsverluste

Die Folgen dieser enormen Qualitätsverluste waren regional sehr unterschiedlich. In den betroffenen Regionen führte es dazu, dass viele Partien vom „Brotweizen“ und „Brotroggen“ durch den vorzeitigen Stärkeabbau im Korn nicht mehr als Brotgetreide deklariert und verkauft werden konnten. Durch den Rückgang der Viehbestände und aufgrund des gesättigten Getreidemarkts war selbst die Vermarktung als Futtergetreide oder zur Energiegewinnung durch Biogasanlagen nur begrenzt möglich.

Gute Nachrichten gab es in Bezug auf den sehr niedrigen Mutterkornbesatz7Als Mutterkorn (Gew. %) wird ein giftiger Getreidepilz bezeichnet, der sich bevorzugt im Roggen ansiedelt. Wegen seiner stark giftigen Alkaloide wurde der gesetzliche Grenzwert für die Verunreinigung auf maximal 0,05 % festgelegt. im Roggen von 0,01%, was deutlich unter dem Grenzwert von 0,05% und unter dem stark erhöhten Vorjahreswert von 0,14% lag. Wachstumshemmend wirkte sich die trockene Witterung allgemein auf Pilzkrankheiten aus, was den Getreidebeständen zugutekam.

Winterraps erneut zufriedenstellend

Mit 35,4 dt/ha war der Ertrag beim Winterraps für das Jahr 2023 verhältnismäßig gut, obwohl er 19,4% unter dem Vorjahresniveau lag. Im Vergleich zum 6-jährigen Mittel brachte der Winterraps immer noch 1,7% mehr auf die Waage (Tabelle T1, T2, Abbildung A5). Außerdem überraschte der Ölgehalt von 45,4% – der höchste unter den Bundesländern und ein neuer Rekord seit Beginn der Qualitätsermittlung. Wahrscheinlich spielt hier unter anderem der fortschreitende Züchtungserfolg eine tragende Rolle.

Die Schwankungen im Ertragsniveau sind stark an die Witterung des jeweiligen Jahres gebunden. Das nasse Jahr 2018 hatte bei allen Kulturen zum deutlichen Einbruch geführt. In 2023 tat nur den Erträgen vom Körnermais gut.
A5 Erträge für ausgewählte Getreidearten und Raps 2010-2023

Schwierige Maisernte

Normalerweise gibt es jedes Jahr mindestens eine Feldfrucht, die vom jeweiligen Wetterverlauf profitiert: Besonders Mais scheint hier im Hinblick auf die erzielten Erträge herauszustechen. Sofern die Maisbestände gut ins Frühjahr gestartet sind, lag der Ertrag mit 104,1 dt/ha beim Körnermais bis zu 23,3% über dem 6-jährigen Durchschnitt und 35,5% über dem Wert des trockenen Vorjahres (Tabelle T1, T2, Abbildung A3, A5). Dieser Umstand trug dazu bei, dass der Ertrag der gesamten Getreideernte inklusive Körnermais und Corn-Cob-Mix (CCM) von 74,1 dt/ha mit einem Plus von 3,1% im Vergleich zum 6-jährigen Durchschnitt abgeschlossen werde konnte. Allerdings verfehlte der Ertrag den Vorjahreswert von 76,0 dt/ha um 2,5% (Tabelle T1, Abbildung A3, A5).

Bei Silomais wurde ein überdurchschnittlicher Ertrag von 484,5 dt/ha festgestellt, der 11,2% über dem Mittel der letzten sechs Jahre und 23,4% über dem Niveau des Jahres 2022 lag (Tabelle T1, T2, Abbildung A3, A6).

Entwicklung der Erträge für Kartoffeln, Zuckerrüben und Silomais in Niedersachsen 2010-2023: Diese Sommerkulturen haben zwar ertragsmäßig von den Niederschlägen profitiert, büßten dafür bei der Qualität ein.
A6 Erträge für Kartoffeln, Zuckerrüben und Silomais in Niedersachsen 2010-2023

Dennoch ließen sich die Maisbestände nicht wie geplant abernten. Fortschreitendes und anhaltendes Regenwetter trübten die optimistischen Ertragsschätzungen in Niedersachsen, sodass – je nach Rahmenbedingungen vor Ort – über eine Umnutzung von Korn zu Silage oder umgekehrt relativ kurzfristig entschieden wurde. Nicht selten wurden die Maisbestände im November und Dezember unvollständig gehäckselt, weil die Ernte teilweise wegen Staunässe auf den Flächen nicht möglich war.

Hackfrüchte: Guter Ertrag bei geringer Qualität

Ebenfalls ambivalent wirkte sich das warme Regenwetter auf den Kartoffelanbau aus. Der gute Ertrag von 458 dt/ha war zwar erfreulich und lag fast 7% über dem sechsjährigen Mittel bzw. 5% höher als im Vorjahr (Tabelle T1, T2, Abbildung A3, A6). Aber auch hier hinterließ der Dauerregen seine Spuren in Form von verfaulten Beständen – nicht nur ober-, sondern auch unterirdisch. Eine ungleichmäßige Verteilung der Knollengrößen und unregelmäßige Sortierung waren eher Regelfall als Ausnahme. Die Schalenfestigkeit wurde zum Erntezeitpunkt oft nicht im nötigen Maß erreicht, wodurch die Lagerfähigkeit stark eingeschränkt war. Je nach Bodenbeschaffenheit, Entwässerungsmöglichkeiten und Produktionsausrichtung (frühe oder späte Sorten) konnten nicht alle Flächen komplett gerodet werden, wodurch die Vertragsvereinbarungen ebenfalls nicht vollumfänglich erfüllt werden konnten.

Rekordverdächtige Erträge bei Zuckerrüben

Rekordverdächtig zeigten sich die durchschnittlichen Erträge mit 868,4 dt/ha bei Zuckerrüben. Das entsprach 100 dt/ha mehr als im 6-jährigen Durchschnitt (+12,9%) bzw. rund 120 dt/ha mehr als im Vorjahr (+16,5%) (Tabelle T1, T2, Abbildung A3, A6). Die feuchte Witterung in der zweiten Hälfte der Vegetationsphase half zwar beim Wachstum, verwässerte aber den anfänglich durchschnittlichen Zuckergehalt der Rüben von 19% auf 16,5%. Nicht selten fiel seitens der Betriebe der Begriff „Wassermelonen“. In Kombination mit den milden Temperaturen, Nässe und der geringeren Sonneneinstrahlung litten die niedersächsischen Rübenbestände zunehmend unter den üblichen Pilzkrankheiten. Die Zuckerrübenkampagne zog sich wegen der extrem eingeschränkten Befahrbarkeit der Flächen sogar bis in den Januar und teils Februar 2024 hinein.

Nur wenige Schnitte auf dem Grünland

Nach dem ersten üppigen Schnitt war das Wachstum des Grünfutters durch die Trockenheit stark eingeschränkt und Folgeschnitte blieben aus. Dies hatte auf den leichten Standorten zur Folge, dass vorhandenes Getreide in der Zwischenzeit als Ganzpflanzsilage zum Futterzweck geerntet wurde. Je nach Standort gab es im September noch gute Erträge. Ab Oktober wurde es für die Ernte auf dem Grünland zunehmend zu nass und es war kaum noch möglich, die letzten Schnitte abzufahren. Die Beweidung musste vorzeitig beendet werden – die Staunässe und die Trittschäden drohten, die Grasnarbe dauerhaft zu beschädigen.

Luftaufnahme einer Wiese, die gerade gemäht wird.
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Ähnlich wie bei den Handelsgewächsen und beim Mais wurden auf dem Grünland überdurchschnittlich hohe Erträge erreicht. Beim Grasanbau lag der Ertrag mit 95 dt/ha bis zu 18,6% höher als im Vorjahr und 17,9% über dem 6-jährigen Mittel (Tabelle T1, T2). Auf den Wiesen wurde ein Ertrag von 86,1 dt/ha ermittelt, was 22,6% über dem Ertrag des Vorjahres bzw. 21,4% über dem 6-jährigen Mittel lag (Abbildung A3).

Gute bis hohe Ernte im Alten Land

Die Ernte des Apfels, der Lieblingsfrucht der Deutschen, fiel 2023 in Niedersachsen eher durchschnittlich aus: Der Ertrag lag mit 338,5 dt/ha auf einem ähnlichen Niveau wie im Durchschnitt der letzten sechs Jahre (339,1 dt/ha) (Abbildung A3). Allerdings wurden sortenspezifische Unterschiede in den Erträgen beobachtet, die vor allem auf Alternanz8Als Alternanz bezeichnet man ein Phänomen bei Obstbäumen, das die Schwankungen im Ertrag beschreibt. Oft wechseln sich dabei stark tragende Jahre mit schwachen Jahren im zweijährigen Rhythmus ab. Auslöser können Witterung aber auch sortenspezifische Veranlagungen sein. zurückzuführen sind.

Apfelbäume mit satten, roten Äpfeln zur Ernte im Alten Land, Niedersachsen.
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Die Birnenernte war dagegen rekordverdächtig. Im Vergleich zum sechsjährigen Mittelwert (207,4 dt/ha) wurden im Jahr 2023 rund 30,8% mehr Birnen geerntet (271,4 dt/ha).

Die Witterung hatte auch beim Baumobst teils negativen Einfluss auf die Qualität der Früchte. Die Schäden durch Frost und Hagel im Frühjahr erhöhten den Anteil der Industrieware und die langanhaltende nasse Phase verschärfte den Schorfbefall bei den Äpfeln – mit negativen Auswirkungen auf Lagerfähigkeit. Dank guten Absatzbedingungen konnten dennoch über 80% der niedersächsischen Äpfel und Birnen als Tafelobst vermarktet werden.

Gemischte Bilanz des Erntejahres 2023

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die üppigen Erträge allein für eine zufriedenstellende Ernte in Niedersachsen 2023 nicht ausreichend waren. In Anbetracht vielfältiger Qualitätsverluste konnte keine der Ackerfrüchte eindeutig überzeugen. Zudem war aufgrund der Nässe die Herbstbestellung der Winterkulturen nicht wie geplant möglich. Auch die Aussichten für das neue Erntejahr sind trüb: Improvisation und Flexibilität sind nun mehr denn je gefragt. Die vielfältigen Vorgaben der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union, die schlechte Saatgutverfügbarkeit der Sommerkulturen sowie instabile marktwirtschaftliche Rahmenbedingungen setzen der Flexibilität jedoch Grenzen.


Weitere Informationen und Daten zu Wachstum und Ernte in Niedersachsen gibt es auf unserer Webseite: statistik.niedersachsen.de.

Fußnoten

  • 1
    Unter Auswinterung werden vielfältige winterbedingte Schäden vor allem am Wintergetreide und auf dem Grünland zusammengefasst, die die Ertragsfähigkeit beeinträchtigen oder zum Totalschaden eines Bestandes führen können. Neben (Boden-)Frost sind Fäulnis, Überflutung, Sauerstoff- und Wassermangel die Hauptursachen für diverse Schadensformen im Bestand. Neben direkten Pflanzenschäden zählen auch massive Pilzerkrankungen und Mangelerscheinungen zu den Folgen.
  • 2
    Der Auswuchs (Gew. %) ist ein vorzeitig gekeimtes Korn im Bestand. Aufgrund der Keimung wird die Stärke in Zucker umgewandelt, was die Backqualität mindert.
  • 3
    Bei der Fallzahl (s) wird die Backfähigkeit des Getreidemehls bestimmt. So gibt die Fallzahl von 220 s die Zeit in Sekunden an, die ein standardisierter Stab benötigt, um durch einen Stärkebrei aus Wasser und dem jeweiligen Getreidemehl durchzufallen (inkl. Anrührzeit).
  • 4
    Das Hektolitergewicht (kg/hL) beschreibt die Schüttdichte bzw. das Korngewicht, das ein bestimmtes Volumen füllt. Es wird von mehreren Umweltfaktoren und von der genetischen Veranlagung bestimmt.
  • 5
    Ausbeuteverluste = Ertragsverluste z. B. durch Gewichtreduktion aufgrund negativer (Umwelt)Einflüsse.
  • 6
    Der Proteingehalt (% in Trockensubstanz) ist der bestimmende Faktor für die Einteilung der Qualitätsgruppen bei Weizen. Ein höherer Proteingehalt wirkt sich positiv auf das Backverhalten aus. Die Eiweißmenge wird maßgeblich von der Stickstoffdüngung beeinflusst: Zeitpunkt der Ausbringung, Menge und Stickstoffverfügbarkeit.
  • 7
    Als Mutterkorn (Gew. %) wird ein giftiger Getreidepilz bezeichnet, der sich bevorzugt im Roggen ansiedelt. Wegen seiner stark giftigen Alkaloide wurde der gesetzliche Grenzwert für die Verunreinigung auf maximal 0,05 % festgelegt.
  • 8
    Als Alternanz bezeichnet man ein Phänomen bei Obstbäumen, das die Schwankungen im Ertrag beschreibt. Oft wechseln sich dabei stark tragende Jahre mit schwachen Jahren im zweijährigen Rhythmus ab. Auslöser können Witterung aber auch sortenspezifische Veranlagungen sein.